Mittwoch, 8. April 2020

"Formale Führung" abgeschafft....

.....stattdessen "Führung der Vielen"

Diesen Prozess ist das IT-Unternehmen smartsteuer am bewältigen. In einem Artikel im Management Modeblatt changement! beschreibt der CEO dieser Firma die natürlich positiven Effekte dieser Transformation.
Da derartige Projekte ja heutzutage in sind, lohnt es sich einmal genauer hinzusehen. smartsteuer hat 30 Mitarbeiter. Der CEO beschreibt in dem Artikel den "Abschied von der hierarchischen Organisationsstruktur" und die "Abschaffung der Abteilungsstrukturen". Da könnte man salopp entgegnen, wer mit 30 Mitarbeitern Hierarchie braucht, dem ist eh nicht mehr zu helfen. Der Eindruck verstärkt sich allerdings, wenn man liest, dass man das HR-Team abgeschafft habe. Spätestens da wundert man sich als Personaler. Was macht ein HR-Team bei einer derartigen Belegschaftsgröße?
Nun hat man statt Abteilungen "Verantwortungsdreiecke", statt Personalgesprächen gibt es "Feedback- und Konfliktteams" und das Management-Team wird durch einen Strategiekreis mit wechselnden Teilnehmern abgelöst. Es wird nach klaren Visionen mit ebenso klaren strategischen Zielen gearbeitet.
Für einen Außenstehenden klingen die Prozeduren und Instrumente, mit denen nun bei smartsteuer gearbeitet wird, reichlich kompliziert für eine derart überschaubare Organisation.
Wie allgemein üblich bei derartigen Fallbeispielen, bleiben wichtige Fragen unbeantwortet.
Wer trägt tatsächlich die Verantwortung für Entscheidungen? Wenn das Kollektiv Verantwortung trägt, wie sieht das konkret aus? Welche Rolle spielen die Eigentümer? Schließlich die spannende Frage: wer entscheidet über die Gehälter?
Stattdessen manch sinnentleerte Wortglauberei wie "Statt von Projekten wird jetzt von Missionen geredet" und ein fast lustiges Verständnis von Demokratie: "Es gibt keine demokratischen Abstimmungsprozesse, sondern stattdessen gelebte Eigenverantwortung und eine Abstimmung mit den Füssen."
Eine Erkenntnis allerdings ist bemerkenswert: "Es wird nicht mehr nach Scrum gearbeitet und damit gibt es auch keinen Product Owner mehr." Offenbar hat man wenigstens erkannt, dass das mit der Hierarchiefreiheit in agilen Strukturen doch nicht so ganz stimmt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen