Donnerstag, 3. Oktober 2019

Der Gallup Engagement Index

Oder wie ein irreführendes Führungssverständnis vermittelt wird

Der Gallup Engagement Index teilt die Beschäftigten in drei Gruppen ein, solche mit hoher Bindung an ihr Unternehmen, mit geringer und mit keiner Bindung. Die prozentualen Anteile der Beschäftigten in diesen Gruppen sind seit der erstmaligen Ermittlung des Index 2001 nahezu unverändert. (Sie dazu meinen Post vom 20.9.) Rein statistisch betrachtet, könnte man meinen, dass diese Einstellungen nicht beeinflußbar und damit auch nicht veränderbar wären. Fairerweise muss man sagen, dass Gallup in den Detailergebnissen doch eine Gruppe von Unternehmen identifiziert hat, denen es gelingt, höhere Anteile bei den Mitarbeitern mit hoher Bindung zu erreichen. Es sind die Unternehmen, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, - wen wundert's - Agilität zu fördern.
Problematisch an diesen Befunden ist meines Erachtens jedoch das dahinterstehende Leistungsverständnis. Es gibt keine Kategorie mit "normaler" emotionaler Bindung an das Unternehmen. Vielleicht gibt es die deshalb nicht, weil sie mehr wie die drei anderen Einstufungen die Frage provoziert, wie denn "normal" hier eigentlich zu definieren sei. Insbesondere dürfte es schwierig sein, die Grenze zwischen den jeweiligen Gruppen zu beschreiben. Auch wenn die Fragen, die den Beschäftigten gestellt werden, Merkmale erheben, die auf eine emotionale Bindung an das Unternehmen hinweisen, kann man das nicht immer zwingend aus den Antworten schließen. So muss eine positive Beantwortung des Statements "Ich habe in den letzten sieben Tagen für gute Arbeit Anerkennung oder Lob bekommen." nicht unbedingt eine hohe emotionale Bindung an das Unternehmen dokumentieren.
Neben diesen mehr methodischen Anmerkungen stellt sich die Frage, warum man an seinen Arbeitgeber, idealerweise sogar hoch, emotional gebunden sein muss, um gute Leistung zu erbringen. Es gibt bestimmt nicht wenige, gerade jüngere Menschen, die ihre Arbeit engagiert und gut ausführen ohne sich allzu sehr an "ihr" Unternehmen gebunden zu fühlen. Sie schauen sich möglicherweise nach einiger Zeit um, um einen nächsten Karriereschritt zu machen oder schlicht mehr zu verdienen.
Von daher kommt man zu der Frage, warum gutes Führungsverhalten unbedingt zu einer hohen emotionalen Bindung führen soll. Wenn ca. 70% der Beschäftigten nur eine geringe Bindung zu ihrem Unternehmen aufweisen, müssten sich unter diesen statistisch betrachtet auch zahlreiche Leistungsträger oder zumindest ordentliche Leistungserbringer befinden.
Das kann darauf hinweisen, dass es nicht unbedingt notwendig ist, eine hohe emotionale Bindung an das Unternehmen zu haben, um ordentlich zu arbeiten. Offensichtlich läßt sich ja auch der Anteil derer mit hoher Bindung über die Zeitdauer insgesamt nicht erhöhen. Für das Führungsverhalten sollte das bedeuten, dass man den Beschäftigten, die nach Gallup nur eine geringe Bindung haben, eine bessere Aufmerksamkeit zukommen läßt. Da weisen die Fragen von Gallup duchaus in die richtige Richtung. Das Leistungsverhalten dieser Mitarbeiter muss zunächst stabil gehalten werden. Das Ziel eine hohe emotionale Bindung zu erreichen sollte man eher sekundär bewerten. Aber vielleicht überdenkt Gallup seine Kriterien ja mal.





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