Wenn ja, was sollte an ihr neu sein?
Der Deutschlandchef des Technologieunternemens Slack fordert in der ZEIT eine neue Firmenkultur.
"Die Pandemie hat die Arbeitswelt grundlegend verändert". Darunter geht es in diesen Zeiten wohl nicht mehr. Also beginnt auch Herr Blüher seinen Artikel mit einem wuchtigen Satz. Selbst wenn es so sein sollte, wäre es für diese Feststellung jetzt noch etwas früh.
Seine Behauptung begründet er im wesentlichen damit, dass aktuell etwa ein Drittel der Beschäftigten in Deutschland von zu Hause aus arbeiten. Ganz abgesehen davon, dass noch nicht ausgemacht ist, wo sich dieser Anteil einpendelt, wenn die Pandemie denn mal vorbei sein sollte, reicht das schon aus, um die Arbeitswelt grundlegend zu verändern?
Die Entwicklung, Arbeit unabhängig von Ort und Zeit zu erledigen, hat außerdem schon lange vor Corona begonnen. Dazu hat die Digitalisierung weit mehr beigetragen - und wird es auch in Zukunft noch tun.
Die Pandemie hat die Entwicklung sicher etwas beschleunigt. Aber nach ihrer Überwindung müssen wir auch wieder mit einer Gegenbewegung des Pendels rechnen.
Es gibt also keine Grund allein deswegen schon von einer grundlegenden Veränderung der Arbeitswelt zu sprechen.
Vor diesem Hintergrund verliert auch Herrn Blühers Forderung nach einer neuen Unternehmenskultur an Dramatik. Die sieht er darin begründet, dass viele Homeoffice-Beschäftigte sich zu wenig von ihrem Arbeitgeber unterstützt sehen und mangelndes Zugehörigkeitsgefühl beklagen.
Wie sieht diese neue Unternehmenskultur den aus, die er propagiert?
"Unternehmen sollten sich von der Erwartung lösen, dass Arbeit ausschließlich zwischen 9-17 Uhr stattfinden muss."
Auch wenn manchen das Lösen von dieser Erwartung noch schwer fallen mag, die Forderung nach flexiblen Arbeitzeiten dürfte mittlerweile als alter Hut gelten. Gerade aktuell dürfte auf diesem Feld noch mal mehr Bewegung entstehen.
"Mitarbeiter, die weniger Zeit in Meetings verbringen und mehr Raum für ihre eigentliche Arbeit haben, (sind) zufriedener und produktiver. Wahrlich auch keine neue Erkenntnis. Mit deren Durchsetzung in der Peaxis dürfte es allerdings schon schwieriger sein.
Und natürlich: es ist eine "offene und transparente Kommunikation nötig". Die Forderung nach offener und transparenter Kommunikation ist so alt, wie das Wort Kommunikation selbst. Der Autor empfiehlt dazu, wenig überraschend, die Mitarbeiter regelmäßig mit Hilfe "diverser digitaler Tools" zu befragen.
Da mag nun etwas Innovation durchscheinen. Aber wem eine ordentliche Unternehmenskultur am Herzen liegt, der sollte die persönliche Kommunikation von Mensch zu Mensch fördern, wenn es nicht anders geht, gerne mit digitalen Tools. Wenn möglich aber, von Angesicht zu Angesicht.
Man sieht an den Verlautbarungen von Herrn Blüher, wie schnell etwas als 'neu' herbeigeschrieben wird, was im Grunde genommen 'alt', im Sinne von 'bewährt', ist.
Gerade die aktuelle technische und organisatorische Entwicklung ist in hohem Masse auf 'traditionelle' Tugenden angewiesen.
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