Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für fatale Auswirkungen von Zielvereinbarungen haben wir in der vergangenen Woche erfahren. Eine Studie der AOK kritisiert, dass es in deutschen Kliniken zuviele operative Eingriffe gibt. Besonders beliebt - bei den Kliniken - sind offensichtlich Wirbelsäulen- und Hüft-OP's. Der Report der AOK macht vor allem "das Vergütungssystem" für diese Entwicklung verantwortlich. Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie spricht von "ökonomischen Fehlanreizen". In der Tagesschau wurden konkret Chefarzt-Boni angesprochen. Offensichtlich haben (Chef-)-Ärzte Zielvereinbarungen, die die besonders lukrativen Operationen prämieren. Der Arzt wird also "motiviert" das wirtschaftliche Interesse möglicherweise über den eigentlichen Bedarf des Patienten zu stellen. Eine Zielrichtung, die im Gesundheitswesen nicht akzeptabel ist.
Gleichzeitig aber auch ein Beispiel für die negativen Auswirkungen von Zielvereinbarungen:
Die Zielvereinbarung entfernt sich vom eigentlichen Ziel der Organisation. Die Klinik soll die optimale medizinische Versorgung der Patienten sicherstellen. Das muß, besonders bei einem Akutkrankenhaus, das Oberziel sein. Das kann durchaus mit betriebswirtschaftlichen Zielen, auch mit einer Ergebniserzielung vereinbar sein. Es kann aber vielleicht mit dem Ziel der Gewinnmaximierung kollidieren.
Ein Beispiel dafür, wie das Ziel der Organisation an den Bedürfnissen der Kunden vorbei gehen kann zugunsten einer meist kurzfristigen Ergebnisorientierung. Eine Wirkung, die es in vielen Unternehmen auch gibt, bspw. in der Standardisierung von Serviceangboten in Form von Call-Centern.
Die Zielvereinbarung verpflichtet den Arzt dazu sich auf die Erreichung der Ziele zu konzentrieren und andere Aufgaben zu vernachlässigen. Das kann sich wieder zum Nachteil des Patienten auswirken.
Am Beispiel des Arztes läßt sich auch gut diskutieren, wie sinnvoll es überhaupt ist, einer solchen Funktion Ziele zu geben. Was könnten Ziele für Ärzte sein? Betriebswirtschaftlich ausgerichtete Ziele - auch Kostenziele - würde ich ablehnen. Hier stellt sich auch die Frage nach der ethischen Rechtfertigung. Spontan würde einem dann einfallen, ein Arzt muß auf eine Null-Fehler-Leistung verpflichtet werden. Aber ist das nicht eine Grundvoraussetzung seiner Arbeit? Soll er auch noch eine Prämie für etwas bekommen, was man sowieso von ihm erwartet? Meine Empfehlung wäre hier Ärzte nicht in derartige Systeme einzubinden. Ein Arzt muß in der Lage sein, die für den Patienten wirkunsvollste Lösung zu finden ohne beriebsirtschaftliche Zwänge im Hintergrund. Man sollte auch dem Klinikpersonal nicht unterstellen, dass es deshab nicht in der Lage wäre auch die Kosten im Auge zu behalten.
Im übrigen schadet diese Entwicklung letztendlich dem gesamten Gesundheitsystem. Hier steigen die Kosten, die dann die Versicherten insgesamt zu tragen haben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen