Dienstag, 30. April 2013

Der Traum vom Empowerment

Dieser Traum wurde in den neunziger Jahren des vorigen Jahrtausends von vielen - unter anderem auch von mir - geträumt und schwappte als eine der vielen Managementwellen durch die Unternehmen. Heute wird kaum mehr über Empowerment gesprochen - leider. Was bedeutet Empowerment? Übersetzen läßt sich der Begriff schwer. Am nächsten noch käme Ermächtigung. Doch das ist in Deutschland negativ besetzt, wenngleich es duchaus zum Ausdruck bringt, was gemeint ist. Empowerment als Führungsphilosophie bedeutet, dass die Mitarbeiter in die Lage versetzt werden sollen, weitgehend eigenständig und eigenverantwortlich zu arbeiten. Sie sollen ihr Arbeitsgebiet selbstständig beherrschen und die dafür notwendigen Entscheidungen selbst treffen. Gerade dieser letzte Aspekt wurde sehr stark betont und kam u.a. in den teilweise sehr weit gehenden Entscheidungsspielräumen zum Ausdruck, die autonomen oder teilautonomen Arbeitsgruppen in Produktionsbetrieben eingeräumt wurden. Der Slogan, dass Führungskräfte
Dienstleister ihrer Mitarbeiter (s. mein Post dazu vom März) sein sollten, wurde in dieser Zeit besonders häufig gebraucht. Hier liegt auch ein Grund, warum der Traum sich nicht realisieren ließ. Es ist ja zunächst einleuchtend und auch sinnvoll, den Mitarbeitern Freiräume und Entscheidungsspielräume zu geben und ihnen eigenverantwortliches Arbeiten zu ermöglichen. Der Fehler der Empowermentbewegung war, dabei nicht mitzudenken, was Führung in einem solchen Ansatz bedeutet. So hat es sich bei etlichen Gruppenarbeitsprojekten in Fertigungsbetrieben negativ ausgewirkt, dass die Rolle der Führungskräfte nicht klar definiert wurde. Die Folge: Unsicherheit bei diesen und schwierige Entscheidungsprozesse in der Gruppe.
Es war ein Nachteil, dass der Empowerment-Ansatz als Mode in die Unternehmen kam. Als man gesehen hat, dass es nicht so funktioniert, wie es in flott geschriebenen Managementratgebern stand und von Beratern verkauft wurde, wurde der Begriff mitsamt seinen Inhalten wieder eingepackt und nicht weiter darüber nachgedacht, was man falsch gemacht hat oder was vielleicht ausbaufähig wäre.
Dabei ist es gerade heute bei sich schnell ändernden Rahmenbedingungen, bei hohen Anforderungen an die Flexibilität von Organisationen, wie auch die in ihnen tätigen Individuen, bitte notwendig, dass die Beschäftigten wissen, was sie zu tun haben und wie sie mit wechselnden Situationen fertig werden. Mitarbeiter, die damit nicht klar kommen und häufig den Chef fragen müssen, tun sich schwer bei ihrer Arbeit. Genauso aber auch Vorgesetzte, die nicht delegieren können, sei es, weil sie meinen, sie müssen alles selbst entscheiden oder weil sie nicht die geeigneten Mitarbeiter haben.
Damit sind wir bei einem weiteren Aspekt, der in der Empowermentbewegung zu wenig bedacht wurde. Nicht alle Mitarbeiter wollen möglichst viel Eigenverantwortung und Selbstständigkeit. Sie erwarten klare Regeln und definierte Arbeitsgebiete. Sie tun sich schwer mit wechselnden Anforderungen und der Übernahme von Verantwortung.
Spricht das gegen Empowerment? Nein - nur kann man Träume nie 1:1 in die Realität retten. Aber einige Elemente dieses Traums kann man schon umsetzen. Mehr im nächsten Post.

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