Mittwoch, 3. Januar 2018

Das Narrativ lebt weiter.....

Parallel zu meinem letzten Post brachte DIE ZEIT auf ihrer Titelseite unter der Überschrift "Ist es gut, ständig erreichbar zu sein?" einen Pro- und einen Kontra-Beitrag zu dieser Frage, jeweils geschrieben von einem Redakteur mit Führunsgverantwortung. Was lesen wir - fast erwartungsgemäß - unter Pro? "Heute können sie (die Mütter und Väter) Beruf und Familie besser vereinbaren, weil sie nicht offline sein müssen (! - von mir): Sie sind für einige Stunden im Büro, holen ihre Kinder von der Kita ab und setzen sich abends noch ein Stündchen an den Computer."
Ach, ist das toll. Man freut sich regelrecht darauf abends noch in Ruhe in beruflicher Mission an den Computer zu gehen. Und der Pro-Autor setzt noch eins drauf: "Entgrenzung ist für sie ein anderes Wort für Freiheit."
Kein Wort in seinem ganzen Artikel davon, dass Arbeit heute immer mehr verdichtet wird, Aufträge immer schneller erledigt werden müssen und das Pensum immer größer wird. Vati oder Mutti haben oft gar keine andere Wahl als die Präsentation abends noch fertig zu machen, weil sie den Auftrag erst per Handy auf dem Weg zur Kita erhalten haben aber am nächsten Morgen schon liefern müssen. Aber vielleicht ist die Personalbemesung bei der ZEIT noch so großzügig, dass das kein Problem darstellt. Oder die Journalisten sind Zeitdruck und entgrenzte Arbeitszeit eh gewöhnt.
Wenn die Beschäftigten nicht mehr die Wahl haben, ob sie abends nochmal dienstlich an den PC gehen oder sich lieber auf die Couch legen, wird es problematisch. Wenn Flexibilisierung mit einer Erhöhung des Arbeitsvolumens einhergeht, wird sie zur Belastung und ihre Vorteile schlagen in Nachteile um.
Nicht unterschätzen sollte man auch die zunehmende Aufhebung der Trennung von Arbeitsort und Privatort. Beschäftigte klagen über das Fehlen von Rückzugsorten. Zum Abschalten gehört auch räumliche Distanz zur Arbeitsstelle.
Karl Marx hat schon vom Reich der Notwendigkeit und vom Reich der Freiheit gesprochen. Diese beiden Reiche lassen sich nicht vereinigen. Genauso wie sich der Gegensatz von Kapital und Arbeit nicht aufheben läßt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen