Oder wann ist ein Personaler ein "Profi"? Oder noch wichtiger: wann geht ihm seine Professionalität verloren? Was also macht Professionalität im Personalwesen aus? Im Nachgang zu meinem letzten Post drängt es mich, dazu einige Gedanken zur Diskussion zu stellen. Auch Professor Scholz beklagt in dem damals zitierten Artikel in brand eins die zurückgehende Professionalität im Personalwesen. Doch woran macht er das fest?
Daran, dass in Konzernen ein Trainee das Employer-Branding Konzept macht, wie er schreibt. Und an dem bei derartigen Klageliedern nicht fehlenden Hinweis auf das Fehlen des selbstständigen unternehmerischen Denkens bei Personalleuten. Letzteres ist ein Klischee, das auch dadurch nicht besser wird, dass es immer wiederholt wird. Natürlich steckt auch darin, wie in jedem Klischee, das gebe ich zu, einiges an Wahrheit. Ich stelle allerdings hier mal die Behauptung auf, dass es in der HR-Funktion nicht mehr und nicht weniger unternehmerisch denkende und handelnde Menschen gibt, wie in anderen Funtkionen.
Ein Hinweis von Prof. Scholz stimmt allerdings nachdenklich. Es gebe heute deutlich weniger Personal-Lehrstühle in Deutschland als vor zwanzig Jahren. Eine Ursache - und damit auch einen Grund für die zurückgehende Professionalisierung - sieht er darin, dass es nicht gelungen sei, "einen Kernbestand von Wissen zu entwickeln, das überall in ähnlich Weise vermittelt wird." Damit gebe es auch keinen Mindeststandard für die Anforderungen an einen HR-"Profi". Das ist die typisch deutsche Sichtweise - er möge es mir verzeihen - nach der es geregelte Ausbildungsgänge mit formalisierten Qualifikationen geben muss, um Professionalität auszuweisen. Als Personaler, der selbst eine Studienkombination aus Sozialwissenschaften und BWL absolviert hat, die auf den ersten Blick mit Personalarbeit wenig zu tun hatte, kann bestätigen, dass mir gerade diese Basisausbildung in meinem Berufsleben immer wieder genutzt hat, auch wenn sie keinerlei "praktisches Handwerkszeug" für die tägliche Personalarbeit vermittelt hat. Dafür aber ein gutes Training an Probleme heranzugehen, sie zu strukturieren und dann auch zu lösen.
Nach meiner Ansicht kann und wird es keinen eigenen Studiengang "Personalwesen" geben und braucht es auch nicht. Es braucht aber unbedingt - und da stimme ich der Klage von Prof. Scholz zu - Lehrstühle, die sich speziell mit diesem Thema beschäftigen, die sich als Querschnittsfunktion verstehen, die Erkenntnisse aus anderen Disziplinen wie BWL, Soziologie, Psychologie, Jura u.a. aufbereiten, um sie für die wissenschaftliche Begleitung und Reflexion der Personalarbeit zu nutzen. Zwei Beispiele, was das konkret heißen könnte: Die kritische Untersuchung eines Organisationsmodells, wie des Business-Partner-Konzepts von Dave Ulrich, im Vergleich mit anderen Ansätzen. Oder die empirisch fundierte Untersuchung der Wirksamkeit von Zielvereinbarungssystemen und ähnlichen Instrumenten. Mit fundierten Beiträgen zu derartigen Themen, könnte auch die Professionalität der Kollegen in der Praxis spürbar unterfüttert werden. Die müssen sie natürlich auch zur Kenntnis nehmen.
Ansonsten muss sich die HR-Professionalität von den Aufgaben herleiten, die ich im letzten Post beschrieben habe: Personalbereitstellung, Administration und Entgeltgestaltung sowie die Begleitung und Unterstützung der Führungskräfte ohne deren Rolle zu übernehmen. Für diese Aufgaben ist sonst niemand zuständig. Eine wie auch immer absolvierte formale Qualifikation hilft dabei wenig.
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