Freitag, 31. August 2018

Schafft die Personalentwicklung ab

Sie ist im wesentlichen Führungsersatzabteilung  

Die Personalentwicklung (PE) hat sich im Laufe der Zeit zu einer Spezialdisziplin innerhalb von HR entwickelt. Dabei läßt schon der Name eine große Bandbreite von Aktivitäten zu. Mit der Absicht  das "Personal" zu "entwickeln" kann man Vielerlei rechtfertigen. Ursprünglich als Funktion für Aus- und Weiterbildung gestartet, hat sie sich, den ehernen Gesetzen der Bürokratie folgend, immer neue Aufgaben gesucht und das auch in der Veränderung des Namens dokumentiert.
So beschäftigen sich Personalentwickler und viele -entwicklerinnen heute mit der Konzeption von Trainings, mit Führungskräfteentwicklung, Potentialerkennung, Performance- und Talentmanagement und allen Themen, von denen sie meinen, dass sie zur Leistungsverbesserung der Beschäftigten beitragen. Es ist der PE mit beträchtlichem Erfolg gelungen durch die Etablierung von teilweise wuchtigen Instrumenten aus dem oben erwähnten Themenkatalog ihre Existenz und Notwendigkeit zu rechtfertigen und insbesondere in großen Unternehmen auszubauen.
Innerhalb der Personalfunktion legen die Personalentwickler großen Wert darauf, dass ihnen niemand ins Handwerk fuscht, vor allem die KollegInnen aus den sogenannten operativen Bereichen nicht. Es gibt nicht wenige unter ihnen, die halten die Personalentwicklung für das eigentliche "Kerngeschäft" von HR. Die Personalbetreuung oder gar die administrativen Tätigkeiten sind in ihren Augen eher notwendige Pflicht, die man mit möglichst wenig Aufwand oder, wenn möglich automatisiert, betreiben sollte.
Indem die PE sich heute mehr damit beschäftigt, wuchtige Instrumente zu entwickeln anstatt das Personal, insbesondere die Führungskräfte selbst, macht sie HR zur Führungsersatzabteilung. Als Beispiel habe ich hier immer wieder die heute so genannten Performance-Management-Systeme genannt. Den Beschäftigten Feedback über ihre Leistung zu geben und diese damit bei Bedarf zu verbessern, ist eine ureigene Führungsaufgabe. Die sollte eine Führungskraft aus eigener Kraft beherrschen ohne dafür formalisierte Beurteilungssysteme zu benötigen. Doch viele Führungskräfte tun sich ausgesprochen schwer damit, Feedback zu geben und vernachlässigen es deshalb. Anstatt direkt am Führungsverhalten selbst anzusetzen gibt die PE ihnen die Führungskrücke Beurteilungssystem an die Hand. Mit der Folge, dass sie mehr das Verfahren "abarbeiten", als echt zu führen. Und auch die Personalentwickler optimieren mehr das System als das tatsächliche Verhalten der Chefs. Natürlich veranstalten sie Führungstrainings und Beurteilungsschulungen, aber warum konzentrieren sie sich nicht auf die Arbeit mit den Führungskräften selbst? Weil das eigentlich die Arbeit der "Betreuer" ist. Die sollen unter anderem die Vorgesetzten beraten und sie auch bei ihrer Arbeit begleiten. Nur dürfen auch sie nicht der Versuchung erliegen die Führungsarbeit zu übernehmen, indem sie beispielsweise schwierige Personalgespräche gleich selbst führen.
Wenn die Vorgesetzten ihre Führungsaufgabe ernst nehmen, dann braucht man auch keine Führungskrücken in Form von allen möglichen Systemen mehr. Damit
entfällt auch ein wesentlicher Teil der bisherigen Aufgaben der PE. Was ist mit Trainings und Seminaren? Die kann man auch extern konzipieren lassen, was im übrigen viele Personalentwickler auch heute schon machen. Die Auswahl und das  Briefing von Beratern können die operativen KollegInnen auch - auch wenn die PE'ler denen das vielleicht nicht zutrauen.

Sonntag, 19. August 2018

Wenn Sie nicht immer nur nachplappern wollen, was der Vorstand sagt

Weil der zum Beispiel Design Thinking plötzlich für den ultimativen Innovationsansatz hält

Lesen sie erst das Buch von Tim Seitz "Design Thinking und der neue Weg des Kapitalismus". Lassen sie sich nicht durch den links klingenden Titel abschrecken. Es ist eine besonnene Abhandlung, die dazu verhilft einen nüchternen Blick auf die Methode zu werfen.
Da ja in ihrer Organisation kritische Diskussionen auf Augenhöhe üblich sind, wird ihr Vorstand sich freuen, wenn er Frauen und Männer in den Reihen hat, die Ideen auch mal kritisch hinterfragen. Es ist ja heute nichts so sehr gefragt, wie Querdenker.
Also tun sie was für ihre Profilierung, lesen sie mal wieder ein richtiges Buch.

Freitag, 17. August 2018

Mythos Team

Gruppen entscheiden nicht besser als Einzelpersonen

Teamarbeit hat immer Konjunktur. Sie boomt geradezu, und das schon seit Jahrzehnten. Seit Menschen organisiert zusammenarbeiten gilt das Team als der Königsweg der erfolgreichen Zusammenarbeit. "Wir sind ein erfolgreiches Team" oder wahlweise "Wir müssen ein erfolgreiches Team werden" gilt als der unternehmerische Schlachtruf schlechthin. Am besten soll sich gleich das gesamte Unternehmen als Team verstehen.
Und in der Arbeitswelt der Zukunft soll möglichst nur noch in international zusammengesetzten Projektgruppen gearbeitet werden, die sich als virtuelle Teams verstehen.
Da tut es gut, sich in Erinnerung zu rufen, dass es immer wieder Studien gibt, die zeigen, dass Gruppen  keinesfalls bessere Entscheidungen treffen wie Einzelpersonen. Schon Ende des 19. Jahrhunderts hat man beobachtet, dass beim Tauziehen in der Gruppe die Teilnehmer weniger fest zupacken als einzeln. Studien aus jüngerer Zeit zeigen unter anderem, dass bei Schwimmwettkämpfen Sportler im Einzelwettbewerb besser waren als in der Staffel.
Bei der Einführung von Gruppenarbeit in der Produktion musste ich selbst die Erfahrung machen, dass die Leistungsträger das Gefühl hatten, andere Gruppenmitglieder zeigten weniger Einsatz, weil alle die gleiche Prämie bekamen. Ein Thema, dass zu gravierenden Unstimmigkeiten führte - trotz intensiver vorbereitender Trainings und Schulungen.
Bei genauerem Hinsehen gibt es also genügend Gründe, Teamarbeit nicht als das Non-Plus-Ultra der Zusammenarbeit in Organisationen anzustreben. Warum ist ihre Attraktivität dennoch ungebrochen? Vielleicht üben die Bilder siegreicher Sport-Mannschaften eine solche Faszination aus, dass man glaubt, dieses Prinzip auf Unternehmen übertragen zu können. Dabei muss eine Fußballmannschaft eine ganz spezielle Leistung unter ganz anderen Bedingungen erbringen als ein "Team" im Büro oder in einem Produktionsprozeß.
Darum zeigen auch die etwas krampfhaften Bemühungen, die Persönlichkeitseigenschaften der Mitarbeiter zu katalogisieren und danach die passenden Teams zusammenzusetzen meist wenig nachhaltige Wirkung. Auch die möglicherweise positiven Erfahrungen aus dem Teambuilding im Klettergarten halten im Arbeitsalltag meist nicht lange vor.
Man tut gut daran, die Anforderung an die Zusammenarbeit nicht zu überhöhen. Die hemdsärmelige Devise "Wir müssen ordentlich zusammenarbeiten und nicht zusammen in Urlaub fahren" ist eine brauchbare alltagstaugliche Leitlinie. Erst recht, wenn es mit der Zusammenarbeit klappt und die Beschäftigten in der Gruppe ihre Leistung bringen, muss man nicht noch zusätzliche Teambuilding-Aktivitäten draufsetzen. Vor allem dürfen diese nicht zum Alibi für den Chef werden. In erster Linie ist der dafür verantwortlich, dass seine Leute ordentlich zusammenarbeiten. Wenn es in der Abteilung Reibungen gibt, kann das auch am Vorgesetzten liegen.
Das regelmäßig geführte Abteilungsgespäch kann sowohl Prophylaxe gegen als auch Therapie bei Problemen mit der Zusammenarbeit sein. Mit diesem Instrument können die Mitarbeiter üben, sich auch über kritische Themen auszutauschen. Das braucht allerdings einige Zeit.
In manchen Situationen kann es auch sinnvoll sein, sich mit einem Moderator mal einen Tag zurückzuziehen und die Probleme strukturiert anzugehen.

