Oder: Warum ist die Empowerment-Bewegung eingeschlafen?
Den obigen Spruch kenne ich aus den 90'er Jahren, als wir mit viel Herzblut die Empowerment-Philosophie im Unternehmen etablieren wollten. Nun habe ich ihn wieder in einem Twitter-Post gelesen. Auch die dahinterstehende Idee, erlebt wieder eine gewisse Konjunktur. Unter den Modeetiketten New Work und Agil taucht auch immer wieder die Forderung auf, den Beschäftigten zu vertrauen, sie selbstständig und selbstbestimmt arbeiten zu lassen. Um dies zu realisieren muss die Hierarchie mindestens reduziert oder im Idealfall durch autonome Teams, die in Netzwerken mteineander kooperieren, ersetzt werden. Gar von Serving Leadership - dienender Führung - ist wieder die Rede.
Ich will hier nicht polemisieren oder gar den Empowerment-Ansatz diskreditieren. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass in Organisationen Entscheidungen an den Stellen getroffen werden müssen, die die Kompetenz dafür haben und nicht möglichst zentral und so weit oben wie möglich. Es ist ein elementarer Teil einer Führungsaufgabe, die Mitarbeitenden in den Stand zu versetzen - zu empowern - eingenständig und eigenverantwortlich zu arbeiten und zu entscheiden.
Doch warum funktioniert es nicht? Abgesehen von den wohltuenden Ausnahmen, die es durchaus oder phasenweise gibt. Warum verschwinden diese Ideen wieder nachdem sie eine mehr oder minder kurze Modesaison überdauert haben?
Zunächst muss man auf die immer noch zahlreichen Beispiele falscher, schlechter Führung hinweisen, die es leider immer (noch) gibt. Es wird aber nicht nur falsch geführt, oft führen auch die Falschen. Manche Führungskräfte gehören einfach nicht dorthin, wo sie sind. Gerade an denen prallen Ideen ab, die versuchen, wertschätzende Führung zu realisieren.
Dann ist eine Entwicklung zu beobachten, die geradezu darauf ausgerichtet ist, Empowerment zu verhindern. Amazon setzt in seinen Logistikbetrieben Handscanner ein, mit deren Hilfe bestimmte Arbeitsschritte innerhalb der Wareneingangs- und Warenausgangsprozesse erfasst werden. Natürlich dienen die der Steuerung der Prozesse, aber sie werden offensichtlich auch zur Erfassung der Leistung der Beschäftigten genutzt.
Warum gab es zu Beginn der Corona bedingten Home-Office Phase einen Boom an sogenannter Kontrollsoftware? Auch wenn diese Entwicklung hierzulande vielleicht noch nicht so ausgepägt ist, ist sie nicht mehr weg zu diskutieren. Warum gab es in dieser Zeit auch immer wieder kritische Anmerkungen zur sogenannten hybriden Arbeit?
Aus diesen Beobachtungen kann man zwei Thesen destillieren:
- Führungsarbeit unterliegt, wie jede andere Arbeit auch, dem Rationalisierungs- und Optimierungsantrieb, ohne den keine ergebnisorientierte Organisation existieren kann. Daraus folgt eine Entpersonalisierung von Führung. Führung wird nicht mehr persönlich ausgeübt, sondern durch Systeme. Empowerment der Beschäftigten ist dann nicht mehr möglich.
- Trotz aller vollmundigen Bekundungen, die wirklich vertrauensbasierte Zusammenarbeit ist und bleibt ein schwieriges Thema. Der Spruch Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser hat immer noch nicht ausgedient.
Vielleicht trägt auch die oben zitierte Management-Lyrik unbewußt ihren Teil dazu bei, dass das Empowerment-Gedankengut nicht richtig Tritt fasst. Die eingängigen Sprüche suggerieren, dass doch eigentlich nicht viel dazu gehört, gut zu arbeiten. Eigentlich.......
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen