Zwei widersprüchliche Antworten hält der Harvard Business manager, Edition 4/2013, parat. Von S. 54 - 58 singen zwei amerikanische Professoren das alte Lied der erfolgsabhängigen Vergütung, variiert immerhin durch die, mit Studien untermauerte, Erkenntnis, dass man nicht alle Vertriebsleute bei der Vergütung über einen Kamm scheren kann. Für jemanden, der sich schon mal konzeptionell mit Vergütungsthemen beschäftigt hat, ist auch das allerdings keine revolutionäre Erkenntnis. Die beiden empfehlen unteschiedliche Bonusregelungen für Starverkäufer, "Solide Performer" und "Nachzügler". Man braucht nicht auf die Details einzugehen, um auch bei diesem Vorschlag die klassischen und vielfach bewährten Nachteile erfolgsabhängiger Vergütungsmodelle aufzuzeigen.
Die Komplexitätsspirale. Erfolgsabhängige Entlohnungsmodelle - egal für welche Zielgruppe sie gedacht sind - sind immer aufwendiger wie fixe Vergütungen. Hat man sich auf das Feld begeben, wird man sehr schnell feststellen, dass man für verschiedene Beschäftigtengruppen unterschiedliche Modelle braucht. Die Fertigung braucht etwas anderes wie der Vertrieb und das Rechnungswesen wird reklamieren, dass es nicht mit denselben Massstäben gemessen werden kann und will, wie der Vertrieb. Und selbst innerhalb der homogenen Gruppe Vertrieb gibt es dann unterschiedliche Erwartungen, wie die Herrn Professoren herausgefunden haben. Somit werden die Systeme immer aufwendiger und komplizierter.
Die Motivationsfalle. Extrinsische Motivationsbemühungen wirken meist nicht nachhaltig. Insbesondere dann nicht, wenn auch keine intrinsische Motivation vorhanden ist. Doch der Glaube an die motivierende Wirkung von erfolgsabhängigen Bezahlungen, vor allem in Vertriebsorganisationen, ist unausrottbar. Dabei zeigt der erwähnte Artikel nur zu deutlich, dass man sich ständig etwas Neues einfallen lassen muss, will man die Verkäufer bei Laune halten. Die Prämien müssen kontinuierlich attraktver werden sonst läßt ihre Wirkung sehr schnelk nach, besonders bei den sogenannten Stars.
Was den einen motiviert, kann den anderen demotivieren. Selbst wenn das Etikett "Solider Performer" wohlklingend erscheint, wird es manche in dieser Gruppe geben, die sich besser einschätzen. Erst recht bei "Nachzüglern". Abgesehen von der Problematik, wie die Grenzen zwischen diesen Gruppen überhaupt festgelegt werden, wird die Einstufung auch Demotivation und Resignation auslösen.
So scheinen die Autoren denn auch selbst nicht restlos von ihrem Rezept überzeugt zu sein. Um die Nachzügler anzuspornen, empfehlen sie immer genügend bessere Nachwuchsleute verfügbar zu haben, um damit "natürlichen sozialen Druck", wie sie es nennen auf die Minderleister auszuüben.
Was ist problematisch an dieser Art der Motivation? Führung wird hier reduziert auf das Vergütungsmodell, auf die Anwendung bestimmter Werkzeuge. Damit wird auch der Beschäftigte reduziert auf ein mechanisches System. Ich muss nur an den richtigen Schrauben drehen und alles funktioniert. Andere Faktoren, wie etwa der persönliche Einfluß der Führungskräfte werden nicht betrachtet. Dieser Ansatz geht davon aus, dass die Beschäftigten von sich aus keine Motivation mitbringen, ihre Arbeit engagiert und ordentlich zu leisten.
Gott sei Dank läßt die Zeitschrift auf S. 74 - am Ende und nur über zwei Seiten aber immerhin - unter der Überschrift "Weg mit den Provisionen" auch die gegenteilige Position zu. Der Autor fordert in seinem Kommentar Provisionsmodelle grundsätzlich zu hinterfragen. Auch er hat Beispiele von Unternehmen, die sie ganz abgeschafft oder durch eine schwerpunktmäßig fixe Bezahlung, ergänzt durch einen kleinen variablen Teil, der an Unternehmenskennzahlen gekoppelt ist, ersetzt haben. Ein in meinen Augen vernünftiges Vorgehen.
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