Eine Forderung, die sich in den letzten Jahren verläßlich durch die Management-Literatur zieht und auch
immer wieder aus den Unternehmen zu hören ist: wir brauchen mehr Querdenker. So auch in der letzten
Ausgabe der ZEIT (Nr. 40) in der ein Karriereberater propagiert: "Querdenker sind erfolgreicher als
Angepasste". Wirklich? Wer macht denn heute leichter Karriere? In vielen Organisationen sind Anpassung
und Opportunismus immer noch die besseren Voraussetzungen für Weiterentwicklung als kritische Fragen
oder ausgeprägte Individualität. Zu Recht weist der oben zitierte Autor daraufhin, dass die Unternehmen
selbst daran Schuld sind, in dem sie bereits in den Stellenanforderungen das Standardprofil für den angepassten Einsteiger vorgeben. Und wenn man auf Hochschulmessen oder ähnlichen Karrierebörsen
die gestreamlineten zunkünftigen Jungmanager mit dunklem Anzug und Krawatte rumlaufen sieht, dann
muß man in der Tat Sorge haben um den Nachwuchs an Persönlichkeit und Individualität. Dabei dürfte
die Situation in Unternehmen noch besser sein als in anderen Organisationen. Viele Unternehmen erkennen,
dass sie mehr Individualität zulassen müssen. Aber was ist mit politischen Organisationen, mit Organisationen,
die eine bestimmte Einstellung von ihren Mitgliedern erwarten? Die tun sich noch schwerer mit Leuten,
die auf die Idee kommen, kritisch zu hinterfragen. Am Nachwuchspersonal im politischen Betrieb wird uns
das immer wieder vorgeführt.
Aber was ist eigentlich ein Querdenker? Es wird zwar immer danach gerufen aber keiner sagt, was er
eigentlich genau damit meint. Ab wann hört Angepaßtsein auf und fängt Querdenkerei an? Zweifellos braucht
jede Organisation ein gewisses Maß an Anpassung. Was ist Identifikation anders als Anpassung?
Welche kritischen Fragen lasse ich zu? Wo sind die Tabus, die echten und die vermeintlichen, die hinterfragt
werden müssen?
Wenn die Führung einer Organisation sich diese Fragen stellt und zuläßt, dass sie gestellt werden, dann
muß sie nicht mehr nach Querdenkern rufen, dann fangen auch die Mitarbeiter an diese Fragen zu stellen
und bringen damit die Orgnaistion weiter.
Aber: damit sind wir wieder bei der individuellen Führungskraft. Das erfordert eigene Souveränität, sich diesen Fragen der Mitarbeiter zu stellen und auch mal zuzugeben, dass etwas nicht richtig war.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen