Team statt Hierachie reduziert keine Komplexität
Wenn Teamarbeit Komplexität reduziert, schafft sie andererseits neue, indem sie Abstimmungsaufwand und längere Entscheidungsprozesse mit sich bringt. Oder noch schlimmer, Entscheidungen werden schlicht nicht getroffen. Damit einhergehend wird eine Struktur der Verantwortungslosigkeit geschaffen. Kollektive tun sich schwer damit, Verantwortung zu übernehmen. Der Einzelne verschanzt sich hinter der Gruppenmeinung.Überdies gewinnt ein Effekt an Bedeutung, den man eigentlich schon aus den sogenannten antiautoritären Kindergärten kennt: die informelle Autorität des "Stärkeren". Das sind in den Gruppen und Teams von Organisationen die Lautsprecher und Extrovertierten, die Alphatiere. Wir alle kennen den Stuhlkreiseffekt aus Seminaren, wenn um Statements gebeten wird. Wer als Erster das Wort ergreift, hat schon einen Pluspunkt, egal, ob die Äußerung fundiert war oder nicht. Meist findet er dann auch noch Kopfnicker, die froh sind, dass sie sich selbst nicht äußern müssen.
Um diese Effekte zu vermeiden, gibt es nur ein Mittel: Hierarchie.
An dieser Stelle muss ich immer darauf hinweisen, dass es mir nicht darum geht Teamarbeit zu kritisieren und autoritäre Strukturen zu predigen. Nur die Kombination Team und/oder selbstbestimmte Gruppen und Verzicht auf Hierarchie wird nicht funktionieren.
Ständig wird darüber geredet und geklagt, dass wir mit immer kurzfristigeren Veränderungen zurechtkommen müssen, dass die Komplexität zunimmt, dass Entscheidungen unter zunehmender Unsicherheit getroffen werden müssen. Wir erleben eine immer ausgeprägtere funktionale Differenzierung und Spezialisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen. Dem kann man nicht mit basisdemokratischen Versuchen beikommen.
Wo immer Arbeitsteilung praktiziert wird, benötigt man Koordination und Struktur, werden Entscheidungen über Ressourcen und Prioritäten notwendig. Es gibt bisher keine Anhaltspunkte dafür, dass Teams hier besser sind wie Einzelentscheider.
Und ganz wichtig, in unübersichtlichen Zeiten brauchen die Betroffenen mehr denn je Orientierung, Erklärung, Wegweisung. Die finden sie in einer hierarchisch geordneten Struktur mit ausgewählten Verantwortungsträgern eher wie in einer Teamstruktur mit informell herausgebildeten Autoritäten.
Aus der Notwendigkeit (und Fähigkeit) zu koordinieren, Einzelaktivitäten wirkungsvoll zu bündeln erwachsen Überblick und auch Informationsvorsprünge. Diese dürfen natürlich nicht als Herrschaftswissen bei den Entscheidungsverantwortlichen gebunkert werden. Sie müssen so an die Mitarbeiter weitergegeben werden, dass diese ihre Arbeit zielgerichtet erledigen können.
Hierarchie wird in arbeitsteiligen Organisationen immer notwendig sein. Sie muss nur kontinuierlich unter dem Motto soviel wie nötig und so wenig wie möglich hinterfragt werden. Dann steht sie auch nicht der Delegation von Verantwortung (!) und der Beteiligung an Entscheidungsfindungsprozessen entgegen.
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