Freitag, 8. Dezember 2023

Die falschen Erwartungen an die Vier-Tage-Woche

Arbeitszeitverkürzung verbessert die Arbeitsbedingungen

Das Argument taucht standardmäßig in der Diskussion auf. Natürlich ist einer Verkürzung der Arbeitszeit,  noch dazu bei vollem Lohnausgleich, ein Verbesserung. Aber ist es das auch noch, wenn in vier Tagen genausoviel gearbeitet werden soll, wie vorher in fünf? Auch wenn Studien zu diesem Punkt positive Effekte nachweisen, sollte man tunlichst hier einen längeren Zeitraum beobachten. Gibt es diese positiven Auswirkungen auch nach zwei Jahren noch. Wenn in vier Tagen dasselbe Ergebnis erzielt werden soll, wie in fünf, erhöht das zwangsläufigerweise den Leistungsdruck. Man muss damit rechnen, dass anfänglich erzielte Rationalisierungseffekte - z.B. durch eingesparte Meetings - sich im Laufe der Zeit wieder verflüchtigen und dass veränderte Rahmenbedingungen und nicht zuletzt kontinuierlich erhöhte Zielvorgaben wieder Druck aufbauen. Der zusätzliche freie Tag dürfte dann für die Kompesation nicht mehr ausreichen.

....wird schon für Flexibilität gehalten 

Auch ein gern benutztes Argument. Arbeitszeitverkürzung selbst ist noch keine Flexibilität. Sie muss aber mit Flexibilität einhergehen, um ihre Wirkung zu entfalten. Parallel zu einer Verkürzung sollten also Modelle entwickelt werden, die den Mitarbeitenden und auch dem Arbeitgeber ermöglichen ihre jeweiligen Bedürfnisse einzubringen. Dazu braucht es Phantasie und Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten. Es gibt allerdings mittlerweile viele Beispiele, wo dies gelingt.

....macht einen Job attraktiver

Daraus folgt: Arbeitszeitverkürzung allein macht einen Job noch nicht attraktiver. Gerade das aktuelle Beispiel der Lokführer macht dies deutlich. Hier muss einiges mehr dazukommen, um diese Tätigkeit für BerwerberInnen attarktiver zu machen.

Arbeitszeitverkürzung ist Wertschätzung

Sogar dieses Argument ist in der Diskussion zu hören. Es ist in dieser Verkürzung allerdings schlicht falsch. Faire Arbeitsbedingungen gehören gehören zu einer wertschätzenden Haltung gegenüber den Beschäftigten selbstverständlich dazu. Auch hier gilt: die Verkürzung der Arbeitszeit allein drückt noch keine Wertschätzung aus. Die hängt entscheidend vom Verhalten der Führungskräfte ab. Was bringt es, wenn in einem Unternehmen eine Arbeitszeitverkürzung eingeführt wird, die ein oder andere Fürhugnskraft in ihrem Inneren davon aber nicht überzeugt ist und das ihre Mitarbeitenden auf mehr oder minder subtile Art spüren läßt?

Und was passiert, wenn "am Ende des Tages" das Ergebnis nicht mehr stimmt?

Das ist die Gretchenfrage. Die Arbeitszeit wurde bei vollem Lohnausgleich reduziert und anfänglich stimmt auch die Produktivität noch. Doch dann kommen schwieriger Zeiten, das Ergebnis bricht ein. Was nun? Kann man die getroffene Vereinbarung noch einhalten?
Diese Situation sollte man bei der Einführung jeglicher Arbeitszeitregelungen mitdenken und auch in der dazugehörigen Betriebsvereinbarung mitregeln - und vor allem mit den Beschäftigten ehrlich kommunizieren.


Donnerstag, 30. November 2023

Neues aus der Welt des Fachkräftemangels

Arbeitsbedingungen bei einem mobilen Pflegedienst

Der Inhaber eines mobilen Pflegedienstes informiert eine Mitarbeiterin mit Migrationshintergrund falsch über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Als sie länger erkrankt, aber immer noch in der Entgeltfortzahlung ist, stellt er trotzdem die Entgeltzahlung ein. Auch bei einer Kollegin, die ebenfalls auf Grund nicht perfekter Deutschkenntnisse solche Zusammenhänge nicht sofort versteht, handelt er genauso. Auf mein Anraten hin geht die Mitarbeiterin zu einem Anwalt. Der erreicht kurzfristig die Wiederaufnahme der Entgeltzahlung und stellt außerdem fest, dass der Arbeitgeber die Mitarbeiterin bei der Verrechnung von Mehrarbeit benachteiligt und unzulässigerweise zuviele Urlaubstage angerechnet hat.
Diese Mitarbeiterin sucht nun, wie schon manche Kollegin vor ihr, einen anderen Job. Folge: Bei diesem Pflegedienst bleiben Stellen unbesetzt. Die noch verbliebenen Kolleginnen müssen noch mehr zusätzliche Schichten schieben (und sehen, dass sie dafür ordentlich vergütet werden). Folge: die Fluktuation steigt weiter und mit ihr der Personalbedarf.
Fazit: Auch in der Pflege reicht es keinesfalls aus, eine bessere Bezahlung zu fordern. Elementar sind hier die Arbeitsbedingungen.

