Sonntag, 25. Februar 2018

Megatrend Ungewissheit

Wie erklärt sich eigentlich der Widerspruch zwischen dem aktuell immer wieder beklagten Fachkräftemangel und der für die Zukunft der Arbeit propagierten Erwartung, dass man im von Projektarbeit geprägten digitalen Zeitalter bereit sein muss für häufig wechselnde Projektarbeit unter Umständen sogar mit Phasen freiberuflicher Arbeit?
Gehen die Trendgurus davon aus, dass in der Arbeitswelt 4.0 ein Überbedarf an Fachkräften  herrscht? Und diese Wissensarbeiter bereit sind sich die Arbeitsbedingungen nach Belieben diktieren zu lassen? Womit wir beim nächsten Widerspruch wären. Gerade die Wissensarbeiter, so heißt es immer wieder, können die Bedigungen "auf Augenhöhe" aushandeln und sich aussuchen, wie und wo sie arbeiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die dann bereit sind als digitale Nomaden für unsichere Zeitjobs um den Globus zu ziehen.
An einem Trend dürfte sich doch so schnell nichts ändern: die Unternehmen werden versuchen, die Fachkräfte, an denen wirklich Mangel herrscht, nach Kräften zu halten.
Dagegen spricht auch nicht, dass insbesondere der Öffentliche Dienst und manche Branchen - z.B. Medien - sehr ausgeprägt mit befristeten Arbeitsverträgen oder Teilzeitverträgen arbeiten. Insofern gibt es tatsächlich eine Zunahme an prekären Arbeitsverhältnissen.
Die gesuchten Kräfte, z.B. Maschinenbauingenieure oder Zerspanungsmechaniker (es sind halt auch nicht immer die Wissensarbeiter) werden bei denen auch nicht anheuern.
Es wird einen Megatrend in der Arbeitswelt geben: den der Ungewissheit.
Es wird eine Zunahme an befristeten oder selbstständigen "Projekttätigkeiten" geben.
Das klassische "feste Arbeitsverhältnis" wird aber keinesfalls aussterben.
Mangelberufe von heute werden möglicherweise morgen keine mehr sein - und umgekehrt.
Ob und wenn ja, wieviele Arbeitsplätze durch Digitalisierung entbehrlich werden, kann heute niemand seriös vorhersagen.
Auch die immer wieder herbeigeschriebene Generation Y hat die Arbeitswelt bisher nicht revolutioniert. Also Vorsicht mit der Ankündigung von Revolutionen.
Aber da die Unübersichtlichkeit und Komplexität zunehmen, wird auch die Zahl der Gurus ansteigen, die immer wieder neue Megatrends prognostizieren.

Sonntag, 18. Februar 2018

Arbeit 4.0 - Oder wie die Kommunikation immer mehr beschleunigt wird

Kommunizieren mit der Messaging Software Slack soll die Arbeit erleichtern.

"Aber klappt das überhaupt?" fragt DIE ZEIT in ihrer letzten Ausgabe berechtigterweise in einem Artikel über diese Software. Slack funktioniert ähnlich wie WhattsApp nur noch komfortabler und mit etlichen Funktionalitäten, die speziell auf die Bedürfnisse für kleine bis mittlere Unternehmen zugeschnitten sind. Alle Teilnehmer können ständig und in Echtzeit sehen, was die anderen zum gleichen Thema schreiben. Natürlich kann der andere Teilnehmer, der angeschrieben wird, entscheiden, wann er antworten möchte. Aber man muss sich nur mal das Kommunikationsverhalten von WhattsApp-Nutzern anschauen und das in die Leistungssituation eines Unternehmens übertragen, um sich vorzustellen welche Drucksituation dann entstehen kann. Schon bei WhattsApp wird meist reflexartig die ankommende Botschaft gelesen, selbst wenn sie nicht direkt beantwortet wird. Wenn dann noch Mitarbeiter beteiligt sind, die über verschiedene Zeitzonen verstreut sind, ist die Rund-um-die-Uhr-Kommunikation gesichert.
Hinzu kommt, dass bei dieser Software offensichtlich die Überwachungsmöglichkeiten von Administratoren sehr ausgeprägt sind.
Die Frage, ob Arbeit dadurch wirklich erleichtert wird, ist also berechtigt. Eine neue Technologie kritisch zu diskutieren, bedeutet nicht sie abzulehnen. Man könnte vor ihrem Einsatz fragen, wie sie die Arbeit erleichtern kann. Diese Frage aber hat eine eher nachrangige Bedeutung. Bei der Einführung neuer Technologien in Unternehmen steht immer die Erhöhung der Produktivität im Vordergrund. Die Arbeitserleichterung für die Beschäftigten wird als Nebeneffekt mitgenommen. Jede neue Maschine erleichtert vordergründig die Arbeit. Sie verdichtet sie aber gleichzeitig auch und trägt damit zur Erhöhung des Leistungsdrucks bei. Das wird auch bei Slack wieder deutlich. So nützlich es ist, die Kommunikation in Organisationen unkomplizierter zu machen, besonders in einem internationalen Umfeld, so wichtig ist es, sich über die Folgen Gedanken zu machen.
Dabei darf eine weitere Frage nicht unter den Tisch fallen: Welche Art von Kommunikation wird hier erleichtert? Wird nur noch der Austausch über digitale Medien gefördert? Werden die Gelegenheiten miteinander zu reden, noch genutzt? Es könnte ja beispielsweise der Grundsatz gelten "Was im persönlichen Kontakt geklärt oder abgestimmt werden kann, wird nicht über Handy oder PC gemacht". Es kommt ja schon vor, dass Mitarbeiter selbst dann elektronisch miteinander kommunizieren, wenn sie im selben Büro sitzen. So kann eine Technologie, die eigentlich der Kommunikation dienen soll, letztendlich zur Isolierung beitragen.
Wenn wir heute schon sehen, wie moderne Kommunikationsinstrumente die Trennung zwischen Arbeitszeit und "Freizeit" aufweichen, so werden Technologien wie Slack diesen Trend weiter beschleunigen.