Ja - aber. Ein eindrucksvolles Beispiel für das "aber" liefert die ZEIT, die in ihrer Akademie ein zweitägiges Exklusiv-Seminar "Verantwortungsvolles Führen für Mediziner" mit den Themen "Verlässlich managen, authentisch kommunizieren, sicher entscheiden" zum Frühbucherpreis von 1.880,- anbietet.
Auch wenn ich Führungsseminare grundsätzlich befürworte (s. mein Post vom April 2013 mit gleicher Fragestellung), gibt es doch immer wieder Beispiele, die die Frage nach deren Sinnhaftigkeit rechtfertigen. Bei der erwähnten Veranstaltung stiegt man direkt am ersten Tag mit zwei Stars ein. Prof. Julian Nida-Rümelin und Prof. Wolfgang Huber diskutieren mit den Teilnehmern über ethische Fragen. Eine bessere Besetzung kann man kaum finden und beide Herren sind hervorragend geeignet zu diesem Thema Anstöße zu geben. Aber was soll dieses Starensemble bei seinem eintägigen Einsatz bewirken?
Gerade Kliniken sind bisher nicht als die Vorreiter einer wertschätzender Führungsarbeit hervorgetreten. Dort herrscht oft noch ein traditionell-autoritäres Führungsverständnis. Ich habe erhebliche Zweifel, ob die Damen(?) und Herren Klinikdirektoren nach dem Seminar etwas von dem Gehörten in ihren Führungslltag einbringen können. Das gilt noch mehr für den zweiten Seminartag und dem Titel "Training und Transfer". Dort kann man mit einem Berater das "persönliche Führungsrepertoire mit den wichtigsten Tools und Techniken zeitgemäßer Führung...schärfen". Der Begriff "schärfen" weist schon darauf hin, dass das nur funktionieren kann, wenn schon etwas da ist, was geschärft werden könnte. Wenn nicht, mutet dieser Anspruch geradezu grotesk an. Es ist sinnvoll und auch notwendig sich mit Führung auseinanderzusetzen, das eigene Verhalten zu reflektieren, bestimmte Verhaltensweisen zu üben. Das geschieht am besten in einem "Übungsraum", im Training, im Seminar. Nur darf es sich nicht auf ein singuläres Ereignis beschränken. Auch das erfordert Kontinuität und Wiederholung. Sicher ist der Einwand richtig: Auch bei einer Eintagesverannstaltung kann ich Denkanstöße bekommen. Die bekommen sie aber auch billiger und einfacher, wenn sie ein entsprechendes Buch lesen (z.B. Ethik, von dem o.a. Prof. Huber) und sich mit dem Gelesenen gedanklich auseinandersetzen. Ein Nachteil von derartigen "externen" Veranstaltungen ist auch, dass in der Regel ja nur einer aus der Organisation teilnimmt. Der kommt dann zurück mit vielen tollen Gedanken und Ideen, erntet aber bei den Daheimgebliebenen oft nur Unverständnis, Kopfschütteln oder auch Widerspruch - und wird schnell wieder absorbiert.
Um meine Eingangsfrage noch einmal zu beantworten: Führungssmeinare sind sinnvoll aber nicht als singuläres Event.
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