Amazon darf weiterhin Handscanner einsetzen, mithilfe derer bestimmte
Arbeitsschritte innerhalb der jeweiligen Prozesspfade von Warenein- bis
Warenausgang erfasst werden. Das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten
überwiegt hier nicht das unternehmerische Interesse von Amazon. Das hat
das VG Hannover entschieden (Urt. v. 9.2.2023 – 10 A 6199/20; PM v.
14.2.2023).
Aus den Daten, die mit dieser Technik erzeugt werden, lassen sich zwangsläufigerweiese Rückschlüsse auf das Leistungsverhalten der Beschäftigten ziehen. Unabhängig davon, wie man dieses Urteil bewerten mag, stellt sich hier die Frage, wie sich durch diese Entwicklung Führungsverhalten verändert. Gerade auch der Logistkbranche lassen sich weitere ähnliche Beispiele anführen. Wir empfinden es als komfortabel, wenn wir vom Paketlieferservice ein Zeitfenster bekommen, in dem unser Paket zugestellt wird. Gleichzeitig aber ist dieses System ein ideales Instrument, die Arbeit des Zustellers zu erfassen und damit auch zu kontrollieren. Auch wenn bei uns diese Bestrebungen in Grenzen gehalten werden, die Digitalisierung wird diese Entwicklung vorantreiben.
Wie alle Aktivitäten in Unternehmen, die der Leistungserstellung dienen, unterliegt auch das Führungsverhalten Rationalisierungs- und Optimierungsbestrebungen. Führung soll sich möglichst wirkungsvoll auf die Leistungserstellung auswirken. Grundlage dafür ist eine möglichst weitgehende Quantifizierung aller Schritte des Leistungserstellungsprozesses. Prozesse werden in möglichst kleine Arbeitsschritte zerlegt, die dann mit dem entsprechenden Instrumentarium - hier Handscanner - erfasst und ausgewertet werden können.
Diejengen, die die diese Arbeit ausführen, brauchen dann nur noch an Zahlen gemessen werden. Es wird eine Zielgröße vorgegeben und je nachdem, ob diese erreicht wird, ist die Arbeit gut oder schlecht.
Führung wird reduziert auf die Kontrolle von Kennziffern. Wenn man sich vor diesem Hintergrund bewußt macht, dass viele Führungskräfte sich schwer tun, mit Kritik, aber auch mit Lob, dass falsch geführt wird, aber auch zuweilen die Falschen führen, dann kann man sich vorstellen, dass Führung hier auf der Strecke bleibt. Hinzurechnen muss man noch den Zeitdruck, dem viele Arbeitsprozesse unterworfen sind, der diesen Trend von Entpersonalisierung der Führung noch verstärken wird. Es wird dann nicht mehr gefragt, warum gut oder schlecht gearbeitet wird, es wird nur noch mit dem Hinweis auf die Zahlen Druck gemacht.
Im übrigen ist dieses Prinzip nicht neu. Es lag schon der Akkordarbeit zugrunde. Allein schon deshalb sollte man es nicht als Schwarzmalerei abtun. Es zieht sich durch die gesamte industrielle Entwicklung und wird mit jeder technologischen Entwicklung neu belebt.
Man sollte das Argument auch nicht mit dem lockeren Hinweis beiseite schieben, das beträfe ja nur Routinetätigkeiten, die im Zuge der Digitalisierung sowieso verschwinden würden. Warum gab es dann mit der Corona bedingten Home Office Blüte einen Boom der sogenannten Kontroll-Software?
Es geht hier auch nicht darum Digitalisierung schlecht zu reden. Wie jede technische Entwicklung, wird auch sie genutzt, Führungsarbeit zu rationalisieren. Man muss sich nur über die Konsequenzen im Klaren sein.
Was als Entlastung von oder bei der Führungsarbeit noch positiv klingt, trägt mit dazu bei, dass Führung zunehmend nicht mehr persönlich ausgeübt, sondern an Systeme delegiert wird.
Mehr dazu in: Rettet die Führung, Armin Zisgen, erhältlich als Print oder E-Book überall wo es Bücher gibt oder direkt bei: www.tredition.de
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