Sonntag, 27. Januar 2019

Wer trägt die Verantwortung für ein selbstfahrendes Auto?

 Fördert Digitalisierung die organisierte Verantwortungslosigkeit?

"Die Ethik muss bei den Programmierern, Systemarchitekten, Managern, Zulassungs- und
Aufsichtsbehörden realisiert werden. Sie sind dafür verantwortlich, dass selbstfahrende Autos unseren Erwartungen entsprechen..."
So Prof. Armin Grunwald, Experte für Folgen technischer Entwicklungen und Technikphilosophie, in einem Artikel im Mannheimer Morgen vom 19.1..
Was ist denn mit der Ethik und der Verantwortung des Fahrers?
Natürlich ist zu hoffen, dass die
Programmierer nach einer Ethik handeln und dass die Autos unseren Erwartungen entsprechen.
Die Verantwortung für den Betrieb des Fahrzeugs kann nur der haben, der hinter dem Steuer sitzt.
Auch wenn der Computer noch so ausgefeilt ist, der Fahrer muss das System und den Verkehr im
Blick haben. Wir haben schon lange Erfahrung mit automatischer Steuerung in Flugzeugen. Sie starten und landen mittlerweile automatisch. Trotzdem sitzen immer zwei im Cockpit, von denen einer die Systeme im Blick hat und in Kontakt mit der Flugsicherung steht. Auch Schiffe können automatisch fahren. Trotzdem ist immer jemand auf der Brücke, der die Verantwortung für den Kurs hat.
Hat man jemals gehört, dass sich eine Ethikkommission mit Autopiloten von Flugzeugen befasst hätte? Die Diskussion um die "Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten" bei selbstfahrenden Autos kann ich nicht nachvollziehen. Sie passt für mich in den Trend zur organisierten Verantwortungslosigkeit, der sich in unserer Gesellschaft breit macht. Man kann nur hoffen, dass der Gesetzgeber sich davon nicht beeinflussen läßt und die Verantwortung eindeutig bei den FahrerInnen läßt.
Man sollte an der Stelle vielleicht auch die grundsätzliche Frage stellen, wie weit die Digitalisierung diesen Trend zur Verantwortungslosigkeit fördert. Wenn Menschen zunehmend in Prozesse, in Workflows eingebunden sind und deren Vorgaben folgen, wer ist dann für die Ergebnisse des Handelns verantwortlich? Der Programmierer, der den Workflow programmiert? Der Vorstand, der die Entscheidung getroffen hat, den Prozeß so einzuführen? Wie oft hören wir heute schon den Satz "Das ist so im System drin"? Schon bei oberflächlicher Betrachtung gibt es etliche Argumente um sich aus der Verantwortung zu ziehen.
Um so berechtigter ist die wieder häufiger zu hörende Forderung, Entscheidung und Verantwortung so weit wie möglich "nach unten" zu verlagern, dorthin, wo die Kompetenz dafür am besten ausgeprägt ist. Wenn man dies fordert, sollte man sich aber darüber im klaren sein, dass die Forderung zur reinen Ideologie gerinnt, wenn die Mitarbeiter in enge Prozesse eingebunden und zusätzlich womöglich noch durch Zielvereinbarungen oder kleinteilige Kennzahlenvorgaben gegängelt werden. Von organisationsinternen oder -externen Regelungen haben wir dabei noch gar nicht geredet.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen