BMW hat eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, um die Beschäftigten davor zu schützen, mails in der Freizeit bearbeiten zu müssen. Diese Zeit kann zukünftig dem Zeitkonto gutgeschrieben werden. Allein an der Tatsache, welche Resonanz diese Meldung in den Medien gefunden hat, kann man ablesen, dass es hier tatsächlich ein echtes Problem gibt. Auch andere Firmen haben mittlerweile derartige Regelungen oder schalten eine gewisse Zeit nach Feierabend gar ihre Server ab. Die IG Metall ruft dann auch prompt nach dem Gesetzgeber.
Zunächst muss man sehen, dass derartige Regelungen immer administrativen und kommunikativen Aufwand mit sich bringen. Bleiben wir bei BMW: soll die Vereinbarung einigermaßen ernst genommen werden, muss sie irgendwie kontrolliert werden. Die Zeiten müssen aufgeschrieben und nachgetragen werden. Es wird Mitarbeiter geben, die legitimerweise nun jede mail, die sie in der Freizeit bearbeiten, auflisten und am Ende des Monats mit der Rechnung kommen. Und es wird Chefs geben, die ihren Leuten freundlich, bestimmt klar machen: "Dass sie aber jetzt nicht jede mail gutgeschrieben haben wollen." Und es wird möglicherweise Mitarbeiter geben, die beispielsweise noch etwas werden wollen, von denen man stillschweigend erwartet, dass sie nach wie vor ihre mails am Wochenende checken und ans Handy gehen, wenn der Chef anruft. Und es wird Diskussionen geben: "Was, sie haben diesen Monat zwei Stunden zu Hause mails bearbeitet?"
Und es wird Wege geben, mit diesen Regelungen informell "zurechtzukommen". Genauso wie heute auf Gleitzeitkonten Millionen von Stunden verfallen.
Aber: eine Regelung entlastet. Der Vorgesetzte kann sich nun zurücklehnen. Er braucht nicht mehr selbst zu entscheiden, was er seinen Leuten zumuten kann und nicht. Damit ist wieder eine Führungskrücke geboren. Sind denn Führungskräfte nicht in der Lage eigenverantwortlich die Belastungssituation ihre Mitarbeiter einzuschätzen? Ist die Arbeit nicht so organisierbar, dass sie im wesentlichen auch zu normalen Arbeitszeiten abgewickelt werden kann? Es wird immer Situationen geben, in denen es notwendig und sinnvoll ist, auch in der Freizeit miteinander beruflich zu kommunizieren. Gerade durch die technologische Entwicklung mit immer mobileren Endgeräten verwischen sich bekanntermaßen auch die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatsphäre. Das wird keine Regelung mehr aufhalten. Um so mehr ist aber Führung gefragt. Denn der verantwortungsvolle und achtsame Umgang mit der Kapazität der Mitabeiter ohne das zu erbringende Ergebnis zu vernachlässigen, ist eine der wesentlichen Herausforderungen der Führungsarbeit.
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