Sonntag, 17. März 2019

Wie werden "Management-Lehren" erfolgreich?

Neues Etikett auf alte Inhalte - warum funktioniert das immer wieder?

Es wäre eine interessante Themenstellung für eine Masterarbeit, einmal alle sogenannten Management-Lehren seit den sechziger Jahren zusammenzustellen, kurz inhaltlich zu beschreiben und zu versuchen die Unterschiede zu charakterisieren. Ich vermute, vor allem letzteres dürfte etwas schwer fallen. Wenn man einmal die tönenden Etiketten und den Management-Sprech in Alltagssprache übersetzt, dürfte nicht mehr viel Neues übrig bleiben.
Warum finden dennoch immer wieder vorgeblich neue Heilslehren große Verbreitung?

Keine wissenschaftliche Aufarbeitung

Ein Grund dafür ist, dass die oben erwähnte Arbeit bisher wahrscheinlich nicht geschrieben wurde. Es fehlt an einer seriösen empirisch-wissenschaftlichen Untersuchung der Wirkung derartiger Konzepte. Auch wenn das zugegebenermaßen nicht ganz einfach ist. Wenn ein Unternehmen sich ein "Change-Projekt" nach der Methode XY verordnet, hat man ja keinen Vergleich, wie die Entwicklung ohne das Projekt verlaufen wäre. Dennoch könnte man am Ende die Frage stellen, was hat sich signifikant verändert? Was ist "besser" geworden? Hat sich das Ergebnis verbessert? Dies natürlich nicht nur bezogen auf ein Projekt, sondern auf eine Anzahl vergleichbarer Projekte nach derselben Methode.

Keine kritische Reflexion in den Unternehmen

Sobald in einem Unternehmen eine neue Managementmethode mit mehr oder minder großem Aufwand eingeführt wurde, wird sie nicht mehr hinterfragt. Insbesondere dann nicht, wenn sie der Vorstand zur Chefsache erklärt hat. Das gilt auch, wenn das Projekt abgeschlossen ist. Die Controller ermitteln zwar weiter ihre Kennzahlen, aber die oben erwähnten Fragen nach der Wirksamkeit dieses Projektes werden nicht mehr gestellt.

Kein Hinterfragen beim Start eines Projektes

Das oben gesagte gilt bereits bei der Einführung einer Managementmethode. Was bei jeder Investition selbstverständlich ist, wir hier nicht gemacht. Es werden keine Alternativangebote eingeholt. Es wird nicht gefragt, passt diese Methode wirklich zu uns? Löst sie unser Problem, beziehungsweise haben wir das Problem überhaupt, was damit gelöst werden soll? Haben wir so etwas ähnliches schon einmal gemacht und was hat es gebracht? Die Einführung eines derartigen Konzeptes läuft ja meist unter dem Obertitel "Change-Project". Und alles, was Change ist, ist schon mal per se gut und wird nicht hinterfragt. Wer das dennoch tut, wird in die Bedenkenträgerecke gestellt und bekommt einen Minuspunkt. Darum wächst die Zahl der Gleichgültigen, die den Mund halte, aber im Stillen denken: "Haben wir alles schon mal erlebt. Auch das geht vorüber." Um so lauter tönen die "Evangelists", die die Vorzüge der neuen Methode predigen und sich nach jedem Workshop in den Social-Media Plattformen auf die Schultern klopfen.

Promotion durch Berater

Eine wesentliche Rolle bei der Verbreitung dieser Managementlehren spielen natürlich Berater. Jedes neu klingende Konzept wird dankbar aufgenommen, denn es verspricht neues Geschäft. Gerade für sie sind die neue Etikettierung und das "Wording" von entscheidender Bedeutung. Ob der Inhalt tatsächlich neu oder gar originell ist, ist sekundär. Gerne wird die Vermarktung noch mit pseudowissenschftlichen Artikeln flankiert.

Diese drei Aspekte werden umrahmt von einer Glorifzierung von Veränderung. Change gilt als Tugend. In immer kürzeren Zyklen müssen neue Konzepte, Tools, Methoden eingeführt werden, um in der Organisation das Gefühl aufrecht zu halten, "wir sind modern". So entsteht der Nährboden für "neue" Management-Moden.
Wir bleiben zurück mit der alten Frage: Hat sich dann im Wissen über die Führung von Menschen nichts geändert? Gibt es keine neuen Erkenntnisse, wie Menschen besser zusammenarbeiten? Und der Gretchenfrage: Was ist gute Führung?



Hat die Lehre von der Führung sich weiterentwickelt? Die Lehre vielleicht schon, aber nicht das, was dazu vermarktet wird.
Veränderung gilt als hohe Tugend.

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