Dienstag, 19. August 2014

Work-Life-Balance

Was ist das richtige Mass für das Verhältnis zwischen Einsatz im Job und Zeit für die Familie? Diese Frage hat mir neulich ein jüngere Führungskraft gestellt, um von mir aus meiner rückblickenden Erfahrung eine hilfreiche Antwort zu bekommen. Spontan habe ich ihm geantwortet, da müsste er meine Frau oder meine Kinder fragen, wie weit es mit gelungen ist, diese Balance zu halten. Realistischerweise müsste ich zugestehen, dass die Waage auch über längere Phasen oft nicht im Gleichgewicht war.
Man sollte und kann diese Frage nicht mit einem Rezept beantworten, wie etwa: maximal 45 Stunden in der Woche, dann sollte Schluss sein. Dazu ist die Antwort in zuviele individuell unterschiedliche Rahmenbedingungen eingebettet. Eine der wichtigsten: wie ist die Meinung/Haltung des Partners, der Partnerin dazu? Wollen beide Karriere machen? Wo liegen die jeweiligen Belastungsgrenzen?
Gewiss kann und muss man diese Fragen am Anfang der Beziehung und der Karriere diskutieren. Man muss sich aber auch darüber im klaren sein, dass man manche Fragen, wie etwas die nach der Belastungsgrenze, erst später realistisch beantworten kann und, dass auch hier die Quadratur des Kreises micht möglich ist. Ohne Kompromisse, ohne Zurückstecken von mindestens einem Beteiligten - meistens einer Beteiligten - geht es nicht. Bei Jubelreden auf verdiente Manager wird dann der Gattin mit den Worten gedankt: Sie hat mir den Rücken frei gehalten.
Hinter der Frage steckt auch die Sorge, wie es in der Organisation wirkt, wenn man versucht, seine Arbeitszeit so zu gestalten, dass auch noch Zeit für die Familie oder die privaten Interessen übrig bleibt. Die Frage ist ja durchaus auch singlerelevant. Falle ich negativ auf, wenn ich pünktlich nach Hause gehe. Auch wenn viele Unternehmen sich in ihrer Aussendarstellung mittlerweile familienfreundlich geben, sollte man in der Tat Sensibilität dafür entwickeln, wie der Arbeitgeber und vor allem der eigen Chef in dieser Frage tickt. Es ist schwierig, wenn man einen Workaholic vor sich hat, der ohne Rücksicht auch am Wochenende noch mails beantwortet haben will oder gar zur sonntäglichen Kaffeezeit am Handy ist. Da hilft nur eins: abschalten.
Wenn man das Gefühl hat, ich mache einen ordentlichen Job, ich erfülle meine Aufträge, es bleibt nichts liegen - bzw. das, was liegen bleibt, kann ich verantworten - ich habe mein Aufgabengebiet im Griff, dann kann man getrost auch private Aspekte in die Arbeitszeitgestaltung einbeziehen. Doch Vorsicht: diese Einschätzung ist subjektiv. Das Gefühl haben die meisten von sich. Wichtig ist, ob das der Chef auch so sieht. Darüber sollte man in jedem Fall mit ihm reden, Feedback einfordern. An der Stelle können Zielvereinbarungssysteme sogar hilfreich sein. Wenn die Ziele erfüllt werden, fallen wesentliche Kritikpunkte schon mal weg. Wenn das Pensum aber wirklich zu hoch ist, wenn auch die Kollegen stöhnen, dann sollte man erst recht das Gespräch suchen. Er muss es in jedem Fall wissen auch wenn er vielleicht nicht direkt Besserung in Aussicht stellen kann oder will - gerade dann.
Wenn man sich für die Karriere entscheidet, sollte man aber auch wissen, dass man nicht immer auf die Uhr schauen kann. Irgendwann reichen die 40 Stunden tatsächlich nicht mehr. Einen außertariflichen Vertrag anzustreben und wie ein Sachbearbeiter arbeiten zu wollen, geht auch nur begrenzt.
Einige Erfahrungen, wie man die Arbeitssituation trotzdem erträglicher gestalten kann beim nächten Mal.


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