Job-Leveling passt nicht mehr ins digitale Zeitalter
Laut einer Studie von Willis Towers Watson hinken Vergütungsstrukturen und Benefits-Programme noch hinter der digitalen Transformation hinterher. Nun ist WTW eine Vergütungsberatung und da wundert ein solches Studienergebnis natürlich nicht. Die sogenannte digitale Transformation ist für Beratungen eine ideale Steilvorlage. Nichts leichter als eine "Studie" auf den Weg zu bringen, in der die Befragten freimütig Auskunft geben, dass sie auf diesem oder jenem Gebiet noch "hinterherhinken". Selbstverständlich steht die beauftragende Beratung mit dem passenden Angebot für diese Defizite bereit.
Nur hat sich WTW in diesem Fall zwei denkbar unpassende Beispiele ausgesucht, wenn sie ausgerechnet Arbeitsplatzarchitektur und Job-Leveling als Instrumente anpreist, um eine agile und flexible Belegschaft zu fördern.
Allein der Begriff Arbeitsplatzarchitektur bringt schon zum Ausdruck, dass es sich hier um etwas Statisches handelt. Wer jemals mit Stellenbewertungssytemen, um den deutschen Ausdruck noch mal zu verwenden, zu tun hatte, der weiß, wie schwerfällig diese Gebilde sind. Ist ein solches System einmal im Unternehmen eingeführt, läßt es sich nur mit großem Aufwand veränderten Verhältnissen anpassen. Und wer einmal die Diskussionen in einer vorgeblich analytischen Stellenbewertung miterlebt hat, der weiß wie schnell diese sich hin zur Summarik aufweicht.
Es ist ja Mode auf Start-Ups zu schauen. Würde ein Start-Up, das sich gerade im Aufbau befindet, auf die Idee kommen, sich mit Job-Leveling oder Arbeitspatzarchitektur zu beschäftigen? Mit Sicherheit nicht. Wenn eine neue Mitarbeiterin gebraucht wird, wird man "auf dem Markt" recherchieren, wie der zu besetzende Job so gehandelt wird, die Bewerber nach ihren Ist-Einkommen fragen und schauen, ob das ins Budget passt.
Folglicherweise gibt es auch viele Unternehmen, durchaus nicht nur Kleinbetriebe, die kommen sehr gut ohne diese aufwendigen Systeme aus. Und die legen ihre Gehälter nicht mit dem Würfelbecher fest. Eine transparente (!) und verläßliche Entgeltstruktur setzt nicht unbedingt eine differenzierte Arbeitsplatzarchitektur voraus.
Stellenbeschreibungen, Stellenbewertungen und darauf aufbauende Systeme sind aufwendig und schwerfällig. Wenn man flexibel bleiben will, kann man mit Gehaltsbandbreiten für Positionsgruppen arbeiten. Unternehmen, die einem Tarifvertrag angehören, bekommen eine Entgeltstruktur sowieso "mitgeliefert". Ansonsten gibt es Dank Internet genügend Möglichkeiten, sich über Vergütung zu informieren. Letztendlich bekommt man durch BewerberInnen vermittelt, was man bieten muss.
Man sollte auch nicht dem Mythos angeblich motivationsfördernder variabler Entgeltbestandteile - die gewöhnlich auch nicht ohne Aufwand zu berechnen sind - verfallen oder sich einen modischen Bauchladen schön klingender Benefits aufschwatzen lassen.
Wer wirklich agil sein und bleiben will, der hat gerade bei der Vergütung die Chance Balast abzuwerfen und bei den Mitarbeitenden mit einem einfachen, transparenten und fairen Modell zu punkten.
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