Samstag, 11. Dezember 2021

Die Prophezeiungen des Herrn Sattelberger

In einem Interview mit der ZEIT im November 2013 prophezeite Thomas Sattelberger, dass in 30 Jahren Unternehmen demokratischer sein werden. So würden beispielsweise Vorgesetzte durch die Mitarbeiter gewählt.
Mittlerweile sind einige Jahre ins Land gegangen, eine zunehmende Demokratisierung in Unternehmen ist nicht zu erkennen. Man muss kein großer Prophet sein, um vorherzusagen, dass sich daran auch in den nächsten 22 Jahren wenig ändern wird.
Herr Sattelberger ist nun Staatssekretär im Bildungsministerium geworden. Man kann nur wünschen, dass er seinen Mut für kühne Ideen nicht verloren hat.
Seine Chefin hat allerdings gerade in einem Interview klargestellt, dass sie keine zentrale Bildungspoltik will. Ob sich der innovative Herr Sattelberger da wohlfühlt?

Sonntag, 14. November 2021

Wertschätzung für Pflegekräfte

 Sie fängt bei den Arbeitgebern an

Eine Leasingfirma sucht Pflegekräfte. Im Stellenangebot wird daraufhingewiesen, dass Bewerbungsunterlagen nicht zurückgeschickt werden und dass keine Kosten für Vorstellungsgespräche erstattet werden.
Eine Mitarbeiterin eines mobilen Pflegedienstes in unserer Stadt muss bis zu 35 Pflegepersonen am Tag versorgen.
Zwei Schlaglichter auf die Beschäftigungssituation in der Altenpflege. Es reicht nicht, eine bessere Bezahlung für diese Beschäftigten zu fordern. Zu guten Arbeitsbedingungen gehört auch eine wertschätzende Behandlung der Mitarbeiterinnen. Wenn der potenzielle Arbeitgeber noch nicht einmal bereit ist, Vorstellungskosten zu erstatten, wie mögen dann die sonstigen Arbeitsbedingungen aussehen?
Ganz abgesehen davon stellt sich einem die Frage, wie dieses Unternehmen bei der Knappheit an Pflegekräften überhaupt an Bewerberinnen kommt.
Wenn die Vorgabezeiten für die einzelnen Pflegeaktivitäten so eng sind, dass keine Zeit für ein persönliches Wort bleibt, dann drängt sich der Verdacht auf, dass hier der Profit im Vordergrund steht.
Wenn wir alle bereit sein müssen, für diese Tätigkeiten mehr zu bezahlen, dann müssen auch die Arbeitgeber in dieser Branche bereit sein, für einen wertschätzenden Umgang mit ihren Beschäftigten zu sorgen.

Aktuell erschienen


 Geschichten, die keine Geschichte schreiben, aber ohne die es auch keine Geschichte gäbe.
 Geschichten passieren und sorgen dafür, dass Alltag nicht alltäglich bleibt.

 Überall erhältlich, wo es Bücher gibt.

Freitag, 1. Oktober 2021

Big Brother is watching you

Wie Digitalisierung die Führung verändert

Wenn ich heute beim Getränkeheimdienst - so hieß das in der vordigitalen Zeit - online bestelle, bekomme ich eine minutengenaue Mitteilung, wann meine Getränke geliefert werden. Auch der Paketzusteller teilt mir einen Zeitrahmen mit, wann meine Lieferung zugestellt wird.  
Was für mich als Kunde Komfort sein kann, bedeutet allerdings für die ausführenden Fahrer, dass sie von einem System fast minutiös präzise gesteuert werden. Da sie alle ihre Arbeitsgänge über ein mobiles Terminal abwickeln, liefern sie dem System auch gleichzeitig alle Daten darüber, wie sie ihre Arbeit machen. Wann haben sie Kundenkontakt und wie lange brauchen sie von A nach B? Auch Speditionen arbeiten mit Systemen, die es den Disponenten ermöglichen, die Fahrzeuge auslastungsoptimert zu steuern. Dabei erfahren sie auch nebenbei, wie die Fahrer ihre Strecken bewältigen.

Sonntag, 19. September 2021

Führungsproblem Impfen

Über die Schwierigkeiten "der Politik" zu führen

Eine interessante Fallstudie zu der Frage Wie soll, kann, muss Politik führen? liefert aktuell die Diskussion - oder besser Nicht-Diskussion - um die Impfpflicht. Die Politiker haben sich quer duch alle Parteien sehr früh - zu früh - darauf festegelegt, dass es keine Impfpflicht geben wird. Jetzt, noch dazu im Wahlkampf, kommen sie davon nicht mehr weg. Gerade jetzt zeigt sich aber, dass wir auf einen harten Kern von Menschen stoßen, die sich, auch welchen Gründen auch immer, einer Impfung verweigern und uns damit auch wieder zunehmende Neuinfektionen bescheren.

Mittwoch, 8. September 2021

Was ist aus New Work geworden?

Zum Tod von Frithjof Bergmann

Ich will dem Haufe Verlag keinen Hang zum Zynismus unterstellen. Am 3.9. veröffentlichte er in seinem Personal-Newsletter einen Nachruf auf den New Work Vordenker Bergmann. Einen Tag zuvor erschien an selber Stelle das New Work Barometer 2021. Ein - wenn auch sicher zufälliges - aber dennoch bemwerkenswertes Zusammentreffen.
Wenn Herr Bergmann dieses Barometer noch zur Kenntnis bekommen hätte, müsste er gramerfüllt verstorben sein. Wurden den Befragten im Rahmen dieser Untersuchung doch vier verschiedene Definitionen von New Work vorgelegt, unter anderem auch das "ursprüngliche New-Work-Verständnis" von Bergmann. Dieses landete allerdings auf dem letzten Platz. Auf den ersten Platz kam ein Verständnis, "dass es sich um Massnahmen handelt, die auf das psychologische Empowerment der Mitarbeitenden abzielen; also dem Erleben von Selbstbestimmung, Einfluss, Bedeutsamkeit und Kompetenz".

Sonntag, 22. August 2021

Wie vermeide ich Verantwortung?

Die Politik liefert ein neues Stichwort für das Management-Lexikon: Fehleinschätzung

Die Technik ist nicht neu, aber das war noch nie ein Kriterium, um als Management-Mode geeignet zu sein. Die Politik, kann uns mit der Fallstudie "Afghanistan" ein Beispiel liefern, das sich gut für Management-Lehrbücher eignen könnte: Stichwort "Fehleinschätzung" - Wie nicht-erklärt man ein Desaster.

Freitag, 13. August 2021

Was Digitalisierung mit Sicherheit nicht bringt

Ist von den Segnungen der Digitalisierung die Rede, darf ein Narrativ nicht fehlen. So ist beispielsweise in einem Beitrag (www.humanresourcesmanager.de, 5.8.) über eine Prozessautomatisierungssoftware zu lesen, dass diese Software die Beschäftigten von "repetitiven und damit auch stupiden Aufgaben befreit" und sie "die dadurch gewonnene Zeit....dafür nutzen können, sich auf ihre Kernkompetenz zu konzentrieren und dabei Aufgaben zu erledigen, die ihnen Spaß machen und sie damit zufriedener machen."

Solche oder ähnliche Sätze kann man im Zusammenhang mit Digitalisierung immer wieder lesen. Die Technik befreit uns von Routinetätigkeiten und wir können dann endlich kreativ werden. Gleichzeitig aber ist zu hören und zu lesen, dass durch die Digitalisierung wahrscheinlich - genau kann man das eh noch nicht sagen - viele oder sogar dramatisch viele Arbeitspläze verloren gingen. Schon bei flüchtigem Nachdenken müsste man eigentlich merken, dass diese beiden Prognosen nicht so recht zusammenpassen. Tatsächlich hat technischer Fortschritt noch nie dazu geführt, dass die dadurch gewonnene Produktivitätssteigerung den Beschäftigten "geschenkt" wurde, damit die mehr Zeit für das haben, was ihnen Spaß macht.

Die Erhöhung des Spaßfaktors bei den Arbeitnehmer*innen war noch nie Ziel von Rationalisierung. Dabei geht es nur um Kostensenkung und Ergebnisverbesserung. Die Produktivitätssteigerung wird sofort abgeschöpft und das Outputziel erhöht. Woher sollen denn sonst die Arbeitsplatzverluste kommen?

Das spricht natürlich nicht gegen technischen Fortschritt. Nur sollte man dessen Konsequenzen realistisch einschätzen. Das gilt besonders für die Digitalsierung.

Samstag, 31. Juli 2021

Steht der Mensch im Mittelpunkt?

 "Je größer der Erfolg, desto größer die Freiheitsgrade für die Belegschaft"

Dieses Zitat des Unternehmers Reinhold Würth ist einer PR-Veröffentlichung des gleichnamigen Unternehmens entnommen. Darin wird die Attraktivität von Würth als Arbeitgeber gepriesen. Schlagworte wie 'New Work' und 'Agiles Arbeiten' dürfen selbstredend nicht fehlen. Ebenso wenig überrraschend ist, dass man sich auch mit 7.900 Beschäftigten noch zuschreibt, "im Herzen ein Familienunternehmen" geblieben zu sein. Von daher liegt dann auch der in solchen Darstellungen schon nicht mehr originelle Satz nahe "Im Mittelpunkt steht der Mensch".

Verblüffend in dieser Personalmarketing-Biederkeit ist in der Tat die Ehrlichkeit des obigen Zitats. Bedeutet es doch im Umkehrschluß, dass die Freiheitsgrade in dem Maße wieder abnehmen, wie der Erfolg sinkt. Damit sind wir beim Kernsatz betriebswirtschaftlichen, unternehmerischen Handelns. Wenn "am Ende des Tages" das Ergebnis nicht stimmt, ist nicht nur Schluß mit den Freiheitsgraden, sondern auch mit einigem Anderen. Wobei "Ergebnis nicht stimmt" auch mal heißen kann, dass statt 10 nur 5 % Rendite erwirtschaftet wurden. Dann steht der Mensch nicht mehr im Mittelpunkt, sondern wie es in dem alten Kalauer heißt, jedem im Wege und wird wegrationalisiert. 

Es ist notwendig, dass ein Unternehmen ein positives Ergebnis erwirtschaftet. Das ist das Ziel, das im Mittelpunkt unternehmerischen Handelns steht. Vielen Unternehmen kommt es darauf an, dieses Ergebnis kontinuierlich zu verbessern. Auch das bringt das Zitat von Herrn Würth zum Ausdruck. Wenn die Beschäftigten an dieser Entwicklung fair beteiligt werden, ist auch dagegen wenig einzuwenden.

Aber warum tun sich Unternehmen so schwer, diesen Mechanismus ehrlich zu kommunizieren? Das Ergebnis steht im Mittelpunkt und leider nicht der Mensch. Warum stilisiert sich ein Unternehmen mit fast 8.000 Mitarbeitern zur Familie? Die Arbeitsbedingungen werden nicht schon dadurch besser, dass dass es sich um ein Familienunternehmen handelt. Eine solche Großorganisation weist keinerlei Ähnlichkeit mit einer Familie mehr auf. 

Vielleicht sollten die Personalmarketingleute von Würth das Zitat ihres Chefs in den Mittelpunkt ihrer Kommunikation stellen und aufzeigen, wie Unternehmenserfolg und Arbeitsbedingungen bei Würth zusammenhängen. Auch Ehrlichkeit kommt bei Bewerber*innen gut an.

Sonntag, 18. Juli 2021

Beurteilungssysteme abschaffen!

Feedback ist eine Führungsaufgabe

Zwei Forderungen, die scheinbar widersprüchlich klingen, aber für ein zentrales Dilemma im Führungsalltag von Organisationen jeglicher Art stehen. Feedback - positiv wie kritisch - ist notwendig, aber es zu praktizieren ist auch schwer. Darum wurde es in vielerlei Prozeduren und Formalismen gekleidet, um seine Umsetzung sicherzustellen und die Leistungserstellung zu fördern.
Nach vielen Jahren Praxis und allerlei möglichen und unmöglichen Versuchen die Systeme und Verfahren zu reformieren und zu "verbessern", muss man sagen, die Zielsetzung wurde nie erreicht.

Die Führungskrücke Beurteilungssystem ist gescheitert

Aber anstatt sie ins Museum für gescheiterte Managementlehren zu stellen, wird sie zum Performance-Management aufgemotzt und weiter mit Überzeugung angepriesen. Leider tun auch die HR-KollegInnen alles dafür, dass das so bleibt. Warum ist das so? Weil viele Führungskräfte sich schwer damit tun, ihren MitarbeiterInnen ihre Leistung zu spiegeln. Sie nutzen stöhnend die Führungskrücke Beurteilungssystem und fühlen sich dadurch von der lästigen Feedback-Pflicht entlastet. Die Erfüllung der formalen Prozedur wird wichtiger als das Feedback selbst. Vollends zum Scheitern gebracht hat die Beurteilungssysteme die Verknüpfung mit Geld, mit sogenannten Leistungszulagen. Leider ist die in zahlreichen Tarifverträgen verankert. Damit wird der Trend hin zur positiven Beurteilung zementiert. Kein Vorgesetzter will seiner Mitarbeiterin Geld wegnehmen.

Nehmt den "Führungs-Kräften" die Krücken weg und zwingt sie zum Führen

Feedback ist eine elementare Führungsaufgabe. Eine Führungskraft muss dazu in der Lage sein. Wer das ohne Krücke nicht schafft, sollte eigentlich die Führungsaufgabe abgeben. 
HR sollte seine Aufgabe darin sehen, die Führungskräfte zu begleiten, zu unterstützen, zu trainieren und vor allem, schon bei der Auswahl kompromisslos darauf zu achten, dass nur Personen in Führungspositionen kommen, die dazu auch geeignet sind.
Leider legen viele PersonalerInnen ihren Ehrgeiz in die Einrichtung und den Betrieb von wuchtigen Instrumenten und merken nicht, dass sie damit zum Verkümmern der Führungsfähigkeit ihrer Manager beitragen. 
Darum: Fahrt das Performance Management zurück und ertüchtigt parallel die Führungskräfte. Das wäre ein Schritt hin zu wirklicher Agilität.

 
 
 
 
 


Montag, 28. Juni 2021

Naht das Ende der Beurteilung?

Warum ist es so schwer ein Führungsinstrument zu reformieren?

In einem Beitrag des Newsletters efarbeitsrecht.net geht es um "neue Feedback-Formate". Das klassische Mitarbeitergespräch befinde sich in immer mehr Unternehmen "auf dem Prüfstand". "Man geht zunehmend davon aus, dass dieser Klassiker zu statisch, zu individuell und zu wenig eigenverantwortich gestaltet ist". Es ist allerhöchste Zeit, dass herkömmliche Beurteilungssysteme hinterfragt werden. Man kann vielerlei gegen sie einwenden (was ich an dieser Stelle auch schon mehrfach getan habe), dass man ihnen aber vorwirft sie seien zu individuell dürfte einigermaßen originell sein. Trotz aller Erweiterungsversuche, wie 360 Grad Feedback, muss Beurteilung immer auch individuell sein.
Die Autoren des Beitrags fordern stattdessen - wenig überraschend - dazu auf, mit agileren Methoden zu arbeiten und führen die Unterscheidung zwischen statisch und agil geführten Unternehmen ein. Da es aktuell noch jede Menge erfolgreiche Unternehmen gibt, die "statisch" geführt werden, dürfte es etwas schwierig sein, die mitschwingende Botschaft statisch = rückständig und agil=fortschrittlich überzeugend durchzuhalten.
Wie kann es besser werden? Die Autoren gehen dazu von einer durchaus guten Idee aus, die sie aber durch die krampfhafte Konstruktion eines kuriosen Führungsverständnisses wieder zunichte machen.

Trennung von formalen Urteilen und Feedback

Formale Beurteilungen sind die herkömmlichen Beurteilungssysteme, bei denen auf irgendeine Art "Noten" - in welcher Form auch immer - vergeben und Mitarbeiter in "Leistungsstufen" eingeordnet werden. Formale Beurteilungen sind für die Autoren aber auch "die Nominierung in Förderprogramme" oder aber Beförderungen.
Sie schlagen nun die Trennung von beidenVerfahren vor, was im Sinne eines analytischen Vorgehens durchaus ein richtiger Schritt sein kann. Die Konsequenzen, die sie daraus ziehen, muten allerdings seltsam an.
Beurteilung ist für sie eine Aktion, die von der Führungskraft durchgeführt wird. Feedback dagegen "gehört dem Feedbacknehmer". Das Einholen des Feedbacks liegt in der Verantwortung des Feedbacknehmers. "In einer agilen Welt agieren Führungskräfte aber mehr als Coach oder führen partnerschaftlich. Und hier gilt die Regel, dass diese Führungsrollen ein formales Urteilen nicht zulassen - Coaches don't judge!.....Eine Führungskraft kann nicht Feedback geben und urteilen zugleich."
Erstaunt reibt man sich die Augen und fragt: Was macht dann die Führungskraft? Wann und wie führt sie und wann fungiert sie als Coach? Und wenn sie die Coach-Rolle spielt, fällt dann die klassische Führungsrolle von ihr ab?
Es ist eines der Probleme der sogenannten agilen Organisation (und damit auch einer der Gründe, warum sie nie richtig Tritt fassen wird), dass sie sich nicht mit der Rolle der Führungskraft auseinandersetzt. Sie möchte ohne Hierarchie auskommen, spürt aber, dass es irgendetwas geben muss, was die Leistungserstellung sicher stellt. So wird ein reichhaltiges Sortiment von Prozeduren und Formalismen eingeführt, die nichts anders sind als Instrumente entpersonalisierter Führung.
Feedback gehört zwingend zur Führungsaufgabe, was ja nicht ausschließt, dass es auch von den Beschäftigten eingefordert werden kann und auch soll. Was nicht zwingend dazugehört sind formaliserte Beurteilungsverfahren. Das sind Führungskrücken.
Und: ganz wichtig: In jeder Organisation, wie flach und hierarchiereduziert sie auch daherkommen mag, muss geführt werden, müssen Entscheidungen getroffen werden, für die jemand Verantwortung übernimmt.

