Im Rahmen der aktuellen Diskussion um mehr Partizipation und Demokratie in Unternehmen kommt ein Begriff so gut wie nicht vor: Mitbestimmung. Dabei haben wir in Deutschland eine seit Jahrzehnten bestehende und auch bewährte institutionalisierte Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Wir haben Betriebsräte, die von den Arbeitnehmern gewählt, deren Interessen vertreten und sogar gesetzlich festgelegte Mitwirkungs- und Informationsrechte haben. Und in nicht wenigen Unternehmen haben diese eine starke Stellung. Wir haben mächtige Gewerkschaften, die mit einem Streikrecht ausgestattet sind und die für die Arbeitsbedingungen streiten. Dies alles wird in der aktuellen Diskussion ignoriert.
Die Gewerkschaften selbst halten sich offensichtlich - und aus nachvollziehbaren Gründen - auch raus. Jede, an der institutionalisierten Arbeitnehmervertretung vorbei sich entwickelnde, Erhöhung der Partizipation könnte ja deren Position schwächen. Dabei täten die Gewerkschaften gut daran, sich an der Diskussion zu beteiligen. Vor allem könnten sie sich und den Betriebsräten die Frage stellen, was verändert werden müsste, damit sich wieder mehr Beschäftigte durch sie verteten fühlen. Auch die Gewerkschaften haben nicht mehr den Zuspruch wie in früheren Zeiten, insbesondere bei den jüngeren gut ausgebildeten Arbeitnehmern tun sie sich schwer. Die nehmen in den Betrieben ihr Schicksal meist selbst in die Hand und vertreten ihre Interessen selbst ohne den Betriebsrat in Abspruch zu nehmen. Sie sehen keinen Vorteil darin Mitglied in einer Gewerkschaft zu sein. Die Gewerkschaften haben aber möglicherweise noch einen anderen Grund sich nicht an der Demokratisierungsdiskussion zu beteiligen. Sie merken, dass die von den Mehrheiten in den Belegschaften gar nicht mitgetragen wird. Dass es ihnen weniger auf die Überwindung der Hierarchie ankommt als auf die Entlastung von hohen Anforderungen. Doch die Gewerkschaften reagieren darauf mit der üblichen Forderung nach Reglementierung, durch Gesetze oder durch Tarifverträge.
Tatsächlich ist die Frage interessant, wo diese Diskussion eigentlich herkommt. Nach meinem subjektiven Eindruck kommt sie nicht aus der Mitte der Belegschaft. Die ist zunächst daran interessiert, die eigenen Arbeitsbedingungen nach ihren jeweiligen individuellen Interessen zu beeinflussen - was auch legitim ist. Die Arbeitgeberseite stand auch noch nie an der Spitze einer Bewegung für mehr Demokratie und Partiziptation in den Betrieben. Man landet also wieder bei den selbsternannten Gurus, die versuchen einen neuen Trend zu plazieren. Um was geht es denen? Darum ihre persönliche Eitelkeit zu befriedigen? Haben sie wirklich das Wohl der Beschäftigten im Auge? Oder wollen sie ein neues Beratungstool verkaufen, um betriebswirtschaftliche Effizienz zu erhöhen? Mit diesen Fragen könnten sich auch die Gewerkschaften einmal beschäftigen.
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