Freitag, 23. April 2021

Die CDU Kandidatenkür als Lehrbeispiel

Was die Apostel der Unternehmensdemokratisierung daraus lernen sollten

Es gibt ja ernstzunehmende Vorschläge und auch Aktivitäten, Führungskräfte von den Mitarbeitern wählen zu lassen. Warum das nicht immer eine gute Idee ist, hat uns das Spektakel um den Kanzlerkandidaten der CDU gezeigt. 
Da haben wir einen Bewerber gesehen, der als Argument für sich ausschließlich die hohe Zustimmung in den Umfragewerten ins Feld führt. Die hat er sich mit dem ausgeprägten Talent erworben, schon sehr früh zu erkennen, wo der Wind her weht und das sehr schnell mit markigen Worten und breiter medialer Präsenz zu verbreiten. Das gelingt ihm offensichtlich so überzeugend, dass seine Anhänger die Schwenks seiner Positionen und Meinungen nicht mehr wahrnehmen. 
Irgendwelche Andeutungen von programmatischen Äußerungen waren noch nicht einmal zu erahnen. Es ging ausschließlich um persönliche Machtziele.
Folgerichtig verkündete auch der andere Kandidat am Tag nach seiner erfolgreichen Durchsetzung, jetzt gehe es daran Konzepte zu entwicklen.
Übertragen wir das auf eine Unternehmensorganisation. Genauso wie auf der politischen Bühne muss man auch hier davon ausgehen, dass populistisch begabte Alphatiere die Wähler*innen eher mit markigen Sprüchen als mit fundierten Argumenten beeinflussen. Allein durch ein demokratisches Verfahren ist also noch keine höhere Qualität der Bewerberauswahl gewährleistet. Ein Kollektiv aus Beschäftigten ist in seiner Mehrheitsentscheidung keineswegs treffsicherer als ein profesionelles Recruitingteam. Die Beschäftigten haben zwar das Gefühl, an einer Entscheidung beteiligt gewesen zu sein, aber ob das schon ihre Situation verbessert, ist damit noch nicht gesagt.
Die Anfälligkeit für populistische Einflüsse ist nur ein Argument - und wahrscheinlich noch nicht einmal das gravierendste - was gegen Demokratisierung in Unternehmen spricht. Genauso wie allein die Wahl von Führungskräften durch die Beschäftigten nur einen Aspekt von Demokratisierung ausmacht.
Die Führung eines Unternehmens und demzufolge auch die Führung in einem Unternehmen folgen ganz anderen Legitimationsprinzipien als die Lenkung eines staatlichen Gemeinwesens. Für uns als Bürger gibt es zum demokratischen Rechtsstaat keine Alternative. Unternehmerische Organisationen funktionieren dagegen auch ohne demokratische Prinzipien ganz gut und werden von den Beschäftigten auch so akzeptiert. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie in die Regelwerke eines demokratischen Staates eingebunden sind, der beispielsweise die Organisation von Gewerkschaften sicher stellt.
Demokratie in Unternehmen zu hinterfragen bedeutet also keinesfalls sie grundsätzlich in Frage zu stellen. Es legt aber die Frage nahe, welchen Mehrwert sie für die Beschäftigten und auch für den Erfolg des Unternehmens bringt.

Samstag, 17. April 2021

Lasst die Grundschulen in Ruhe

Nun soll schon in der Grundschule Unternehmertum gefördert werden

Wenn man sich mit Personalthemen lange genug beschäftigt, landet man irgendwann auch in der Grundschule. Früher oder später mündet die Beschäftigung mit Defiziten von Beschäftigten in Forderungen an die Grundschule. Das fängt an mit unzureichenden Kenntnissen von Fremdsprachen und geht weiter mit der lautstarken Klage über zu wenig mathematisch-naturwissenschaftliche Bildung und dem vermeintlich daraus resultierenden Mangel an derartig interessierten Nachwuchskräften. Diese Skills sollen frühestmöglichst - am besten schon in der Kita - gefördert werden. Nun soll noch das Unternehmertum hinzukommen. So will es zumindest ein Herr Schwiezer in einem Interview im Mannheim Morgen (14.4.).
Auch wenn eine derartige Forderung in der aktuellen Situation bei GrundschullehrerInnen einen lauten Aufschrei provozieren wird, ist es natürlich legitim sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Die Pandemie wird hoffentlich irgendwann überwunden sein. Doch abgesehen davon wiederhole ich meine Forderung: Lasst die Grundschulen in Ruhe!
Die Grundschulen sollen die Basics vermitteln, Lesen, Schreiben, Rechnen. Darauf wird es auch im digitalen Zeitalter entscheidend ankommen. Hinter der Beherrschung dieser drei Fertigkeiten steckt ja viel mehr als nur das Umgehen mit Zahlen und Buchstaben. Es geht auch darum den Intellekt zu trainieren. Und das tut auch der Förderung des Unternehmertums gut. Diese drei Fächer lassen sich gut durch andere ergänzen, die Kreativität fördern wie Zeichnen und Musik.
Mit mehr sollten die Grundschulen nicht überfrachtet werden. Diese Basics sollten dafür um so intensiver vermittelt werden. Die LehrerkollegInnen in den weiterführenden Schulen werden als erste dankbar sein, wenn sie es mit gut ausgebildeteten jungen Leuten mit dem entsprechenden Potenzial zu tun haben.