Mittwoch, 12. März 2014

Work-Life-Balance

Was bedeutet Work-Life-Balance wirklich? Klar, die Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Privatleben. Eine Definition dazu wird heutzutage nicht nur jeder Personaler im Schlaf auswendig herbeten können. Ist das aber im Alltag wirklich konsequent umsetzbar? Vergangene Woche war im Fernsehen eine Reportage zu sehen, die einige Tage den Alltag von vier Frauen begleitete, die "trotz" Familie - eine davon mit vier Kindern - höherrangige Führungspositionen inne hatten. Würde man diese Frauen fragen, ob ihre Work-Life-Balance in Ordnung wäre, würden sie sehr wahrscheinlich zustimmen. Dem Augenschein nach war auch in allen vier Familien der Alltag, mit entsprechender externer Unterstützung, gut im Griff. Aber ist das wirklich Work-Life-"Balance"?
Sind hier wirklich Beruf und Privatspähre ausgeglichen, halten sie sich die Waage?
Ich meine, nein. Hier ist mehr Work wie Life. Können die beiden Bereiche überhaupt ausgeglichen sein? Möglicherweise dann, wenn man in einem Teilzeitarbeitsverhältnis oder in einer sonstigen flexiblen Beschäftigungssituation tätig ist. In einem herkömmlichen Vollzeitjob, erst recht als Manager, dürfte das kaum zu realisieren sein. Nicht umsonst zeigen sich Manager bei entsprechenden Anlässen ihren Gattinnen gegenüber dankbar, dass sie ihnen "den Rücken frei halten". Eine Formulierung, die übrigens auch in der Reportage mehrmals gebraucht wurde. Früher gab es schon das Sprichwort "Arbeit ist das halbe Leben". Wenn man das auf die gesamte Lebenszeit bezieht, muss es zwangsläufigerweise Phasen geben, in denen die Arbeit das Übergewicht hat. Realistischer und ehrlicher ist es dann in der Tat schon, wenn man als Unternehmen die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben anstreben will und nicht gleich die Work-Life-Balance. Die Einrichtung eines Betriebskindergartens, so sinnvoll und anerkennenswert sie ist, garantiert noch keine Work-Life-Balance. Sie ist zunächst nur eine Erleichterung der Alltagsorganisation und ein - allerdings wichtiger - Schritt zur Vereinbarkeit. Genauso wie flexible Arbeitszeitsysteme.
Work-Life-Balance ist eine trügerische Vision vom Arbeitsleben. Vielleicht liegt darin auch einer der Gründe, warum so wenig in der Praxis davon zu spüren ist. Sie ist in vielen Situationen nicht konsequent umsetzbar. Um so mehr wird aber davon geredet. Was aber sehr wohl umsetzbar ist: den Beschäftigten zu ermöglichen,
Arbeit und Privatleben zumindest einigermaßen miteinander zu vereinbaren und nicht rücksichtslos über ihre Zeit zu verfügen. Was aber auch gesehen werden muss: Welche Bedeutung jemand seiner Arbeit beimißt, ist zunächst seine individuelle Entscheidung. Wer sich bewußt für die Karriere entscheidet, weiss auch, dass das einen Preis hat.

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