Geht das? Viele bestehende und auch lang anhaltende Freundschaften zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern beweisen, dass es geht. Wenn man die Frage stellt, artikuliert man die Zweifel allerdings gleich mit. Und es gibt ja in der Tat auch die Gegenbeispiele.
Die erste Variante in diesem Thema ist der Fall, wenn in einer freundschaftlichen Kollegenbeziehung einer oder eine Chef wird und der oder die andere Mitarbeiter, "Nachgeordneter", wie es so schön heißt. Natürlich hat man sich bisher geduzt, mit den anderen Kollegen möglicherweise nicht. Da die Freundschaft sehr wahrscheinlich bei den anderen bekannt ist, sollt man auch weiterhin keinen Hehl daraus machen und in keinem Fall versuchen sie krampfhaft zu vertuschen. Ich habe einmal die Situation erlebt, dass ein Chef einen Mitabeiter neu eingestellt hat, mit dem er auch schon vorher befreundet war. Abgesehen davon, dass ein derartiges Vorgehen "ein Gerüchle" haben kann, haben beide versucht nach außen hin so zu tun als hätten sie eine normale Chef-Mitarbeiter-Beziehung. Bei Besprechungen und in Gegenwart von anderen haben sie sich beispielsweise mit Sie angeredet, sonst geduzt. Es ist natürlich naiv zu glauben, das würden die anderen nicht merken. Im Laufe der Zeit wurde auch spürbar, dass der neue Kollege vom Chef wohlwollender behandelt wurde, wie die anderen Mitarbeiter.
Damit sind schon die zwei Kardinalfehler angesprochen, die man in einer solchen Konstellation machen kann. Man sollte also mit seiner Freundschaft genauso natürlich und offen umgehen, wie man es bisher getan hat. Auch das Du braucht man nicht zu vertuschen (S. dazu mein Post von Oktober 2012) und es auch nicht allen anderen sozusagen zum Ausgleich anbieten. Es ist aus meiner Sicht auch nicht notwendig in der Abteilungsversammlung da Thema extra anzusprechen. Wenn beide im Alltag seriös damit umgehen, nehmen das die Kollegen schon wahr. Schwieriger ist es dann vielleicht schon die Freundschaft nicht zum gegenseitigen Vorteil auszunutzen. Weder kann der Chef seinen Freund bevorzugen, noch kann dieser irgendwelche Vergünstigungen erwarten. Der Vorgesetzte kann auch dem befreundeten Mitarbeiter nicht besonders viel Arbeit aufhalsen, weil er meint, als Freund könne er ihm das nicht abschlagen. Fallstricke gibt es in einer solchen Beziehung also genug. Man sollte allerdings auch davon ausgehen, dass man in einer bewährten Freundschaft damit umgehen kann. Muss es tatsächlich schwieriger sein, mit einem Freund ein Kritikgespräch zu führen? Es kann aber helfen, wenn sich beide offen über diesen Aspekt ihrer Beziehung austauschen und vielleicht auch Grenzen der jeweiligen Rollen Freund/Chef/Mitarbeiter festlegen. Was in keinem Fall aber sein darf, dass der Chef nun seinen Kumpel mit Informationen versorgt, die er normalerweise an Mitarbeiter nicht weitergeben darf, zum Beispiel über andere Kollegen.
Es gibt aber noch eine zweite Variante in diesem zwischenmenschlichen Beziehungsspiel. Zwischen Chef und Mitarbeiter entwickelt sich eine Freundschaft neu. Natürlich sollte auch das nicht ausgeschlossen sein. Doch gerade aus der Sicht des Vorgesetzten sollte man eine derartige Freundschaft sich langsam und mit freundlicher Distanz entwickeln lassen. Der Mitarbeiter wird die Sympathie seines Chefs immer dankbar annehmen. Doch das hat noch nichts mit Freundschaft zu tun. Gerade in dieser Situation kann es nichts schaden, sich einmal die Frage zu stellen, was Freundschaft wirklich ausmacht.
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