Auch die mittlerweile alte Idee des Großraumbüros hat einen neuen Namen: Open Space. So schick wie der Name klingt sehen auch die Beispiele aus, die dann oft in diesem Zusammenhang vorgezeigt werden. Trendig eingerichtete Räume, lichtdurchflutet und in einer Ecke eine mehr oder minder gemütlich anmutende Coffee-Lounge. Diese Bilder sind in mehrfacher Hinsicht optische Täuschungen. Es gibt auch heute noch zahlreiche Büroräume, in denen mehrere, manchmal auch viele, Menschen zusammenarbeiten, deren Einrichtung und Gestaltung keinerlei architektonischem Ehrgeiz ausgesetzt war sondern allein das Bestreben soviele Leute, wie die Arbeitstättenverordnung gerade noch zuläßt, in einem Raum unterzubringen. Noch nicht einmal die Möbel passen zusammen, die klimatischen Verhältnisse im Sommer wie auch der Geräuschpegel sind unangenehm und die Mitarbeiter versuchen sich ihre Arbeitsplätze mit bunter Vielfalt einigermaßen erträglich zu gestalten. Der Begriff Großraumbüro wird in einer derartigen Situation fast zum Schimpfwort und das Einzel- oder Zweierbüro zum Statussymbol.
Auch wenn viele die Entstehung des Großraumbüros in die sechziger Jahre datieren, ist die Grundidee schon uralt. Das Großraumbüro ist mit der Industrialisierung groß geworden. Die meisten von uns kennen die alten Photos von Schreibbüros, in denen lange Reihen von Schreibtischen mit Schreibmaschinen streng geordnet hintereinander aufgereiht waren. Davor saß die Vorsteherin, die mit strengem Blick die Arbeit verteilte und deren Erledigung überwachte. Genauso die Zeichenbüros in denen reihenweise Zeichenbretter standen, an denen die Zeichner und Konstrukteure im weißen Kittel stehend ihre Arbeit verrichteten. Die Disziplin, die dort herrschte, sah man schon den Photos an.
Damals wie heute war die dahinterstehende Idee dieselbe: Möglichst viele Menschen platzsparend in einem Raum so unterzubringen, dass gleichzeitig eine effiziente Arbeitsorganisation möglich ist - und die Beschäftigten dabei auch noch kontrolliert werden können. Was damals offen gesagt und getan wurde, wich in den sechziger Jahren wohlklingenden Erklärungen, die von Förderung der Kommunikation und Verkürzung der Arbeitswege sprachen. Die Sichtkontrolle durch den Vorgesetzten wurde durch die Gruppendisziplin und -dynamik ersetzt. Wer mit wem wie lange plaudert oder an der Kaffemaschine steht, wird für alle sichtbar.
Kein Wunder, dass diese Entwicklung den Beschäftigten nicht gefällt. Sie sehnen sich eher nach Privatsphäre auch am Arbeitsplatz. Sie brauchen ihren individuellen Rückzugsraum, der auch nur ihnen gehört. Diesen wollen sie auch nach ihrem Geschmack gestalten. Der abgetrennte Raum, in den man sich für Besprechungen oder zum Nachdenken zurückziehen kann, ist dafür nur ein begrenzter Ersatz. Die Produktivität in Einzel- oder Zweierbüros wird von Mitarbeitern deshalb auch höher eingeschätzt als die in Mehrpersonenräumen. Insbesondere gilt dies für sogenannte Desk-Sharing Konzepte, bei denen die Mitarbeiter sich jeden Morgen ihren Schreibtisch und ihren Arbeitsplatz selbst suchen müssen.
Es wird zwar viel über die Motivation der Mitarbeiter geredet, aber die Bedeutung, die die Arbeitsumgebung und insbesondere der individuelle Arbeitsplatz dafür haben, wird oft unterschätzt. Die verfügbaren Erkenntnisse lassen den Schluss zu, dass das klassische Einzel- oder Zweierbüro der Motivation am meisten gut tut. Dass das aus Kostengründen nicht immer und überall zu realisieren ist, versteht jeder Mitarbeiter. Das kann man aber offen darlegen und den Beschäftigten in diesem Rahmen die Möglichkeit geben, bei der Gestaltung der Arbeitsplätze mitzureden und die Individualität nicht kleinzuregeln. Das wäre noch Open Space genug.
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