Sonntag, 12. August 2018

Bewerben im digitalen Zeitalter

Wie früher - nur ohne Bewerbermappe und Porto

Gelegentlich helfe ich Jugendlichen bei der Berufsorientierung. Dabei stehe ich immer wieder der Notwendigkeit gegenüber Online-Bewerberportale zu nutzen. Viele Portale beschränken sich darauf in einem Vorspann die Adressdaten einzusammeln und dann im zweiten Teil die klassischen Bewerbungsunterlagen hochladen zu lassen. Manche lassen dafür die gängigen Dateiformate zu, was schon eine Erleichterung darstellt. Andere verlangen nur Pdf, was dazu führt, dass man erst das in Jpg eingescannte Zeugnis umwandeln muss. Aus der Schule weiß ich, wie schwer sich manche SchülerInnen, die ansonsten stundenlang auf ihrem Handy herumdaddeln, mit derartigen Techniken tun.
Mich würde interessieren wie viele tapfere PersonalerInnen dann bei der Auswahl diese Dokumente ausdrucken.....
Fazit: die Digitalisierung scheint bei vielen nicht ganz so schnell voranzukommen, wie die Medien es manchmal vermitteln.
Wenigstens sparen die Bewerber das Geld für die Bewerbermappe und das Porto.

Freitag, 3. August 2018

Es geht nicht ohne Hierarchie

Auch wenn der Chef von Morgen "ein Liebender" sein sollte.

Keine Sorge, mir ist nicht die sommerliche Hitze zu Kopf gestiegen. Ich gebe nur ein Zitat des Hirnforschers Gerald Hüther wieder, das dieser im Rahmen eines Vortrages von sich gegeben hat (zit. nach HRM online, 28.7.) "Der Chef von morgen wird nicht mehr von oben nach unten gucken....er wird aus der Perspektive der Mitarbeiter schauen. Er wird ein Ermöglicher sein. Und ein Ermöglicher ist ein Liebender."
Eine Voraussetzung dafür ist für ihn - und das ist nicht mehr wirklich überraschend - die Abschaffung der Hierarchie. Für die heutige Welt "digitalisiert, globalisiert...vernetzt.....ist die hierarchische Ordnung nicht mehr geeignet." Um die Welt zu strukturieren, muss die Hierachie abgeschafft werden und es müsste etwas geben, wofür es sich zu leben lohnt. "Einen inneren Kompass.....Einen Anlass. Dann bräuchte man keine äußeren Ordnungsstrukturen mehr." Auf die Frage allerdings, wie solche Strukturen aussehen, kommt eine unbefriedigende Antwort: "Damit muss ich Sie alleine lassen. Das können nur Sie selbst herausfinden."