Wertschätzende Führung
Zur Verdeutlichung: der Begriff setzt sich aus "wertschätzend" und "Führung" zusammen. Das erste bedeutet, dass man den Wert derer, die man führt, schätzt. Das bedeutet nicht "Wert" im Sinne von Humanressource, von FTE, also von kostenrelevanter Kapazität. Sondern im Sinne von Anerkennung und Achtung der Persönlichkeit, von Annehmen des Mitarbeiters als Menschen. Ehe sie jetzt gelangweilt abwinken, der zweite Teil bedeutet, dass die Mitarbeiter "geführt" werden, dass die "Führungskraft" Verantwortung dafür übernimmt, dass sie die geforderten Ergebnisse bringen.Dazu ist Kommunikation nötig, Auseinandersetzung mit den Stärken und Schwächen, Korrektur, wo etwas falsch gelaufen ist und Ermutigung und Bestärkung, wo es gut voran geht. