Ein überschätztes Instrument?
Ab und zu taucht es wieder auf, wenn es beispielsweise um die Frage geht, wie kann man Zusammenarbeit, Motivation, Betriebsklima und verwandte Soft Facts verbessern. In der Tat liegt es natürlich nahe, den ausscheidenden Beschäftigten zu befragen, wie er denn die Mitarbeiterschaft empfunden habe. Man könnte meinen, dass der nun unvoreingenommen, ohne Befürchtungen und auch ohne Opportunismus seine Meinung sagen kann.Doch das funktioniert nur in der Theorie so. Auch der Mitarbeiter, der aus irgendwelchen Gründen "normal" und auf tatsächlich eigenen Wunsch das Unternehmen wechseln will, wird bei seinem Austritt eher höflich positive Töne anschlagen. Selbst wenn es Unbehagen gegeben haben sollte, wird das, wenn überhaupt, nach meiner Erfahrung bei einer Befragung durch den Personaler diplomatisch verpackt, so dass die Informationen wenig verwertbar sind. Meist ist der/die Ausscheidende in einem solchen Fall froh gehen zu können und will sich nicht länger mit Vergangenem beschäftigen. Und bei dem Mitarbeiter, der wechselt, weil er sich woanders besser weiterentwicklen oder schlicht mehr verdienen kann, ist das Wissen um diese Gründe wenig hilfreich. Halten kann man ihn nicht mehr und für die Erkenntnis, dass man sich um die Entwicklung - auch die gehaltliche - von insbesondere jüngeren Mitarbeitern kümmern sollte, braucht man kein Austrittsgespräch.
Wer eigentlich die Gründe kennen sollte, warum ein Mitarbeiter geht, ist der unmittelbare Vorgesetzte. Doch auch der wird sich in Schweigen hüllen, wenn er es versäumt hat, sich um ihn zu bemühen.
Insofern ist es nicht verwunderlich, dass das Austrittsinterview außerhalb der Lehrbücher nicht die überzeugende Verbreitung gefunden hat.
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