Gruppen entscheiden nicht besser als Einzelpersonen
Teamarbeit hat immer Konjunktur. Sie boomt geradezu, und das schon seit Jahrzehnten. Seit Menschen organisiert zusammenarbeiten gilt das Team als der Königsweg der erfolgreichen Zusammenarbeit. "Wir sind ein erfolgreiches Team" oder wahlweise "Wir müssen ein erfolgreiches Team werden" gilt als der unternehmerische Schlachtruf schlechthin. Am besten soll sich gleich das gesamte Unternehmen als Team verstehen.Und in der Arbeitswelt der Zukunft soll möglichst nur noch in international zusammengesetzten Projektgruppen gearbeitet werden, die sich als virtuelle Teams verstehen.
Da tut es gut, sich in Erinnerung zu rufen, dass es immer wieder Studien gibt, die zeigen, dass Gruppen keinesfalls bessere Entscheidungen treffen wie Einzelpersonen. Schon Ende des 19. Jahrhunderts hat man beobachtet, dass beim Tauziehen in der Gruppe die Teilnehmer weniger fest zupacken als einzeln. Studien aus jüngerer Zeit zeigen unter anderem, dass bei Schwimmwettkämpfen Sportler im Einzelwettbewerb besser waren als in der Staffel.
Bei der Einführung von Gruppenarbeit in der Produktion musste ich selbst die Erfahrung machen, dass die Leistungsträger das Gefühl hatten, andere Gruppenmitglieder zeigten weniger Einsatz, weil alle die gleiche Prämie bekamen. Ein Thema, dass zu gravierenden Unstimmigkeiten führte - trotz intensiver vorbereitender Trainings und Schulungen.
Bei genauerem Hinsehen gibt es also genügend Gründe, Teamarbeit nicht als das Non-Plus-Ultra der Zusammenarbeit in Organisationen anzustreben. Warum ist ihre Attraktivität dennoch ungebrochen? Vielleicht üben die Bilder siegreicher Sport-Mannschaften eine solche Faszination aus, dass man glaubt, dieses Prinzip auf Unternehmen übertragen zu können. Dabei muss eine Fußballmannschaft eine ganz spezielle Leistung unter ganz anderen Bedingungen erbringen als ein "Team" im Büro oder in einem Produktionsprozeß.
Darum zeigen auch die etwas krampfhaften Bemühungen, die Persönlichkeitseigenschaften der Mitarbeiter zu katalogisieren und danach die passenden Teams zusammenzusetzen meist wenig nachhaltige Wirkung. Auch die möglicherweise positiven Erfahrungen aus dem Teambuilding im Klettergarten halten im Arbeitsalltag meist nicht lange vor.
Man tut gut daran, die Anforderung an die Zusammenarbeit nicht zu überhöhen. Die hemdsärmelige Devise "Wir müssen ordentlich zusammenarbeiten und nicht zusammen in Urlaub fahren" ist eine brauchbare alltagstaugliche Leitlinie. Erst recht, wenn es mit der Zusammenarbeit klappt und die Beschäftigten in der Gruppe ihre Leistung bringen, muss man nicht noch zusätzliche Teambuilding-Aktivitäten draufsetzen. Vor allem dürfen diese nicht zum Alibi für den Chef werden. In erster Linie ist der dafür verantwortlich, dass seine Leute ordentlich zusammenarbeiten. Wenn es in der Abteilung Reibungen gibt, kann das auch am Vorgesetzten liegen.
Das regelmäßig geführte Abteilungsgespäch kann sowohl Prophylaxe gegen als auch Therapie bei Problemen mit der Zusammenarbeit sein. Mit diesem Instrument können die Mitarbeiter üben, sich auch über kritische Themen auszutauschen. Das braucht allerdings einige Zeit.
In manchen Situationen kann es auch sinnvoll sein, sich mit einem Moderator mal einen Tag zurückzuziehen und die Probleme strukturiert anzugehen.
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