Freitag, 18. Januar 2019

Ist das Team schon ein "totes Pferd" ?

Gerade unter den Management-Lehren gibt es einige tote Pferde, die beharrlich weitergeritten werden. Als Beispiele seien genannt die strategische Personalplanung oder der Glaube an die motivierende Wirkung von sogenannter leistungsabhängiger Bezahlung. Wobei bei letzterer mindestens einige mittlerweile "absteigen".
Ist möglicherweise das Team auch schon so etwas wie ein totes Pferd, dessen Mythos aus verschiedenen Gründen aufrechterhalten wird, obwohl es im Zeitalter der New Work keinen rechten Platz mehr hat?

Die Frage ist schon deshalb nicht so ganz einfach zu beantworten, weil der Teambegriff auf alles mögliche geklebt wird, ohne zu hinterfragen, ob es sich dabei wirklich um Teamarbeit handelt.
Ein Beispiel dafür ist ein jüngst in der ZEIT erschienenes Interview, in dem es um das Krativitätspotenzial von Arbeitgruppen ging. Im Text wird munter hin und her gesprungen zwischen Teamwork, Meetings oder Seminargruppen.
Sieht man sich Definitionen von "Team" an, sind die meist sehr allgemein gehalten, um dann im Folgetext eine Reihe von Differenzierungen aufzulisten, nach denen man dieses Phänomen unterscheiden kann. Allein die Schwierigkeit einer präzisen Definition könnten schon nahe legen, den Begriff möglichst wenig zu gebrauchen.
Noch verwirrender wird es, wenn man sieht für was das Team alles herhalten muss. Da reklamiert ein mittelständisches Unternehmen für sich "Wir alle sind ein Team". Oder der Begriff des "virtuellen Teams", ein Widerspruch in sich. Können Menschen, die über Kontinente verteilt via Inernet "zusammenarbeiten", sich persönlich mitunter gar nicht kennen, als Team bezeichnet werden?
Trotz oder gerade wegen dieser definitorischen Unschärfe genießt die Teamarbeit in den Lehren von der guten Zusammenarbeit einen ungebrochen hohen Stellenwert. Team ist per se etwas Positives. Wo mehrere zusammenarbeiten, sollen sie sich wie ein Team fühlen. Und es ja in der Tat angenehm, wenn man sich im Kreis der Kollegen wohlfühlt, wenn die Zusammenarbeit klappt und man sich aufeinander verlassen kann. Die soziale Identifikation überträgt sich auch positiv auf die Arbeitsleistung.
Gerade dieses Eingebundensein gibt Halt in einer unübersichtlichen, komplexen und sich immer schneller verändernden Umwelt. Das gibt dem Team zusätzliche Attraktivität und den romantischen Glanz des alleinigen Horts guter Zusammenarbeit.
Doch ist das noch die Realität?
Die zunehmende Aufhebung der Grenze zwischen Arbeits- und Privatsphäre, die Auflösung von festen Arbeitsorten und -zeiten fördern nicht gerade Teamarbeit. Stellvertretend seien genannt das Home-Office oder die Weiterentwicklung des Großraumbüros zu offenen Konzepten ohne feste Schreibtische und Arbeitsplätze. Und wenn IT-Firmen den Trend befeuern, dass die Beschäftigten im Unternehmen nicht nur arbeiten sondern auch ihre "Freizeit" verbringen, soll das die möglichst vollständige Identifikation mit der ganzen Company fördern. Gewünscht ist der hochflexible Mitarbeiter, nicht der, der sich in die Nestwärme seines Teams kuschelt.
Und wenn dann eine Umorganisation ansteht, wird auf Arbeitsgruppen und Teams eh nicht mehr geachtet. Dann zählen nur noch kostenoptimale Synergieeffekte.
Bis es soweit ist, dürfen die Mitarbeiter aber noch in den Hochseilgarten und Teambuilding üben.
"Wir alle sind ein Team" ist als Ideologie immer noch gut.
Wohl gemerkt, wo es gut zusammenarbeitende Teams und Gruppen gibt, sollten die Betroffenen sich glücklich schätzen. Aber die kann man nicht designen oder gar herbeireden.
Es täte gut die Teamarbeit angesichts der Realitäten in der neuen Arbeitswelt zu entmythologisieren.
Wir brauchen gute Zusammenarbeit, ob virtuell oder real. Teamarbeit brauchen wir nicht.

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