Mittwoch, 15. Oktober 2014

Braucht eine flexible Arbeitskultur Führungskrücken?

"Bosch vereinfacht mobiles Arbeiten, privates Telefonieren und Surfen am Arbeitsplatz" so hat das Unternehmen eine Presseinformation vom 10.10. überschrieben. Mit einheitlichen Regelungen zu diesem Komplex will man einen Kulturwandel für mehr Freiraum und Kreativität erzeugen. Ich hatte im letzten Post schon den Teil der Initiative kommentiert, der das private Telefonieren und Surfen betrifft. Wenn man das regelt, bin ich skeptisch was die Förderung von Freiraum und Kreativität angeht. Ich will der Firma Bosch aber nicht Unrecht tun. Grundsätzlich ist diese Initiative positiv zu bewerten.
Immerhin zeugt sie von einer Auseinandersetzung mit den aktuellen Entwicklungen und dem Versuch diese für das Unternehmen nutzbar zu machen. Aber wie das in einem traditionellen deutschen, technologiegetriebenen - um nicht zu sagen ingenieurgetriebenen - Unternehmen so ist, wird versucht die Spontanität und auch alle möglichen denkbaren Risiken im vorhinein auszuschließen. Dazu werden dann "einfache" Regelungen formuliert. Da der Betriebsrat genauso gestrickt ist, trägt er mit seinen Forderungen und Wünschen und den daraus entstehenden Kompromissen noch zusätzlich zur Einfachheit der Vereinbarungen bei. Gerade in einer solchen Großorganisation fehlt es an Spontanität, Risikobereitschaft und auch Vertrauen, um die mit der technologischen Entwicklung einhergehenden Veränderungen unvoreingenommen zuzulassen.
Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein in einer Einführungsphase in Form von Regelungen und  Betriebsvereinbarungen Führungskrücken zur Verfügung zu stellen. Am Beispiel des mobilen Arbeitens kann man das deutlich machen. In einem großen Unternehmen gibt es viele Führungskräfte mit unterschiedlichen Persönlichkeiten. Der fortschrittliche Chef wird einen Home-Office-Arbeitsplatz eher genehmigen, wie der tradtionelle. Unter diesen Unterschieden dürfen aber betriebliche Projekte und auch die Bedürfnisse der Mitarbeiter nicht leiden. Insofern ist es gut, den Führungskräften eine Hilfe an die Hand zu geben, mit der im Unternehmen eine einheitliche und korrekte Praxis gelebt werden kann. Analog zum Gebrauch einer medizinisch verordneten Krücke muss aber nach einem gewissen Zeitraum überprüft werden, ob der Einsatz noch notwendig ist. Auf die Regelung zum mobilen Arbeiten bezogen: Irgendwann muss jede Führungskraft in der Lage sein die Auswirkungen neuer Technologien und gesellschaftlicher Entwicklungen zu verstehen und selbständig und eigenverantwortlich zum Wohle des Unternehmens umzusetzen.
Regeln muss man dann nur noch sehr wenig. Klar, in einer Organisation muss es Vorschriften und Regelungen geben, aber man kann sie auf eine notwendiges Maß beschränken und man muss sie daraufhin abklopfen, ob sie vorwiegend als Führungskrücke dienen oder ab sie noch einen anderen Sinn haben.
Am zähesten geht das allerdings mit Betriebsvereinbarungen. Bis eine solche einmal wegen nicht mehr vorhandener Sinnhaftigkeit für ungültig erklärt wird, vergehen Jahrzehnte.

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