Donnerstag, 24. September 2020

Management by Netflix

Keine Regeln aber Hire and Fire

Der Gründer von Netflix, Reed Hastings hat ein Buch geschrieben mit dem Titel "Keine Regeln" und auch die ZEIT hat fast eine ganze Seite im Wirtschaftsteil geopfert, um ihm Gelegenheit zu geben sein Gedankengut zu verbreiten.
Mit dem Buchtitel und im Interview versucht er den Eindruck zu erwecken, dass bei Netflix die große Freiheit herrscht, Fehler gemacht werden können und eine Kultur herrscht, die "immer alles in Frage stellt". Bei Netflix gibt es zum Beispiel die Freiheit, selbst zu entscheiden, wann und wieviel Urlaub man macht. Herr Hastings übersieht dabei, dass ein derartiges Prinzip auch schon eine Regel darstellt. Auch dass er seinen Führungskräften den sogenannten 'keeper test' empfiehlt, weist darauf hin, dass bei Netflix eine spezielle Variante von Freiheit herrscht. Die Manager sollen sich regelmäßig fragen, ob man einen Mitarbeiter mit aller Kraft halten würde, wenn dieser kündigen würde. Beantworten sie diese Frage mit Nein, soll man den Mitarbeier besser direkt gehen lassen. Er bestätigt im Interview dann auch, dass in solchen Fällen Kündigungen ausgesprochen werden. Entsprechend liegt die Fluktuationsrate bei 12% im Jahr. Zum Vergleich: in dem Unternehmen, in dem ich zuletzt tätig war, liegt die Fluktuationsrate unter 3%.
Man kann großzügig Freiheit gewähren, wenn gleichzeitig ein hoher Leistungsruck aufgebaut wird. Im Grunde wird hier eine traditionell, amerikanische Hire and Fire-Kultur gepflegt, die mit einigen modern und attraktiv anmutenden Zugaben garniert wird. Altvater Taylor wäre bass erstaunt, wenn er sieht, wie man Leistung auch ohne jeglichen Aufwand an sogenannter 'wissenschaftlicher Betriebsführung' erreichen kann.
Freiheit selbst und die Vorgabe, alles in Frage zu stellen, werden hier zur zentralen alles bestimmenden Regel. Viele Detailvorgaben braucht man dann in der Tat nicht mehr. Allerdings scheint das noch nicht hundertprozentig zu funktioniern, wie die Fluktuationsrate zeigt.
 
 


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