Samstag, 12. Juni 2021

Was hat die globale Mindeststeuer mit "Purpose" zu tun ?

Sie macht den Unsinn der Sinndiskussion deutlich 

Was auch am Ende dabei herauskommen mag, der Beschluss der G 7 Finanzminister, eine globale Mindeststeuer einzuführen, ist ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung.
Er macht aber gleichzeitig auch die Überflüssigkeit der aktuellen Purpose-Diskussion deutlich. Meist beschränken sich die Beiträge dazu auf wohlklingende Absichtserklärungen. Insbesondere der Punkt ordentliches Abführen der Unternehmensteuern kommt dort nicht vor. Wenn ein Unternehmen ordnungsgemäß seine Steuern abführt, seine Beschäftigten ordentlich behandelt und fair bezahlt und ebenso mit den Kunden umgeht, braucht es sich eigentlich um seinen Purpose keine Gedanken mehr zu machen. Nicht zu vergessen ist auch der schonende Umgang mit der Umwelt.
Der Beschluss zeigt aber auch, dass es ohne regulierende Eingriffe in das wirtschaftliche Handeln nicht geht. Die unsichtbare Hand des Marktes sorgt sich keineswegs um das Wohlergehen der menschlichen Gemeinschaft und ihrer Umwelt. Das wiederum liegt daran, dass unternehmerische Aktivitäten im kaptitalistischen System untrennbar auf  das Erzielen von Gewinn ausgerichtet sind und die Akteure eher bestrebt sind, diesen Gewinn zu optimieren (vorsichtig ausgedrückt), als sich nach dem Gemeinwohl zu richten. Sobald am Ende des Tages das Ergebnis nicht stimmt, erstirbt jegliche Purpose-Diskussion.
Die weitsichtigen Unternehmer, die ihre Geschäfte ordentlich und redlich führen und auch die Interessen ihrer Beschäftigten und ihrer Umwelt berücksichtigen - und die es natürlich auch gibt - sind auch hier eher die Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
Insofern brauchen wir keine Purpose-Diskussion, aber (leider) immer wieder regulierende Eingriffe in wirtschaftliche Aktivität.

Montag, 24. Mai 2021

Was fehlt bei den meisten Strategieentwicklungsprozessen?

Der unvoreingenommene Blick zurück

Was fördert die Entwicklung von Strategien und ist gleichzeitig der Grund für ihr Scheitern? 
Es wird fast nie danach gefragt, was aus der letzten Strategie geworden ist. Im besten Fall wird die aktuelle Version nochmal aus der Schublade geholt, der Staub weggeblasen und mit Kopfschütteln festgestellt, dass das alles ja längst überholt ist. Und flugs wird wieder nach vorne geblickt, eine kühne Vision nebst zugehöriger Mission formuliert um daraus in einigen mühevollen Workshopstunden eine wohlklingende Strategie abzuleiten.
Was aber nicht gemacht wird: es wird nicht vorbehaltlos gefragt, warum was von der letzten Strategieversion nicht eingetreten ist. Es wäre eine sehr heilsame Übung diese einmal Punkt für Punkt durchzugehen und sich die Gründe anzusehen, warum die Ziele erreicht, oder auch nicht erreicht wurden. In den meisten Fällen dürften die vor fünf Jahren formulierten strategischen Aussagen von aktuellen Entwicklungen überholt worden sein. 
Aber Rückschau ist verpönt, wird mit rückwärtsgewandt gleichgesetzt. Außerdem würde eine derartige Strategiebilanz bedeuten, Irrtümer einzugstehen. Und das ist eine Fähigkeit, die in Unternehmen nicht gerade gefördert wird. 
Es könnte aber auch Resignation eintreten, gepaart mit dem Zweifel, ob eine Strategie überhaupt sinnvoll sei. So weit sollte es allerdings auch nicht kommen. Der Blick in die Zukunft ist für Organisationen absolut notwendig. Nur sollte der immer das Lernen aus den Erfahrungen der Vergangenheit einbeziehen. Eine Strategie um ihrer selbst willen zu formulieren, nur um ein wohlklingendes Papier vorzeigen zu können, bringt nichts. Und wenn die Lage aktuell unübersichtlich sein mag, wie in der momentanen Corona-Situation, dann kann es sinnvoll sein auch einmal keine Ziele oder nur sehr kurzfristige abzuleiten. Auch auf Sicht fahren kann und sollte in längerfrstige Vorstellungen eingebettet sein. 
Der Strategieentwicklungsprozess darf nicht zu einem zwanghaften Ritual verkommen. Auch hier kommt es auf den Inhalt an, nicht auf den Formalismus. Und vor allem, die Ziele sollten nicht mit monetären Anreizen verknüpft sein. Dann obsiegt regelmäßig die Zielerreichungstaktik über die inhaltliche Konsequenz und Präzision.

Donnerstag, 13. Mai 2021

Culture Hacks

Wie aus einer klassischen Führungsaufgabe modischer Firlefanz wird 

Es ist immer wieder erstaunlich mit welcher Nonchalance traditionelle Führungsmethoden mit einer chick klingenden anglizistischen Begrifflichkeit aufgehübscht und dann als neu verkauft werden. So bringt Herr Prof. Herget aus Wien Culture Hacks im springerprofessional Newsletter Interview als neue Methode mit "gewaltigem...Potenzial" an Frau und Mann - oder sollte man besser sagen an den Markt.
Was ist damit gemeint? "Bei Culture Hacks handelt es sich um bewusste Interventionen, die in Unternehmen mit dem Ziel gesetzt werden, die aktuell gelebte Unternehmenskultur in eine gewünschte Richtung zu entwickeln......Sie sind bewusste Irritationen, die Musterbrüche des gewohnten, aber nicht kulturkonformen Verhaltens hervorrufen."
Man muss sich den letzten Satz einmal auf der Zunge zergehen lassen. Was ist das anderes als klassische Führungsarbeit? Wenn das Verhalten von Beschäftigten nicht "kulturkonform" ist, müssen Führungskräfte das korrigieren. Und wenn die Unternehmenskultur nicht mehr der Erreichung der Unternehmensziele dient, müssen die Führungskräfte mit gutem Beispiel eine Veränderung bewirken. Ob Letzteres mit ein paar "Kniffen, die schnell ein erwünschtes Mindset oder Verhalten in den Fokus der Reflexion setzen" gelingt, ist allerdings fraglich.
Leider wird Herr Prof. Herget nicht konkreter, was genau sich denn hinter einem Culture Hack verbirgt. Er spricht nur von einem "Repertoire an geeigneten Maßnahmen, Methoden oder Formaten". Er schildert ein Beispiel, in dem eine Führungskraft in einer Besprechung, in der über unmögliche Kundenforderungen geschimpft wird, ausgeprägtere Kundenorientierung anmahnt. Das ist ganz normales Fürhungsverhalten.
Auch wenn ein solches Newsletterinterview notwendigerweise nicht allzu tief in eine Materie eindringen kann, beschleicht einen doch der Verdacht, dass auch Culture Hacks nichts weiter sind, wie alter Wein in neuen Schläuchen - wie so oft bei "neuen" Management.Instrumenten.


Donnerstag, 6. Mai 2021

New Work im Reality Check

Freiheit funktioniert nur in Maßen

Mit diesen Headlines betitelt der humanresourcesmanager - Newsletter die Erfahrung, die Herr Behn, seines Zeichens CEO der Celebrate Company, mit dem gemacht hat, "was man unter New Work versteht".
Das erste Drittel des Artikels beinhaltet die Erfahrungen mit der Abschaffung hierarchischer Strukturen und Prozesse, in den zwei anderen Dritteln geht es um das Verhältnis von Home Office - und Office - Arbeit, also dem, was man heute hybrides Arbeiten nennt.
F. Bergmann, dem geistigen Vater des New Work Geblubbere, dürfte diese Verkürzung seiner Idee nicht ganz recht sein, ginge es ihm doch um nichts Geringeres als den Weg dafür zu bereiten, dass die Beschäftigten, das machen können "was sie wirklich, wirklich wollen" - was immer das dann sei.
Gehen wir also davon aus, dass die Celebrate Leute sich intensiver damit auseinandergesetzt haben, wie der Artikel es hergibt und konzentrieren wir uns auf die Erfahrungen mit dem Abbau der Hierarchie.
"Wir haben die Abteilungsstruktur aufgelöst, cross-funktionale Squads und fachliche Chapters geschaffen. Gleichzeitig haben wir sehr konsequent hierarchische Strukturen und Freigabeprozesse abgeschafft."
Und was war die Erfahrung? "....(es) hat sich schnell gezeigt, dass viele nicht mir der neugewonnenen Freiheit umgehen konnten. Manche wollten plötzlich gar keine Entscheidungen treffen, anderen fehlte schlichtweg der Mut. Wieder andere trafen übereilte Entscheidungen und nur wenige konnten mit der Verantwortung umgehen, die sie ganz automatisch mit der Freiheit mitbekommen hatten."
Was war die Konsequenz? "Heute haben wir eine sehr freiheitliche Kultur, in der wir laterale Führungsrollen implementiert haben. Führung ist verteilt und wird situativ gelebt. Jeder im Team kann Führung übernehmen und zwar durch Überzeugungskraft und nicht durch Anweisung."
Leider sagt Herr Behn nichts dazu, wie das in der Praxis aussieht. Was ist eine "laterale Führungsrolle"? Was passiert mit denen, die vorher nicht den Mut hatten, Entscheidungen zu treffen, wenn das andere "durch Überzeugungskraft" übernehmen? Was ist, wenn die Überzeugungskraft nicht mit genügend Kompetenz unterfüttert ist?
Wie in vielen Berichten über derartige organisatorischen Experimente findet man leider zu diesen Alltagsfragen keine genaueren Angaben. Auf der Homepage des Unternehmen gibt es auch keine Information zu der Zahl der Mitarbeitenden. Mutmaßlich liegt die aber deutlich unter der Tausendergrenze. Von daher ist es schon verwunderlich, dass man bei einer solchen Größenordnung überhaupt Hierarchie reduzieren muss. 
Die Abkehr von traditionellen Formen der Zusammenarbeit wird natürlich auf der Homepage vollmundig angepriesen, andererseits liest man, dass es Coaches, Chapter Leads und auch ein Development Team gibt. So ganz ohne Strukturen scheint es doch nicht zu gehen. Angesichts fehlender Detailinformation kann man auch hier einen ähnlichen Effekt vermuten, wie bei dem Instrumentarium, das im Rahmen der sogenannten agilen Organisation zur Anwendung kommt. Zwar werden traditionelle Hierarchien reduziert, doch in der Verkleidung einer schicken Begrifflichkeit werden neue aufgebaut, die nicht weniger wirkungsvoll sind. Auch vorgebliche Selbstbestimmung befreit nicht von Leistungsdruck.

Freitag, 23. April 2021

Die CDU Kandidatenkür als Lehrbeispiel

Was die Apostel der Unternehmensdemokratisierung daraus lernen sollten

Es gibt ja ernstzunehmende Vorschläge und auch Aktivitäten, Führungskräfte von den Mitarbeitern wählen zu lassen. Warum das nicht immer eine gute Idee ist, hat uns das Spektakel um den Kanzlerkandidaten der CDU gezeigt. 
Da haben wir einen Bewerber gesehen, der als Argument für sich ausschließlich die hohe Zustimmung in den Umfragewerten ins Feld führt. Die hat er sich mit dem ausgeprägten Talent erworben, schon sehr früh zu erkennen, wo der Wind her weht und das sehr schnell mit markigen Worten und breiter medialer Präsenz zu verbreiten. Das gelingt ihm offensichtlich so überzeugend, dass seine Anhänger die Schwenks seiner Positionen und Meinungen nicht mehr wahrnehmen. 
Irgendwelche Andeutungen von programmatischen Äußerungen waren noch nicht einmal zu erahnen. Es ging ausschließlich um persönliche Machtziele.
Folgerichtig verkündete auch der andere Kandidat am Tag nach seiner erfolgreichen Durchsetzung, jetzt gehe es daran Konzepte zu entwicklen.
Übertragen wir das auf eine Unternehmensorganisation. Genauso wie auf der politischen Bühne muss man auch hier davon ausgehen, dass populistisch begabte Alphatiere die Wähler*innen eher mit markigen Sprüchen als mit fundierten Argumenten beeinflussen. Allein durch ein demokratisches Verfahren ist also noch keine höhere Qualität der Bewerberauswahl gewährleistet. Ein Kollektiv aus Beschäftigten ist in seiner Mehrheitsentscheidung keineswegs treffsicherer als ein profesionelles Recruitingteam. Die Beschäftigten haben zwar das Gefühl, an einer Entscheidung beteiligt gewesen zu sein, aber ob das schon ihre Situation verbessert, ist damit noch nicht gesagt.
Die Anfälligkeit für populistische Einflüsse ist nur ein Argument - und wahrscheinlich noch nicht einmal das gravierendste - was gegen Demokratisierung in Unternehmen spricht. Genauso wie allein die Wahl von Führungskräften durch die Beschäftigten nur einen Aspekt von Demokratisierung ausmacht.
Die Führung eines Unternehmens und demzufolge auch die Führung in einem Unternehmen folgen ganz anderen Legitimationsprinzipien als die Lenkung eines staatlichen Gemeinwesens. Für uns als Bürger gibt es zum demokratischen Rechtsstaat keine Alternative. Unternehmerische Organisationen funktionieren dagegen auch ohne demokratische Prinzipien ganz gut und werden von den Beschäftigten auch so akzeptiert. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie in die Regelwerke eines demokratischen Staates eingebunden sind, der beispielsweise die Organisation von Gewerkschaften sicher stellt.
Demokratie in Unternehmen zu hinterfragen bedeutet also keinesfalls sie grundsätzlich in Frage zu stellen. Es legt aber die Frage nahe, welchen Mehrwert sie für die Beschäftigten und auch für den Erfolg des Unternehmens bringt.

Samstag, 17. April 2021

Lasst die Grundschulen in Ruhe

Nun soll schon in der Grundschule Unternehmertum gefördert werden

Wenn man sich mit Personalthemen lange genug beschäftigt, landet man irgendwann auch in der Grundschule. Früher oder später mündet die Beschäftigung mit Defiziten von Beschäftigten in Forderungen an die Grundschule. Das fängt an mit unzureichenden Kenntnissen von Fremdsprachen und geht weiter mit der lautstarken Klage über zu wenig mathematisch-naturwissenschaftliche Bildung und dem vermeintlich daraus resultierenden Mangel an derartig interessierten Nachwuchskräften. Diese Skills sollen frühestmöglichst - am besten schon in der Kita - gefördert werden. Nun soll noch das Unternehmertum hinzukommen. So will es zumindest ein Herr Schwiezer in einem Interview im Mannheim Morgen (14.4.).
Auch wenn eine derartige Forderung in der aktuellen Situation bei GrundschullehrerInnen einen lauten Aufschrei provozieren wird, ist es natürlich legitim sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Die Pandemie wird hoffentlich irgendwann überwunden sein. Doch abgesehen davon wiederhole ich meine Forderung: Lasst die Grundschulen in Ruhe!
Die Grundschulen sollen die Basics vermitteln, Lesen, Schreiben, Rechnen. Darauf wird es auch im digitalen Zeitalter entscheidend ankommen. Hinter der Beherrschung dieser drei Fertigkeiten steckt ja viel mehr als nur das Umgehen mit Zahlen und Buchstaben. Es geht auch darum den Intellekt zu trainieren. Und das tut auch der Förderung des Unternehmertums gut. Diese drei Fächer lassen sich gut durch andere ergänzen, die Kreativität fördern wie Zeichnen und Musik.
Mit mehr sollten die Grundschulen nicht überfrachtet werden. Diese Basics sollten dafür um so intensiver vermittelt werden. Die LehrerkollegInnen in den weiterführenden Schulen werden als erste dankbar sein, wenn sie es mit gut ausgebildeteten jungen Leuten mit dem entsprechenden Potenzial zu tun haben.

 

Sonntag, 28. März 2021

Könnten Manager etwas von Frau Merkel lernen?

 Ja, aber sie werden es nicht tun.

Frau Merkel hat ein neues Kapitel für die Endlos-Enzyklopädie zur Führungslehre geschrieben. Wer sich allerdings die Mühe macht, in den Jahrzehnte alten, bereits erschienen, Folianten zu blättern wird auch dieses Kapitel bereits mehrfach vorfinden. Es handelt von Entscheidung, von Verantwortung und von Führung schlechthin.

Die Bundeskanzlerin hat mit breiter öffentlicher Wirkung die Verantwortung für einen Fehler übernommen und dafür um Verzeihung gebeten. Das verdient in jeder Hinsicht Respekt und könnte auch für Manager ein gutes Vorbild sein. Dass es in dieser Hinsicht jedoch keinerlei Wirkung zeigen wird, kann man schon an der Reaktion der beteiligten MinisterpräsidentInnen sehen. Die waren zwar auch an dieser Entscheidung beteiligt, doch entschuldigt hat sich bisher keine(r). Der eine zollt zwar der Kanzlerin auch Respekt, aber sein eigenes Mitversagen gesteht er nicht ein. Die andere kartet sogar noch nach und stellt dar, sie hätte sich von der Idee Merkels spät in der Nacht überrumpelt gefühlt. Möglicherweise kann man der gewieften Taktikerin Merkel duchaus Kalkül bei der Art und Weise der Präsentation ihrer Idee unterstellen, aber die KollegInnen aus den Länder saßen mit am virtuellen Tisch und hätten ihren Mund aufmachen können. Auch sie sind allesamt Profis und können kaum so ermattet gewesen sein, dass sie nicht auf die Risiken dieser Entscheidung hätten hinweisen können. Also müssten sie jetzt auch zusammen mit der Kanzlerin dafür einstehen. Es ist allerdings wesentlich bequemer dem Anderen vollmundig Respekt zu zollen, als selbst Verantwortung zu übernehmen. Diese Respektsbekundung kaschiert nur die Erleichterung darüber, dass eine Andere die Rolle des Sündenbocks übernommen hat. Insofern Business als usual - das Kapitel für die Führungsenzyklopädie können wir uns sparen.

Aber auch zu Merkels medial äußerst wirksamer Entschuldigung muss man mindestens eine Anmerkung machen. Der verkorkste Beschluß um die Osterruhe war nur ein vergleichsweise kleiner Fehler im gesamten Corona-Krisenanagement, der außerdem noch keinen Schaden angerichtet hat. Für das defizitäre Impfmanagement hat sich bisher noch niemand entschuldigt. Aber - siehe oben - das überrascht uns eigentlich nicht.

Freitag, 19. März 2021

Das Paradox der Führung

"Der beste Führer ist der, dessen Existenz gar nicht bemerkt wird....Wenn die Arbeit des besten Führers getan ist, sagen die Leute: Das haben wir selbst getan."

Ab und zu stößt man noch auf dieses schöne Zitat, das Laotse zugeschrieben wird. Es verwundert allerdings nicht, wenn es im Gegensatz zu sonstigen Managementsprüchen wenig Beachtung findet und wenn, dann höchstens mit einem gelangweilten Lächeln quittiert wird.

In der Tat, was soll das für ein Führer sein, dessen Existenz nicht bemerkt wird? In einer Zeit, in der nichts wichtiger zu sein scheint, als bemerkt zu werden, als im Vordergrund zu stehen, gerade für einen sogenannten 'Führer'. Wird nicht vom Chef erwartet, dass er die Richtung vorgibt, dass er 'vorangeht', dass er Orientierung gibt? Wird der Chef nicht wahrgenommen, heißt es, er duckt sich weg, er ist zu wenig präsent.

Bedeutet Führung nicht, Einfluß nehmen, andere zu etwas zu bewegen, Ihnen zu sagen, was zu tun ist? Spätestens hier würde Laotse milde lächelnd seine Hand erheben. Er würde uns vielleicht auf den zweiten Teil des Zitats hinweisen, in dem von der Arbeit des Führers die Rede ist. Der Führer muss also durchaus etwas tun, er kann sich nicht wegducken. Aber was?

Das hat Reinhard K. Sprenger gut auf den Punkt gebracht:

"Die Leitlinie für richtiges Führen ist einfach: Finde die Richtigen, vertrau ihnen, fordere sie heraus, rede oft mit ihnen, bezahle sie fair und mach dann das Wichtigste von allem: Geh aus dem Weg. Denn die einizge legitime Form von Mitarbeiterführung ist die Selbstführung."

Natürlich weiß Herr Sprenger, dass das alles nicht 'einfach' ist. Sonst würde er mit seinen Aktivitäten nicht gutes Geld verdienen können. Führen ist harte Arbeit. Diese Arbeit ist auch bei Meister Laotse die Voraussetzung dafür, dass die Leute nachher das Gefühl haben, sie hätten es selbst getan. Es geht hier nicht um Laissez-faire. Die Punkte, die Sprenger aufführt, fassen das zusammen, was üblicherweise mit 'Rahmenbedingungen schaffen' umschrieben wird. Neuerdings kommt auch wieder der Begriff des Empowerment in Mode. Die Mitarbeitenden in den Stand zu versetzen, dass sie ihre Arbeit eigenverantwortlich und richtig ausführen können. Dazu werden Führungskräfte gebraucht - im wahrsten Sinne des Wortes: Menschen, die die Kraft haben zu führen, die persönlich und mit ihrer Persönlichkeit für ihre Leute da sind.

Damit wird auch aller Management-Romantik eine Absage erteilt, die von Arbeit ohne Hierarchie und Führung träumt. Auch Laotse geht davon aus, dass es einen Führer gibt. Wenn die Beschäftigten das Gefühl haben, es selbst gemacht zu haben, heißt das nicht, dass sie es alleine gemacht haben. Wenn die Menschen Probleme mit oder bei ihrer Arbeit haben, dann liegt das weniger daran, dass sie in einer Organisation oder Hierarchie arbeiten, sondern daran, wie sie diese, vermittelt durch ihre Chefs, erleben. Laotses Geist kann auch in einer hierarchischen Organisation wehen.

Voraussetzung dafür ist, dass die Handelnden mit einem bestimmten Menschenbild ausgestattet sind. Den Wert der Mitarbeitenden als Menschen zu sehen, ist Grundlage, wertschätzender Führung.

Im Übrigen hat es wenig mit selbstständiger Arbeit zu tun, wenn die Beschäftigten zwar arbeiten können, wo und wann sie wollen, aber durch das Volumen an zu erledigenden Aufgaben so eingedeckt und durch die technischen Möglichkeiten so eingebunden sind, dass sich das Gefühl, es selbst gemacht zu haben, nicht einstellen mag. Der Führer ist zwar auch nicht mehr präsent, aber die digitale Technik ersetzt ihn, subtil und wirkungsvoll.

 


Freitag, 5. März 2021

"Sagen Sie mir, wie Sie mich messen und ich werde Ihnen sagen, wie ich mich verhalten werde."

Die Vorgabe von Messgrößen hat nicht nur Vorteile

Zugeschrieben wird der schöne Satz dem israelischen Managementvordenker E.M.Goldratt. Was fällt uns dazu ein? 
Zunächst, er passt in unsere Zeit der Key Figures und des Self Tracking, des Bestrebens alles messen und so auch optimieren zu wollen. Banal daran ist, dass man sich fast selbstverständlich nach einer Kennzahl richtet, wenn man eine solche - aus welchen Gründen auch immer - vorgehalten bekommt. Vorausgesetzt, diese Zahl ist mit irgendeinem Ziel verbunden, niedrigeres Gewicht, mehr Geld, schnelleres Fahren usw.. Es weckt unseren Ehrgeiz, etwas etwas 'besser' zu machen. Wenn es dann noch mit einem Wettbewerbsgefühl verbunden ist, ist dieser Ehrgeiz noch ausgeprägter. Von daher ist es nicht überraschend, dass man sich so verhält, wie man 'gemessen' wird.

