Oder sollte man sich besser gegen unternehmerische Sinnstiftung wehren?
In den Schaufenstern der Management-Modeläden wird wieder einmal ein neuer Trend dekoriert: die Purpose Driven Organisation. Arbeit muss Sinn machen. Die wichtigste Aufgabe von Führungskräften ist es Sinn zu vermitteln.Doch was soll das eigentlich heißen? Man könnte einmal umgekehrt fragen, wann würde denn Arbeit keinen Sinn machen? Würde jemand über einen längeren Zeitraum etwas machen, was 'keinen Sinn' machen würde, was 'unsinnig' wäre? Davon kann man kaum ausgehen, es sei denn, er würde dafür fürstlich entlohnt. Aber davon kann man erst recht nicht ausgehen.
Solange es sich um eine Tätigkeit in einer Organisation - wie klein, groß, komplex oder einfach auch immer - muss man davon ausgehen, dass diese zumindest insofern sinnvoll ist, als dass sie einen Beitrag zum Ziel der Organisation leistet. Natürlich kann es insbesondere in größeren, formalistisch geprägten, Organisationen Tätigkeitsaspekte geben, deren Sinn sich auch den Ausführenden nur schwer erschließt. Aber immerhin dürfte den Beschäftigten das Ziel der Aktivitäten in der Organisation bekannt sein. Insofern kann es in einem Unternehmen keine Arbeit ohne Sinn geben. Einmal wird in dem Unternehmen ein Output erzeugt, Produkte oder Dienstleistungen und zum anderen soll wahrscheinlich damit auch ein Gewinn erzielt werden. Das wären schon einmal zwei Quellen der Sinnstiftung.
Das ist den Sinnaposteln allerdings zu wenig. Arbeit soll vor allem dann Sinn machen, wenn sie den eigenen Wünschen, Vorstellungen und Fähigkeiten entspricht. Sie soll der persönlichen Entfaltung dienen und man soll das machen können, was man "wirklich, wirklich will", so das Mantra der New Work Bewegung. Da wird es dann schwierig. Ist mir klar, was ich wirklich will? Und wenn ja, kann ich das auch realisieren? Wieviele junge Leute setzen sich mit diesen Fragen auseinander und werden insebsondere bei der Antwortsuche auf die zweite Frage oft sehr unsanft aus möglichen Träumen geweckt.
Will der Paketbote das wirklich machen, was er macht? Auch wenn es ja eine durchaus sinnvolle Tätigkeit ist, für die zuverlässige Zustellung von Paketen zu sorgen. Womit nicht gesagt werden soll, dass es keine Paketboten gibt, denen ihre Arbeit Spaß macht.
Eigentlich hat eine Führungskraft dann schon genug für die Sinnvermittlung getan, wenn sei den Mitarbeitern erklären kann, welchen Beitrag sie zum Ergebnis der Organisation beitragen sollen und dann die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass sie auch dazu in der Lage sind.
Beim Versuch die Gedanken der Empowerment-Bewegung in den neunziger Jahren im Unternehmen umzusetzen, haben wir uns immer wieder gefragt, wie schaffen wir es beispielsweise, die Fähigkeiten eines Mitarbeiters, der als Sachbearbeiter arbeitet, in seiner Freizeit aber Vorsitzender eines großen Sportvereins ist, besser in seine Arbeit einzubringen.
Die Erkenntnis ist: Wenn der Mitarbeiter in der Vereinstätigkeit mehr 'Erfüllung' sieht, wird er nicht bereit sein, seine persönlichen Sinnpräferenzen zu ändern, selbst dann nicht, wenn der Job attraktiver gemacht wird. Und wenn er seine Aufgabe auch erfüllt, sollte der Arbeitgeber nicht von ihm zusätzlich mehr Identifikation fordern. Das Unternehmen gehen die persönlichen Überzeugungen des Beschäftigten nichts an und es hat keine Legitimation auch nur zu versuchen diese in seinen Dienst zu stellen.
Die Aufforderung 'Wir müssen für unsere Aufgabe brennen' symbolisiert genau das. Es reicht nicht, wenn der Job ordentlich gemacht wird, 'Du musst alles dafür geben'. Und wer das nicht macht, der zählt nicht zu den Top-Mitarbeitern.
Insofern sollte man dem Purpose-Trend gegenüber mehr Skepsis an den Tag legen, als anderen Management-Moden.
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