Mittwoch, 18. Juli 2018

Die "leistungsabhängige" Bezahlung ist nicht tot zu kriegen.

Im Gegenteil: Es kommen immer wieder unsinnige Anwendungen ausserhalb von Unternehmen in die Diskussion.

So fordert Frau Leibinger-Kammüller in einem ZEIT-Interview "Geben wir den Lehrern Aufstiegsmöglichkeiten! So wie in den Firmen auch. Die Guten kommen vorwärts, die Schlechten kommen nicht so schnell voran. Staffeln wir die Gehälter! Man muss befördert werden können nach Leistung......Aber ein herausragender Lehrer muss auch spürbar mehr verdienen können als jemand, der Dienst nach Vorschrift macht."
Wollen wir hoffen, dass das in dem von Frau L.-K. geführten Unternehmen so funktioniert. In Schulen kann ich mir das allerdings nicht so recht vorstellen. Fangen  wir mit der Beförderung an. Schulen haben in der Regel keine ausdifferenzierten Hierarchien. Da gibt es Rektoren und Konrektoren. Diese Stellen sind bei den normalen Lehrern kaum mehr begehrt, weil die Bedingungen im Verhältnis zum zusätzlichen Aufwand nicht attraktiv genug sind. Hier könnte man Frau L.-K. zustimmen, diese Leitungsfunktionen besser zu dotieren und von Verwaltungsaufgaben zu entlasten. Dann würden sich möglicherweise mehr LehrerInnen bereit erklären diese Jobs zu machen.
Doch stellt sich auch hier schon die Frage, ist ein "guter" Lehrer auch ein "guter" Schulleiter?
Ansonsten sieht es mit Beförderungen in einer Schule eher mager aus. Es sei denn, man will wieder wie in alten Zeiten Ober- und Hauptlehrer einführen. Dann würde auch gleich nach außen deutlich, dass die Frau Oberlehrerin eine gute Pädagogin sein muss sonst wäre sie ja nicht befördert worden.
Aber was macht denn einen "herausragenden" Lehrer aus? Woran wird das festgemacht? An den Notendurchschnitten der Klassen? Wer beurteilt das? Sollen da Eltern und Schüler miteinbezogen werden? Allein die Fragen würden bei der GEW schon die Alarmglocken schrillen lassen - und das mit Recht.
Warum hört sich Frau L.-K. nicht mal in ihrem Unternehmen oder bei Unternehmerkollegen unvoreingommen um, wie leistungsabhängige Bezahlung funktioniert? Ihr Kollege Fehrenbacher, der mit ihr das Interview gegeben hat und dem Bosch Aufsichtsrat vorsteht, könnte ihr dann erzählen, warum Bosch beispielsweise Bonuszahlungen abgeschafft hat.
Ich hätte allerdings einen kühnen Vorschlag, der vielleicht auch Frau L.-K. gefallen würde. Warum müssen Lehrer eigentlich Beamte sein? Dann hätte man wenigstens einige wirkungsvollere Sanktionen für die ganz schwarzen Schafe, die es in dem Beruf leider auch gibt. Wenn dann noch richtig geführt wird, braucht man keine leistungsabhängige Bezahlung.


Sonntag, 15. Juli 2018

Wir bereiten wir uns auf die Zukunft vor?

"Jedes Kind muss programmieren lernen!"

Das fordert Frau Leibinger-Kammüller in einem Interview in der letzten Ausgabe der ZEIT. "Wenn es viel mehr Drittklässler gibt, die Freude am Programmieren haben, gewinnen wir spätere Studenten der Informatik." So einfach ist das aus dem Blickwinkel einer Unternehmenschefin. Die armen Kleinen, kann man da nur sagen. Da bestätigen uns Bildungsstudien immer wieder Lese- und Rechtschreibschwächen von Grundschülern und nun sollen sie auch noch Programmieren lernen. Die Forderung von Frau L.-K. erstaunt uns um so mehr, als sie im weiteren Interview von sich sagt, sie sei in Mathe nicht begabt gewesen. Folglicherweise hat sie dann auch kein naturwisenschaftliches Fach sondern Literaturwissenschaften studiert. Und auch mit dieser Ausbildung ist sie heute eine erfolgreiche Unternehmensführerin. Das müsste ihr doch eigentlich zu denken geben.
Können wir die Digitalisierung nur bewältigen, wenn jedes Kind Programmieren lernt? Bekommen wir dann sozusagen automatisch genügend Informatiker-Nachwuchs?
Es ist nicht jeder für naturwissenschaftlicher Fächer begabt. Wer sich sein Schülerleben immer mit Mathe quält, sollte möglichst nicht Maschinenbau studieren. Aber muss er deshalb vor der Digitalisierng kapitulieren?
Ich wiederhole hier meine Forderung: Überfrachtet die Schulen, insbesondere die Grundschulen nicht. Diese müssen den Schülern die Basics vermitteln, Lesen, Schreiben, Rechnen, sich in strukturierte Abläufe zu fügen, auf bestimmte Aufgaben und Tätigkeiten zu konzentrieren, Aufgaben zu erledigen. Auch Fremdsprachen gehören nicht in die Grundschule. Und wer Freude am und Begabung fürs Programmieren hat, der kann es auch in der weiterführenden Schule noch lernen - fakultativ.
Womit sich dieSchule aber auseinandersetzen muss: wie kann sie den Umgang mit Komplexität vermitteln? Wie kann sie die Schüler darauf vorbereiten, dass es im Leben nicht immer nur geradeaus geht, dass es nicht nur schwarz oder weiß, links oder rechts gibt?

Mittwoch, 11. Juli 2018

Motivationskiller Unternehmensstrategie

Drei Gründe warum Unternehmensstrategien bei den Beschäftigten nicht ankommen

1. Leere Sprüche

Ein Maschinenbauunternehmen hat u.a. in seiner Strategie stehen "Den weltweit besten Service bieten". Dieser Satz läßt sich locker auf Hochglanzpapier schreiben und mit markiger Betonung vor dem Vorstand präsentieren. Denn der Anspruch, der in ihm steckt, läßt sich eh nie seriös nachprüfen. Wie und woran sollte man ihn denn messen? Deswegen kann man auch den Mitarbeitern nie vermitteln, dass dieses Ziel einmal erreicht ist. Im Gegenteil, bei jedem Fehlerchen, das passiert, wird man ihnen vorhalten; "So wird das nie was." Motivation läßt sich aus solch abgehobenen "strategischen Ausrichtungen" nicht gewinnen.
Oft ist es dann auch noch so - und da ist das zitierte Unternehmen keine Ausnahme - , dass die sogenannten Strategien spätestens nach fünf Jahren wieder "neu formuliert" werden müssen. Das hat zur Folge, dass wieder ein neuer Spruch an die Wand gemalt wird.
Mit dem Ergebnis, dass die Beschäftigten kaum mehr richtig hinhören oder höchstens matt lächeln. Eine Ausnahme bilden die Opportunisten, die, aus den unterschiedlichsten Gründen, auch den dritten Strategiewechsel in zehn Jahren noch mit heftigem Beifall bedenken.

2. Tausend Massnahmen

Aus einer anständigen Strategie müssen natürlich auch Massnahmen abgeleitet werden. Da die Strategieformulierung gewöhnlich in Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Themenfeldern erarbeitet wird, entsteht natürlich in jeder Gruppe ein Bündel mit Massnahmen. Diese werden am Ende zwar bewertet und priorisiert und vom Moderator in die sattsam bekannte "Dringend-und-wichtig-Matrix" eingeordnet aber es bleibt dann doch noch eine lange Liste übrig über die jeder stöhnt und sich fragt, wie man das alles umsetzen soll. Wenn man dann nach zwei Jahren unvoreingenommen den Abarbeitungsgrad anschaut, stellt man fest, dass nur weniges wirklich erledigt ist und manche Massnahmen gar nicht mehr angegangen wurden, weil sie zwischenzeitlich obsolet wurden.
Das läßt dann manche zu Zynikern werden, die im Strategieworkshop den Gutwilligen mimen, aber in ihrem Inneren eine "auch das geht vorüber-Haltung" einnehmen.
Vor allem sollte man Massnahmen nicht mit dem Mantel der Strategie einkleiden, die "sowieso" notwendig sind, etwa weil die Konkurrenz damit auch schon aktiv ist oder eine neue Technologie sie gewissermaßen "aufzwingt".

3. Strategie als solche

Schließlich muss man die Frage stellen, was soll Strategie überhaupt noch in einer Zeit, in der alles immer unübersichtlicher und komplexer wird? Was macht es für einen Sinn, Massnahmen zu formulieren, die schon nach kurzer Zeit vom sogenannten Tagesgeschäft überholt werden?
In der Tat ist es naiv eine Fünf-Jahres-Strategie zu formulieren und zu glauben, die könne man jetzt so eins zu eins in diesem Zeitraum umsetzen. Die hohe Kunst des Managements besteht heute darin auf Sicht zu fahren und gleichzeitig das Bild auf dem Radarschirm richtig zu interpretieren.
Und das auch den Mitarbeitern zu vermitteln: Wir haben eine Orientierung in die Zukunft, aber wir müssen bereit sein, in diesem Rahmen immer wieder neue Entscheidungen zu treffen und auch getroffene Entscheidungen zu korrigieren und zwar manchmal schnell und kurzfristig.
Vielleicht sollte man einfach nicht mehr von Strategie sprechen, sondern von dem was notwendig ist, um in der Zukunft zu bestehen. Und man sollte sich mehr in der konsequenten Anwendung von Szenarien üben. Vor allem müssen in diesen Szenarien auch Alternativen zugelassen werden, die bisher nicht im Blick, nicht üblich oder gar, nicht gewünscht waren.
Das traditionelle Strategieverständnis scheint in der Tat überholt. Was aber trotzdem dringend notwendig ist, sind die Auseinandersetzung mit der Zukunft, Orientierung für die Bechäftigten und Ideen.





Sonntag, 1. Juli 2018

Ist das Anschreiben bei Bewerbungen überflüssig?

Viele Unternehmen verzichten mittlerweile auf Anschreiben.

Die Bahn verzichtet bei Azubi-Bewerbungen auf das Anschreiben, um die Bewerbung "möglichst einfach zu machen". Den Bewerbungsprozeß für die Bewerber und auch für das Unternehmen einfach, unkompliziert und vor allem schnell zu gestalten, ist ein sinnvolles Ziel. Und wer schon mal Azubi-Bewerber ausgewählt hat, weiß, dass deren Anschreibn meist stereotyp den Vorlagen der Berufsberatung folgen. Von Individualität kaum eine Spur. Darauf kann man getrost verzichten. Der Schüler, der mit sechzehn oder siebzehn Jahren die Schule verläßt, hat in der Regel auch "wenig zu bieten", was sich in einem Anschreiben darstellen ließe. Nur, wenn es doch notwendig sein sollte, auf Besonderes hinzuweisen, dann muss diese Möglichkeit auch gegeben sein. Ein Bewerberportal, das standardisiert nur bestimmte Daten abfragt, unterbindet jegliche Individualität. Auch das Argument, man lade die Bewerber ja noch zu einem persönlichen Gespräch ein, verfängt nicht, da der Algorithmus vorher schon etliche "aussortiert" hat. Hinzu kommt, dass beispielsweise auch die Bahn für bestimmte Jobs castingähnliche Gruppen-Schnell-Auswahlverfahren durchführt.
Offensichtlich scheint es einen, durch Nachwuchsmangel für bestimmte Jobs getriebenen, Trend zu geben, möglichst schnell möglichst viele Bewerber durch das Auswahlverfahren zu "baggern". Doch das ist noch nie eine gute Vorgabe für Personalauswahl gewesen. Leider merkt man die Folgen meist erst mit Verzögerung.
Auf traditionelle Anschreiben kann man in modernen Bewerbungsprozessen verzichten. Unternehmen, die in ihrem Bewerbungsportal nur dazu auffordern, eine herkömmliche Bewerbung hochzuladen, haben die Möglichkeiten dieser Technologie noch nicht erkannt. Was allerdings nicht auf der Strecke bleiben darf, ist die Möglichkeit für den Bewerber seine individuelle Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen.
Aber auch das schickste und komfortabelste Bewerbungsportal macht keinen Sinn, wenn der Bewerber dann wochenlang warten muss oder gar nichts mehr von seiner Bewerbung hört. Gerade auf dem Feld der Azubi-Bewerbung ist diese Unsitte verbreitet, am weitesten bei Handwerksbetrieben.