Integrität - Diese Eigenschaft steht an der Spitze bei der Führungskräftebefragung 2014 der Wertekommission. Sie hat Vertrauen und Verantwortung verdrängt. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass Führungskräfte und natürlich auch Mitarbeiter integer sind. Um so erstaunlicher ist es, dass eine Selbstverständlichkeit dann auf Platz 1 landet - offenbar ist das Ausdruck einer Differenz zwischen Abspruch und Wirklichkeit. Nach diversen Erlebnissen in der Vergangenheit - auch im politischen Raum - von daher wieder erklärbar. An letzter Stelle rangiert Mut - seit 2006 immer abgeschlagen auf dem letzten Platz. Das muss nicht wirklich erstaunen. Allem Gerede vom Querdenkertum zum Trotz, Mut ist keine Eigenschaft, die in Unternehmen und auch in anderen Organisationen wirklich gewollt ist. Alles wird geregelt, in Prozesse und Workflows eingepasst - oder soll ich schreiben gezwängt? - mit Messgrößen hinterlegt und durch Zielvereinbarungssysteme kontrolliert. Mutiges Verhalten kann da möglicherweise nur stören. Und im Zeifelsfall gibt es immer noch die Meinung des Herrn Direktors.
Gerade die in den letzten Jahren entstandenen Complianceregeln erzeugen durch ihre Detailliertheit mehr Unsicherheit als dass sie zur Eigenständigkeit und Entscheidungsfreude beitragen. Eigentlich sollte eine verantwortlich handelnde Führungskraft soviel Gewissensschärfe besitzen, dass sie weiß, was gut und richtig ist. Aber damit wiederhole ich mich.
Es gibt aber noch andere bemerkenswerte Ergebnisse aus dieser Befragung. Besonders großer Wert wird von den Befragten auf Wertschätzung und Personalentwicklung gelegt. In ihrer Realtiät erleben sie aber etwas Anderes. Hier spüren sie die ausgeprägte Differenz zwischen Leistungsorientierung und Wertschätzung. Offensichtlich erleben sie, dass bei einer betonten Leistungsorientierung die Wertschätzung verloren geht. Dabei müssen das keine Gegensätze sein. Aus der Befragung geht auch hervor, dass die intrinsische Motivation steigt, wenn die Beschäftigten Wertschätzung und Personalentwicklung erfahren. Sie sind unter diesen Bedingungen also sogar leistungsfähiger und identifizieren sich mehr mit ihrer Arbeit und ihrem Unternehmen. Leider ist der Glaube immer noch unausrottbar, dass eine ordentliche Bonusregelung und eine attraktive Firmenwagenregelung schon ausreichen, um die Mitarbeiter bei Laune zu halten.
Bleibt zum Schluß noch die Frage: Bei den Befragten handelt es sich um Führungskräfte aus allen Hierarchiestufen. Wenn sie Wertschätzung als defizitär empfinden, wie halten sie es selbst damit? Sie haben es in der Hand ihren Mitarbeitern Wertschätzung zu zeigen und etwas für deren Personalentwicklung zu tun. Auch hier gilt das alte biblische Wort: Ehe man den Splitter im Auge des Nachbarn sucht, sollte man den Balken im eigenen Auge sehen.
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