Sonntag, 21. Februar 2021

Brauchen wir eine neue Firmenkultur?

Wenn ja, was sollte an ihr neu sein?

Der Deutschlandchef des Technologieunternemens Slack fordert in der ZEIT eine neue Firmenkultur.
"Die Pandemie hat die Arbeitswelt grundlegend verändert". Darunter geht es in diesen Zeiten wohl nicht mehr. Also beginnt auch Herr Blüher seinen Artikel mit einem wuchtigen Satz. Selbst wenn es so sein sollte, wäre es für diese Feststellung jetzt noch etwas früh.
Seine Behauptung begründet er im wesentlichen damit, dass aktuell etwa ein Drittel der Beschäftigten in Deutschland von zu Hause aus arbeiten. Ganz abgesehen davon, dass noch nicht ausgemacht ist, wo sich dieser Anteil einpendelt, wenn die Pandemie denn mal vorbei sein sollte, reicht das schon aus, um die Arbeitswelt grundlegend zu verändern? 

Samstag, 13. Februar 2021

Die Zukunft nach Corona

Verspätete Rezension eines Buches, das zu früh geschrieben wurde

Wann ist der geeignete Zeitpunkt ein Buch zu rezensieren, das von der Zukunft handelt? 
Der Zukunftsforscher Matthias Horx hat am 15. März im Internet einen Text mit dem Titel "Die Zukunft nach Corona" veröffentlicht. Dieser Text hat damals im Netz für Furore gesorgt. Auch ich habe ihn dreimal über Whatts App erhalten und mich damals an dieser Stelle schon mit ihm beschäftigt. Diese Resonanz hat Horx wohl dazu verführt den Text zu einem Buch aufzublasen, das es bis Juni 2020 schon in die dritte Auflage geschafft hat.

Sonntag, 7. Februar 2021

Stakeholder Value statt Sharholder Value

Ist das realistisch?

"Das Paradigma unseres Wirtschaftens wandelt sich vom Shareholder- zum Stakeholder-zentrierten Denken." (www.hrm.de, 29.1.) Sätze wie diesen, liest man derzeit häufiger. Auslöser für diese Träumereien ist Corona. Anscheinend lösen all die negativen Folgen der Pandemie Sehnsüchte nach einer besseren Zukunft aus. Wenn die Krankheit vorbei ist, wird auch vieles Andere besser. "Die Corona-Pandemie bietet uns die Chance, alte Übereinkünfte neu zu verhandeln und uns zu fragen: Wie wollen wir in Zukunft leben und arbeiten?" Aber haben wir diese Chance nicht immer? Warum sollte sie ausgerechnet jetzt mehr genutzt werden.

Freitag, 29. Januar 2021

Die Anforderungen an Führungskräfte 2021

1. Coach......4. Entscheider

Das hat jedenfalls der hays-hr-report 2021 herausgefunden. Auf Platz 2 liegt die Forderung, dass Führungskräfte strategische Partner sein sollen. Auch im letzten Jahr lag der 'Coach' schon an erster Stelle.
Diese Ergebnisse kann man als schönes Beispiel für 'sozial erwünschte Antworten' ansehen. Der Effekt ist aus der empirischen Sozailforschung gut bekannt. Da wird in den einschlägigen Managementveröffentlichungen den LeserInnen und ZuschauerInnen eingetrichtert, die Führungskräfte der Zukunft müssten Coaches sein und schon plappern diese das in Umfragen eifrig nach. Abgesehen

Freitag, 22. Januar 2021

Hybrid HR

Schon wieder wird eine "neue" Personalfunktion plakatiert 

"Die Coronakrise hat die Gesellschaft tiefgreifend verändert.....Alle Gewissheiten sind dahin...."
Das ist die Tonlage, in der im Moment gerne über die aktuelle Situation schwadroniert wird. Auch die Personalwirtschaft will da nicht zurückstehen und ruft in einem Essay gleich "Die neue Welt" aus.
Dazu passend muss sich natürlich auch die Personalfunktion wieder mal neu erfinden: Hybrid HR ist nun angesagt.

Samstag, 16. Januar 2021

Vergütung und digitale Transformation

Job-Leveling passt nicht mehr ins digitale Zeitalter 

Laut einer Studie von Willis Towers Watson hinken Vergütungsstrukturen und Benefits-Programme noch hinter der digitalen Transformation hinterher. Nun ist WTW eine Vergütungsberatung und da wundert ein solches Studienergebnis natürlich nicht. Die sogenannte digitale Transformation ist für Beratungen eine ideale Steilvorlage. Nichts leichter als eine "Studie" auf den Weg zu bringen, in der die Befragten freimütig Auskunft geben, dass sie auf diesem oder jenem Gebiet noch "hinterherhinken". Selbstverständlich steht die beauftragende Beratung mit dem passenden Angebot für diese Defizite bereit.

Sonntag, 10. Januar 2021

Führungstrends 2021

Was man schon im Januar wieder vergessen kann

Es klingt wie das Horoskop einer Illustrierten, was springerprofessional als Führungstrends für 2021 propagiert:
 
Digital Leadership
Eigenverantwortliche Teams
Achtsame Führung
Vertrauen statt Micromanagement
Krisenmanagement ist interne Kommunikation 

Dienstag, 5. Januar 2021

Sind wir eigentlich eine agile Gesellschaft?

Sind die agilen Mitarbeitenden auch agile Bürger?

Angeblich ist die agile Organisation ja das Zukunftsmodell für Unternehmen, die im digitalen Zeitalter erfolgreich bestehen wollen.  

Angeblich wollen die Beschäftigten, die zukünftig in der Mehrzahl als WissenarbeiterInnen tätig sein sollen/wollen, nur noch in Strukturen möglichst ohne Hierarchien und ohne Anweisungen "von oben" in Teams arbeiten. Selbstbestimmung und Selbstorganisation ist die Losung der Stunde.