Mittwoch, 22. November 2023

Muss man die 35-Stunden-Woche einführen um einen Job attraktiver zu machen?

Oder: warum Herr Weselsky mit seiner Forderung der Diskussion um moderne Arbeitszeitsysteme keinen Gefallen tut.

Um es vorweg zu sagen: jemand wie Weselsky dürfte sehr genau wissen, dass die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche für Lokführer bei vollem Lohnausgleich unrealistisch ist. Mit ihr und der zu erwartenden Ablehnung der Bahn dürfte er aber noch einige Zeit einen in seinen Augen guten Grund für Streiks und damit Machtdemonstration haben.
Der sachlichen und unvoreingenommen Diskussion um flexible Arbeitszeitsysteme dürfte er damit allerdings keinen Gefallen tun. Er wird weiter daran arbeiten, dass die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung ein Reizthema bleibt, auf das die davon betroffenen Arbeitgeber reflexartig mit entsprechender Ablehnung reagieren werden.
Eines seiner Argumente für die Arbeitszeitverkürzung ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Lokführer. Der Beruf müsse attraktiver werden. Damit hat er ohne Zweifel recht. Die Bahn sucht verzweifelt Lokführer. Doch muss man dazu dazu unbedingt die Arbeitszeit verkürzen?
Zunächst würde eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit in der Tat weiteren Personalbedarf bedeuten. Denn anders als in manchen Bürojobs können Lokführer ihre Produktivität nicht erhöhen und in vier Tagen genausoviel arbeiten wie in fünf. Und ob die Verkürzung die Tätigkeit um soviel attraktiver macht, dass plötzlich scharenweise Bewerber strömen, darf man bezweifeln.
Lokführer haben keine geregelten Schichtpläne, sondern wechselnde Einsatzzeiten und wenn sie Fernzüge fahren, sind sie nach Dienstende auch nicht immer am Heimatbahnhof. Kommt der ICE mit dreißig Minuten Verspätung an, hat auch sein Lokführer eine halbe Stunde später Feierabend. Es gehört also einiges mehr dazu, diesen Job interessanter zu machen, als nur die Arbeitszeit zu verkürzen.
Die GDL sollte die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung nicht zur Demonstration ihrer Macht missbrauchen, aber auch die Bahn kann der Gewerkschaft den Wind aus den Segeln nehmen, in dem sie die Bereitschaft zu einer differenzierten Diskussion über die Arbeitszeit der Lokführer anbietet.
 
 
 

Mittwoch, 18. Oktober 2023

Was passiert mit Führung?

Warum brauchen wir ein unverkrampftes Verhältnis zur Hierarchie ?

Warum ist Agilität kein Ersatz für Hierarchie?

Ist Autorität schlecht?

Üben Manager Macht aus? 

 

Antworten dazu in: Rettet die Führung

Als Print oder E-Book überall erhältlich wo es Bücher gibt.

Mittwoch, 13. September 2023

Feel-Good-Manager

Sind Führungskräfte nicht mehr in der Lage dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten  sich wohl fühlen?

Über manche Entwicklungen in der Managementpraxis kann man nur staunen oder auch den Kopf schütteln. Da gibt es Unternehmen, die sogenannte Feel-Good-Manager beschäftigen. Sie sollen "eine dauerhafte Wohlfühlkultur für die Mitarbeitenden schaffen", wie es eine Feel-Good-Managerin in einem Intervie ausdrückt. Tatsächlich gibt auch schon Ausbildungen für diesen Job. Berufsbegleitend kann man das schon in fünf Monaten werden. Berufsbegleitend?, in fünf Monaten? da tauchen schon einige Fragezeichen auf.
Man sollte auch einige Gedanken darauf verschwenden, was das denn eigentlich bedeutet: wohlfühlen am Arbeitsplatz? Worauf kommt es an? 
Nach allem, was man so aus einschlägigen Umfragen zusammenfassen kann, wären zu nennen: 
Anforderungsgerechte Tätigkeit - wozu auch belastungsgerechte Tätigkeit (Work-Life-Balance) gehört, faire Vergütung, wertschätzende Führung - und damit sind wir bei den Führungskräften. Cill-Lounges oder die vielzitierten Tischfußballspiele und Obstkörbe dürften dabei eine eher untergeordnete Rolle spielen. Das wird gerne mitgenommen, aber entscheidend für das Befinden am Arbeitsplatz dürfte das nicht sein.
Entscheidend aber ist die Rolle der Führungskräfte. Wie machen die ihren Job? Die sind für die Bedingungen zuständig, in denen Arbeit geleistet wird. Die müssen mit ihren Leuten reden, ihnen zuhören, ihre Meinungen und Ideen annehmen - auch im Home-Office.
Und sie müssen ihren Mitarbeitenden vermitteln, dass es auch Situationen bei der Arbeit gibt, in denen man sich nicht immer wohlfühlt - und wie man dann damit umgeht.
Wenn sie das machen, dann braucht man keine Feel-Good-Manager mehr.
Letztlich ist die Installation von Feel-Good-Managern nichts anderes wie eine Aufsplitterung der eigentlichen Führungsaufgabe. Kommt eine Mitarbeiterin mit irgendwelchen Klagen, kann der Vorgesetzte sich mit dem (un)guten Gefühl zurücklehnen: "Dafür ist doch die Good-Feel-Tante zuständig".
Wenn die Chefs ihre Arbeit als Führungskräfte richtig machen, dann braucht man keine Feel-Good-Manager. 
Die Belastungsprobe für diese Funktion wird spätestens dann kommen, wenn Rationalisierungsmaßnahmen anstehen und Personalkosten gesenkt werden müssen. Wahrscheinlich wird der Feel-Good-Manager den Betroffenen dann keinen Trost mehr nach dem Kündigungsgespräch spenden können, weil er selbst zu den Ersten gehört, die das Schiff verlassen müssen.

Wenn sie mehr lesen wollen zum Aufweichen der Führungsrolle und zum Verlust persönlicher Führung:
Armin Zisgen, Rettet die Führung, überall erhältlich wo es Bücher gibt.
 

 
 
 




Mittwoch, 30. August 2023

Neues aus der Welt des Fachkräftemangels

Wie wird man als Quereinsteiger "Flugsicherheitsassistent" an einem Flughafen?

Zunächst zur Information: Flugsicherheitsassistenten sind Menschen, die Sicherheitskontrollen bei Fluggästen durchführen, Gepäck durchleuchten, ggf. Pasagiere abtasten etc.
 
Msn bewirbt sich auf einem Stellenportal bei einer Firma, die derartige Kräfte beispielsweise für andere Sicherheitsfirmen rekrutiert und ausbildet. Man mus allerdings das Stellenangebot schon sehr genau lesen, um diesen Zusammenhang zu durchschauen. Menschen, die der deutschen (Schrift-)Sprache nicht so mächtig sind, merken das nicht auf Anhieb, wie ich aus eigener Erfahrung mit betroffenen Bewerberinnen weiß. Die Firma reagiert auf die Bewerbung sehr schnell, ruft zurück und teilt der Bewerberin, die sich in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet, mit, sie müsse sich von ihrem Arbeitgeber kündigen lassen, damit sie dann die Ausbildung von der Agentur für Arbeit bezahlt bekomme.
D.h., die Bewerberin soll von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass dieser das Arbeitsverhältnis kündigt, weil sie einen anderen Job anstrebt. Umgekehrt soll die Bewerberin einen ungekündigten Arbeitsplatz aufgeben, selbst für die Finanzierung der Ausbildung sorgen ohne sicher zu sein, ob sie die angestrebte Stelle dann auch tatsächlich bekommt.
Wenn man als Start-Up-Gründer mit einem derartigen Geschäftsmodell zu einer Bank ginge, um einen Kredit zu bekommen, würde man wegen ausgeprägter Naivität wahrscheinlich höflich zur Tür hinaus komplimentiert.
Dieses Vorgehen bedeutet, dass die an Flughäfen tätigen Sicherheitsfirmen sich die Ausbildung der Beschäftigten von den Versichertenbeiträgen der Agentur für Arbeit bezahlen lassen. Im Grunde optimieren sie ihr Ergebnis auf Kosten der Allgemeinheit. Und die Flughafenbetreiber, die ja meist im Besitz von Gebietskörperschaften (also auch der Allgemeinheit) sind, akzeptieren dieses Vorgehen und nutzen diese Dienstleistung. Bemerkenswert ist auch, dass die Agentur für Arbeit diese Praxis mitmacht.
Man sollte sich jedenfalls nicht allzusehr wundern, wenn an Flughäfen Sicherheitspersonal fehlt.

Montag, 28. August 2023

Was erwarten sie von diesem Seminar?

Das Seminar startet. Die Teilnehmer haben im Stuhlkreis die übliche Vorstellungsrunde absolviert, in der sich kaum jemand an die vorgebenen zwei Minuten gehalten hat. Dann verteilt der Moderator bunte Kärtchen und bittet die Teilnehmer einen Satz oder ein Stichwort zu der o.a. Frage aufzuschreiben. Die Teilnehmenden denken angestrengt nach und versuchen sich etwas sinnvoll klingendes aus den Eddingstiften zu saugen.

Dabei kann man sich die Frage eigentlich sparen. Erwarten die Teilnehmenden wirklich etwas von dem Seminar? Sie wurden in der Regel zu der Veranstaltung geschickt und manche hätten sich gewünscht, diese wäre ihnen erspart geblieben. Sie denken an die Arbeit, die im Büro liegen bleibt oder haben kein gesteigertes Interesse an der Thematik. Derjenige, der etwas von dem Seminar erwartet ist der Arbeitgeber, der die Leute hinschickt. Diese Erwartung muss kommuniziert werden.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: dies soll keine Polemik gegen Seminare sein. Aber eine Anregung an ModeratorInnen, auf angestaubte Rituale zu verzichten. Die Frage nach den Erwartungen muss nicht als zwanghafte Kärtchenabfrage laufen. Sie kann auch als offene Frage in die Runde gestellt werden. Wer etwas dazu sagen will, kann es tun.

Gleiches gilt für das beliebte Abschlußblitzlicht - Wie fanden sie das Seminar? was reihum beantwortet werden soll. Froh, dass es geschafft ist, wird krampfhaft nach vorwiegend positiv klingendem gesucht. Beliebt ist das Lob für die gute Organisation und die angenehme Location. Auch der oder die Moderatorin wird gerne gelobt - ob berechtigt oder nicht.

Was bringt das? Auch hier reicht die allgemeine Frage in die Runde. Wer etwas auf dem Herzen hat, kann das los werden.

 

 

 


Freitag, 18. August 2023

Zuviel Purpose behindert Change

Wenn ihre Organisation veränderungsfähig sein soll, dann verzichten sie auf Sinnstiftung

Stellen sie sich vor, sie haben ein Unternehmen, das Schnürsenkel herstellt. Ihre Beschäftigten kommen täglich hochmotiviert zur Arbeit, weil es ihnen gelungen ist, diese davon zu überzeugen, dass ohne Schnürsenkel kein menschliches Leben funktioniert. Schon morgens beim Schuhe anziehen wird jeder Mitarbeiterin klar, dass ohne ihre tägliche Arbeitsleistung der Tagesablauf kaum zu bewältigen wäre. Natürlich gibt es Schuhe ohne Schnürsenkel. Doch deren Einsatzfähigkeit ist begrenzt. Ihre Mitarbeiter haben verinnerlicht, dass viele Schuharten ohne Schnürsenkel nicht vorstellbar sind. Sie achten darauf, dass ihre Schnürsenkel nachhaltig produziert werden und ihre Leute können im Schlaf aufsagen, wie ihre Produkte erzeugt werden. Kurz, sie identifizieren sich voll und ganz mit dem, was sie tun.
Doch plötzlich geschieht Unfassbares. Ein Tüftler meldet einen Fußballschuh zum Patent an, der ohne herkömmliche Bindung auskommt. Dann geht die Entwicklung rasend schnell. Das Patent findet auch auf andere Schuharten Anwendung und es ist abzusehen, wann der Umsatz einbrechen wird. Sie müssen handeln.
Sie ziehen sich mit den Führungskräften der relevanten Abteilungen zu einem Klausurworkshop zurück. In einer flammenden Einführungsrede versuchen sie den Teilnehmenden das bevorstehende Ende des Schnürsenkels vor Augen zu führen. Wir gewohnt, erwarten sie, dass sofort Vorschläge kommen, was man nun tun könne und wie man auf diese Situation reagieren solle. Doch kaum haben sie ihre Präsentation beendet, setzt heftiger Protest ein. Der Schnürsenkel sei durch nichts zu ersetzen...Modeerscheinung...erst mal die Entwicklung beobachten....was sollen wir denn sonst machen....man sei ja völlig überrumpelt....wir können doch die Arbeitsplätze nicht aufs Spiel setzen....
Wir können das Beispiel hier abbrechen. Sie ahnen oder wissen aus eigener Erfahrung, wie so etwas gewöhnlich weitergeht.
Stellen sie sich dagegen vor, der Schnürsenkelfabrikant hätte seinen Leuten erklärt, dass Schnürsenkel ein Alltagsprodukt sind, mit dem sie ihre Geld verdienen und dass es darauf ankommt, dass "am Ende des Tages" die Kasse stimmt. Er hätte dafür gesorgt, dass sie wertschätzend geführt und ordentlich und fair bezahlt werden. Er hätte ihnen vermittelt, dass sie auch mit den Kunden und Lieferanten fair und mit den Ressourcen schonend umgehen sollen. Und er hätte sie angehalten den Markt sensibel zu beobachten und auch das Produkt immer wieder zu hinterfragen.
Die oben geschilderte Veränderungssituation wäre in diesem Rahmen sicher anders verlaufen.
Es ist in der Organisationssoziologie schon lange keine neue Erkenntnis mehr, dass zuviel Identifikation Veränderungen eher behindert. Niklas Luhmann hat darauf hingewiesen, dass eine Organisation an Elastizität verliert, wenn sich die Mitarbeitenden allzu sehr mit einem Zweck identifizieren. Immer da, wo die Identifikation mit einem Zweck - in unserem Beispiel der Bedeutung des Schnürsenkels - besonders ausgeprägt ist, wird es schwierig mit dem Wandel. 
Ein Unternehmen wird flexibler, wenn es Fragen der Mitarbeitermotivation nicht mit überhöhter und meist unrealistischer Sinnstiftung verbindet.
Wertschätzende Führung, fairer Umgang mit Beschäftigten und Kunden, schonende Nutzung der Ressourcen und offene und ehrliche Kommunikation über das Unternehmensziel (Ergebnis) sind immer noch entscheidende Voraussetzungen für motivierte Mitarbeiter. Wenn die stimmen, braucht es kein Purpose-Geplapper mehr.

 

 


Donnerstag, 20. Juli 2023

Fachkräftemangel ?

Bei der BASF anscheinend nicht 

Bewerbung im Bewerbungsportal für das BASF-Programm "Start in den Beruf". Man lädt die üblichen Bewerbungsunterlagen hoch, schaut sich abschließend die Zusammenfassung auf der entsprechenden Seite an und muss dann die Unterlagen mittels eines Buttons freigeben. Klickt man den Button an, kommt ein Hinweis "Bitte stimmen Sie erst unserer Datenschutzrichtlinie zu". Man blättert an den Anfang, wo man auch die Datenschutzrichtlinie anklicken kann, doch keinerlei Möglichkeit, diese zu bestätigen oder ein Hinweis, was nun zu tun sei. Nach mehrmaligem Hin und Her, telefonische Nachfrage. "Ja, den Fehler kennen wir. Das liegt am System." Die Dame war freundlich und hilfsbereit und hat die Daten dann hochgeladen.
Zwei Tage später Wiederholung der ganzen Prozedur, weil ein Dokument nachgereicht werden musste.
Der Fahler war immer noch nicht behoben.
Fachkräftemangel? Bei der BASF anscheinend nicht. Oder doch? Auf der Homepage ist immerhin zu lesen, dass für dieses Jahr noch über hundert Ausbildungsplätze offen sind.
Die BASF macht ansonsten ansprechende und auch aufwendige Personalwerbung, wie viele andere Unternehmen mittlerweile auch. Aber wenn man es dann mit den Bewerbungsportalen zu tun bekommt, wird es oft phantasielos und teilweise leider auch kompliziert. Es gibt etliche Unternehmen, die die Möglichkeiten der Digitalisierung gut nutzen, aber viele hinken hinterher.
Wenn man sich in den sozialen Medien als interessanter Arbeitgeber präsentiert, gehört ein einfacher, komfortabler und schneller Bewerbungsweg zwingend dazu.

Donnerstag, 13. Juli 2023

Die Ausrede von den "strukturellen Problemen"

Und wie sie von der Frage nach der persönlichen Verantwortung ablenkt

In der Baden-Württembergischen Öffentlichkeit erregen zur Zeit Missstände in der Polizeiorganisation des Landes die Aufmerksamkeit. Ausgelöst durch einen Fall sexueller Nötigung eines ranghohen Beamten gegenüber einer Kommissarin wurden weitere Probleme sichtbar: Tricksereien bei Stellenvergaben, Vetternwirtschaft, mehr oder minder versteckte Drohungen gegenüber Kollegen und Kolleginnen, wenn diese versucht haben, sich gegen Benachteiligungen zu wehren.
Kaum kamen diese Vorwürfe vor einem Untersuchungssauschuss zur Sprache, wird unisonso von "strukturellem Machtmissbrauch" gesprochen, davon, dass "Dinge im Beförderungs- und Beurteilungssystem...dysfunktional" sind. Besonders das letzte Zitat von einem beteiligten Abgeordneten ist kennzeichnend: "Dinge" im "System" funktionieren nicht.
Dabei wird gerade bei dieser Liste von Fehlverhalten deutlich, dass nicht "Dinge" hier versagen, dass nicht "das System" oder "die Struktur" Fehler machen, dass es Menschen sind, die falsch handeln. Klar, im Fall der sexuellen Nötigung wird eindeutig eine Person beschuldigt. Doch auch die anderen Missstände sind menschlichem Handeln zuzuschreiben.
Auch im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche wird gerne von strukturellen Problemen gesprochen. Aber auch hier sind die Taten eindeutig von Personen begangen worden. Die Strukturen der Kirche haben dieses Fehlverhalten begünstigt und dafür gesorgt, dass es kaschiert wurde.
In Organisationen gibt es Hierarchien und Regeln, eine formale Struktur. Parallel dazu gibt es eine sogenannte informale Struktur. Beides zusammen sind dann die strukturellen Bedingungen, die natürlich das Handeln in der Organsiation beeinflussen und die dann auch so gerne zitiert werden.
Nur, eine Struktur, eine Organisation handelt nie selbst. Sie lebt erst durch die Menschen, die in ihr agieren. Alle Regeln, die es gibt, sind irgendwann aus menschlichen Entscheidungen hervorgegangen. Es hängt immer von den Mitgliedern der Organisation ab, was in ihr geschieht oder was nicht.
Die Rede vom "strukturellen Versagen" oder gar vom "System der Angst", wie jetzt bei der Baden-Württembergischen Polizei, hilft nicht weiter. Zuerst muss die Frage gestellt werden: Wer trägt die Verantwortung? und Wer hat die Verantwortung "die Verhältnisse" zu ändern? Wer vom strukturellen Versagen redet, der trägt zunächst einmal dazu bei, die Frage nach der Verantwortung zu umgehen. Gerne werden dann auch "neutrale" Kommissionen oder Untersuchungsausschüsse gebildet, die das Fehlverhalten untersuchen sollen. So wichtig diese im Einzelfall sein mögen, ihre Arbeit muss zur Identifizierung der Verantwortlichen führen. Wenn auch sie als Ergebnis nur strukturelle Defizite beschreiben, dann sollte man erst genauer hinsehen.

Sonntag, 2. Juli 2023

Vier-Tage-Woche

Reizthema - aber eine notwendige Diskussion

Eine Diskussion über die Gestaltung von Arbeitszeit ist immer notwendig. So wie sich Arbeit kontinuierlich verändert, muss auch Arbeitszeit immer wieder neu gedacht werden. Insofern ist es gut, dass das Thema aktuell unter der Überschrift "Vier-Tage-Woche" wieder intensiver diskutiert wird. Nicht gut wäre allerdings, wenn es nur zwischen den Polen "Muss unbedingt sein" und "Kommt überhaupt nicht in Frage" geführt wird.  Diese Polarisierung wird gefördert durch die Forderung "Bei vollem Lohnausgleich".
Um unvoreingenommen zu diskutieren ist es notwendig die Komplexität des Themas zu sehen. 
Es taugt nicht für eine Auseinandersetzung mit plakativen Slogans.
Fangen wir mit dem vollen Lohnausgleich an. Bei der Studie in Großbritannien hat sich offensichtlich gezeigt, dass es Tätigkeiten gibt, die auch bei einer Verdichtung auf vier Tage dieselbe Produktivität erzeugen wie in fünf Arbeitstagen. Wenn dem so ist, kann man diesen Beschäftigten natürlich nicht das Entgelt kürzen. Wenn in vier Tagen genauso viel gearbeitet wird wie in fünf, muss auch das Entgelt dem entsprechen. 
Allerdings würde ich hier eine Langzeitbetrachtung empfehlen. Zeigt sich dieser Effekt nach zwei Jahren auch noch? Da bin ich, ehrlich gesagt, skeptisch. Es gab schon in der Gründerzeit der Betriebssoziologie Experimente, die die Erhöhung der Produktivität durch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen bewirken sollte. Das funktionierte auch, aber die Produktivität stieg auch dann, als keine Verbsserungen mehr stattfanden. Es spielte offensichtlich eine Rolle, dass die Versuchgruppen das Gefühl hatten, wir stehen im Mittelpunkt. Sie wurden beobachtet, befragt und durften selbst Vorschläge einbringen.
Wie entwickelt sich also die Produktivität in den englischen Betrieben, wenn der Alltag wieder eingekehrt ist? Wenn die vorher eingesparten Meetings doch still und leise wieder zunehmen und länger werden? Wenn die positive Stimmung der Gestaltungsphase verflogen ist und auch die Fehlzeiten wieder zunehmen?
Denn man muss aufpassen, dass die Vier-Tage-Woche nicht zu einer Mogelpackung verkommt. Die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatsphäre verschwimmen immer mehr. Moderne Technologie stellt grenzenlose Erreichbarkeit zur Verfügung. Schon heute häufen sich die Klagen von Beschäftigten auch außerhalb der normalen Arbeitzeit vom Arbeitgeber beansprucht zu werden und es werden Regelungen notwendig, die das verhindern oder zumindest begrenzen. Bei einer Verkürzung der Arbeitzeit dürfte dieses Risiko zunehmen.
Schließlich gibt es Tätigkeiten, die in einer Vier-Tage-Woche nicht dieselbe Leistung erbringen können, wie in fünf Arbeitstagen. Ein Supermarktkassierer kann bei allem gutem Willen und persönlicher und technischer Arbeitsoptimierung in vier Tagen nicht dasselbe leisten wie in fünf, ebenso die Ärztin in der Notaufnahme oder der Lokomotivführer. Soll hier auch der volle Lohnausgleich gelten? Kann man ihn 
dieser Gruppe verwehren, auch wenn sie auf Grund des Charakters ihrer Tätigkeiten dafür nichts kann? 
In jedem Fall würden für diese Jobs bei einer Arbeitszeitverkürzung mehr Leute gebraucht, genau wie in anderen Arbeitsplätzen mit Schichtarbeit. Angesichts eines Arbeitskräftemangels könnte das problematisch sein. Wenn keine oder zu wenig Bewerber da sind, nützt auch die höhere Attraktivität des Arbeitsplatzes wenig.
Diese Gesichtspunkte müssen in eine Diskussion über Arbeitszeit einfließen. Diese muss von Arbeitgebern wie Gewerkschaften sachlich und unvoreingenommen geführt werden. Es gibt genügend Beispiele in der Praxis, die zeigen, dass es möglich ist, die Interessen beider Seiten angemessen zu berücksichtigen.

Mittwoch, 31. Mai 2023

Warum brauchen wir wertschätzende Führung?

Weil Führung systematisch entpersonalisiert wird 

Wenn man eine Geschichte der Führung in Unternehmen schreiben wollte, käme man nicht umhin, einen Trend zum Verlust hin festzustellen. Führung scheint zunehmend verloren zu gehen. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Führen keine geliebte Tätigkeit ist. Es ist für viele zwar reizvoll eine Führungsposition zu haben, Chefin zu sein, im Organigramm aufzutauchen, aber die damit zusammenhängende Führungsarbeit wird dann gerne eher nebenher gemacht. Unter anderem dieser Effekt hat dazu geführt, dass eine Reihe von Instrumenten entwickelt wurde, die die Führungskräfte bei diesem Teil ihrer Arbeit entlasten sollen. Die Zunft der Personalerinnen und Personaler - unterstützt von einer Heerschar von Beratern - hat einen wesentlichen Teil dazu beigetragen diesen Trend zu befeuern.
Darüberhinaus unterliegt die Führungsarbeit, wie alle anderen Arbeiten in Unternehmen auch, dem Druck der Optimrung und Rationalisierung. 

Mittwoch, 10. Mai 2023

Organisationen sollen sich ändern

Warum ist die staatliche Organisation nicht veränderungsfähig?

Wir haben in der jüngeren Vergangenheit mehrfach erlebt, dass der Föderalismus in unserem Land an seine Grenzen kommt - vorsichtig formuliert. Was bei der Gründung der Bundesrepublik sinnvoll gewesen sein mag, ist es aus meiner Sicht heute nicht mehr.
Wir sehen heute eine Breite von Themen, für die der Föderalismus angemessene Lösungen spürbar erschwert oder gar verhindert: Bildungspolitik, innere Sicherheit, Pandemievorsorge und -bekämpfung, Katastrophenschutz, Flüchtlinge, Klimaschutz, um nur einige zu nennen.

Aber Föderalismus ist hierzulande ein Tabuthema. Keine verantwortliche PolitikerIn stellt ihn in Frage.

Noch nicht einmal die Schwerfälligkeit und unangemessene Langsamkeit föderaler Abstimmungsprozesse stört die Verantwortlichen.
Die Frage, wieviel föderale Struktur ist nötig und wie könnten Alternativen aussehen, muss dringend diskutiert werden.

Montag, 24. April 2023

Führung und selbstbestimmte Arbeit

Passt das zusammen?

Wird Führung überflüssig? Auf den ersten Blick scheint es die logische Konsequenz der Forderung nach selbstbestimmter und selbstorganisierter Arbeit zu sein. Wenn sich die Beschäftgten in Teams, wie es meist gefordert wird, selbst führen sollen, dann scheint es keinen Bedarf mehr für eine Führungskraft zu geben. Aber wir merken schon an der Wortwahl, ganz ohne führen geht es nicht und so scheint vordergründig auch vor allem die Rolle der Führungskraft in Frage gestellt zu werden. Gerne wird das kombiniert mit der Forderung nach weniger oder möglichst gar keiner Hierarchie.

Mittwoch, 12. April 2023

Selbstbestimmung

Wie weit ist selbstbestimmte Arbeit möglich?

Das Wörtchen selbst hat Hochkonjunktur. Vor allem im Zusammenhang mit zukunftstauglichen Arbeitsbedingunen wird ein - so scheint es zuweilen - Höchstmaß an Selbstbestimmung und Selbstorganisation gefordert.

Es scheint, als ob mit der andererseits beklagten zunehmenden Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit - die eigentlich eine zunehmende Einschränkung der persönlichen Einflußnahme mit sich bringt - eine Sehnsucht wächst sich dieser Entwicklung zumindest mit der Forderung nach mehr Selbstbestimmung entgegen zu stemmen.

Freitag, 31. März 2023

Warum gibt es Bullshit?

Und was sagt die zunehmende Produktion von Bullshit über die Veränderung der Führungsrolle?

Welcher Strauß von blumiger Management-Lyrik rankt sich allein um Begriffe wie agil oder New Work?
Auch Innovation, Nachhaltigkeit oder Diversität eignen sich gut für wohlklingende Verlautbarungen ohne inhaltlich präzise Festlegungen. Gerade diese Eigenschaft trägt wesentlich zur Verbreitung von Bullshit bei. Was ließe sich auch dagegen einwenden, wenn die Personalchefin Diversität auf die Fahnen der HR-Abteilung schreibt oder der CEO mit großer Bestimmtheit Agilität einfordert, um das Innovationstempo zu erhöhen? Und wenn die Unternehmensleitung die agile Organisation ausruft, wird zunächst auch niemand nachfragen, was denn konkret damit gemeint sei, um nicht in den Ruf des Zweiflers oder Bedenkenträgers zu geraten.

Mittwoch, 22. März 2023

Credit Suisse - Trotz Versagens erhalten Manager noch üppige Bonuszahlungen

Wieder einmal wurde auf besonders krasse Weise deutlich wie fragwürdig an Prämien gekoppelte Zielvereinbarungssysteme sind. Obwohl die Bank sich schon massiv auf Talfahrt befand, wurden offensichtlich noch Boni an Manager gezahlt. Das ist kein Einzelfall. Im Editorial der Wirtschaftswoche vom 3.3. weist deren stv. Chefredakteur auf ein anderes Beispiel hin: "Vorstände füllen sich die Taschen, indem sie niedrig gehängte Ziele in Sachen "Environmental, Social, Governance" locker erreichen..."
Zielverienbarungssysteme werden seit jeher genutzt, um persönliche Interessen zu befriedigen. Den Unternehmensinteressen dienen sie, wenn überhaupt, nur sekundär.
Darum:

Zielvereinbarungssysteme gehören abgeschafft

Sie fördern Egoismus
Sie behindern Flexibilität
Sie verursachen Aufwand
Ziel"vereinbarungen" sind ein Widerspruch in sich
Zielpyramiden funktionieren nur in der Theorie
Um mit Zielen zu führen, braucht man keine wuchtigen Systeme
Zielvereinbarungssysteme priorisieren nur einen Teil eines Aufgabensprektrums und tragen so dazu
bei, dass andere Anfgaben vernachlässigt werden.

Das alles ist lange bekannt. Warum ändert sich dann nichts? Ganz einfach, wenn die, die für den Einsatz der Systeme verantwortlich sind, geichzeitig auch davon profitieren, werden sie sie nicht abschaffen wollen.

Ausführlichere Gedanken dazu in meinem Buch Rettet die Führung, tredition, 248 S., als Print oder E-Book erhältlich überall, wo es Bücher gibt.

Sonntag, 5. März 2023

Was hat das mit Führung zu tun?

Amazon darf weiterhin Handscanner einsetzen, mithilfe derer bestimmte Arbeitsschritte innerhalb der jeweiligen Prozesspfade von Warenein- bis Warenausgang erfasst werden. Das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten überwiegt hier nicht das unternehmerische Interesse von Amazon. Das hat das VG Hannover entschieden (Urt. v. 9.2.2023 – 10 A 6199/20; PM v. 14.2.2023). 

Donnerstag, 23. Februar 2023

Pilotprojekt Vier-Tage-Woche

Kommt der Applaus nicht etwas zu früh?

Das Pilotprojekt in Großbritannien, vier Tage arbeiten zum gleichen Lohn wie bei einer Fünf-Tage-Woche, kann offensichtlich als Erfolg bewertet werden. Die Mehrzahl der Beteiligten will an dem Konzept festhalten. In der Tat gibt es etliche positive Ergebnisse. Der Umsatz stieg, die Fehlzeitenquoten sanken deutlich und auch die Kündigungsrate ging spürbar zurück. Überdies suchten die Beschäftigten in den beteiligten Unternehmen selbst nach Wegen, um die Produktivität zu steigern.
Das alles klingt nicht nur gut, dieses Projekt muss auch als ernstzunehmender und gelungener Versuch gewertet werden, Arbeitsgedingungen zukunftsgerecht zu gestalten. Es zeigt einmal mehr, dass die Arbeitszeit ein Gestaltungsfeld ist, dass noch lange nicht fertig bearbeitet ist.

Freitag, 17. Februar 2023

Wie kann es sein, dass man Menschen im Privatleben den Kauf von Häusern und Autos zutraut, aber am Arbeitspatz nicht mal ein Bürostuhl ohne Genehmigung angeschafft werden darf?

Oder: Warum ist die Empowerment-Bewegung eingeschlafen?

Den obigen Spruch kenne ich aus den 90'er Jahren, als wir mit viel Herzblut die Empowerment-Philosophie im Unternehmen etablieren wollten. Nun habe ich ihn wieder in einem Twitter-Post gelesen. Auch die dahinterstehende Idee, erlebt wieder eine gewisse Konjunktur. Unter den Modeetiketten New Work und Agil taucht auch immer wieder die Forderung auf, den Beschäftigten zu vertrauen, sie selbstständig und selbstbestimmt arbeiten zu lassen. Um dies zu realisieren muss die Hierarchie mindestens reduziert oder im Idealfall durch autonome Teams, die in Netzwerken mteineander kooperieren, ersetzt werden. Gar von Serving Leadership - dienender Führung - ist wieder die Rede.

Sonntag, 5. Februar 2023

Warum erscheinen uns Organisationen manchmal wahnsinnig?

Lesetipp: Stefan Kühl, "Der ganz formale Wahnsinn"

Allen, die bereit sind, aktuelle Managementmoden und allzu griffige -rezepte zu hinterfragen und sich dem kühlen (und manchmal spöttischen) Blick eines Soziologen auf Organisationen auszusetzen, denen sei dieses Buch zu empfehlen. Es ist in kurze Kapitel gegliedert und lexikonartig nach Stichworten geordnet. Insofern muss es nicht am Stück gelesen werden. Man kann sich die jeweils interessierenden Begriffe herauspicken. Die Artikel sind prägnant und eingängig geschrieben. Stefan Kühl kann, im Gegensatz zu einigen anderen seiner Zunftgenossen, Sachverhalte auch schon beim ersten Lesen verständlich vermitteln.

Stefan Kühl, Der ganz formale Wahnsinn, 111 Einsichten in die Welt der Organisationen, 283 S.
Verlag Franz Vahlen

Donnerstag, 19. Januar 2023

Das falsche Bild vom Wandel

 Wandel ist nicht pers se positiv und er ist auch nicht immer beeinflussbar

Wir müssen uns nur anstrengen - Wandel ist möglich
So oder ähnlich lasssen sich viele Sinnsprüche von Change-Predigern zusammenfassen. Wandel wird Unternehmen wie eine Medizin verordnet, die garantiert heilsame Wirkung hat. Gegen den Wandel, dem Organisationen, aber auch wir als Individuen, ausgesetzt sind, der aus unserem Umfeld auf uns zukommt, wird als Gegenmittel nur die eigene Veränderung empfohlen. Wobei in Unternehmen schon ein regelrechter Chang-Druck ausgeübt wird. Sprüche wie der oben zitierte sorgen dafür, dass jeder sich in der Pflicht sehen soll, sich und seine Arbeit zu verändern. Wer auch nur leise hinterfragt, wird als Bedenkenträger abqualifiziert. An Bewährtem festzuhalten, ist verpönt. Dabei würde es manchmal helfen auf allzu schnelle Veränderungen mit bewährten Verfahren zu reagieren. Vor allem dann, wenn kurzlebige Moden mit substantiellem Wandel verwechselt werden. Manchmal ist es durchaus sinnvoll, bestehende Abläufe (erst einmal) beizubehalten, als sie vorschnell zu ändern.