Ja, aber sie werden es nicht tun.
Frau Merkel hat ein neues Kapitel für die Endlos-Enzyklopädie zur Führungslehre geschrieben. Wer sich allerdings die Mühe macht, in den Jahrzehnte alten, bereits erschienen, Folianten zu blättern wird auch dieses Kapitel bereits mehrfach vorfinden. Es handelt von Entscheidung, von Verantwortung und von Führung schlechthin.
Die Bundeskanzlerin hat mit breiter öffentlicher Wirkung die Verantwortung für einen Fehler übernommen und dafür um Verzeihung gebeten. Das verdient in jeder Hinsicht Respekt und könnte auch für Manager ein gutes Vorbild sein. Dass es in dieser Hinsicht jedoch keinerlei Wirkung zeigen wird, kann man schon an der Reaktion der beteiligten MinisterpräsidentInnen sehen. Die waren zwar auch an dieser Entscheidung beteiligt, doch entschuldigt hat sich bisher keine(r). Der eine zollt zwar der Kanzlerin auch Respekt, aber sein eigenes Mitversagen gesteht er nicht ein. Die andere kartet sogar noch nach und stellt dar, sie hätte sich von der Idee Merkels spät in der Nacht überrumpelt gefühlt. Möglicherweise kann man der gewieften Taktikerin Merkel duchaus Kalkül bei der Art und Weise der Präsentation ihrer Idee unterstellen, aber die KollegInnen aus den Länder saßen mit am virtuellen Tisch und hätten ihren Mund aufmachen können. Auch sie sind allesamt Profis und können kaum so ermattet gewesen sein, dass sie nicht auf die Risiken dieser Entscheidung hätten hinweisen können. Also müssten sie jetzt auch zusammen mit der Kanzlerin dafür einstehen. Es ist allerdings wesentlich bequemer dem Anderen vollmundig Respekt zu zollen, als selbst Verantwortung zu übernehmen. Diese Respektsbekundung kaschiert nur die Erleichterung darüber, dass eine Andere die Rolle des Sündenbocks übernommen hat. Insofern Business als usual - das Kapitel für die Führungsenzyklopädie können wir uns sparen.
Aber auch zu Merkels medial äußerst wirksamer Entschuldigung muss man mindestens eine Anmerkung machen. Der verkorkste Beschluß um die Osterruhe war nur ein vergleichsweise kleiner Fehler im gesamten Corona-Krisenanagement, der außerdem noch keinen Schaden angerichtet hat. Für das defizitäre Impfmanagement hat sich bisher noch niemand entschuldigt. Aber - siehe oben - das überrascht uns eigentlich nicht.
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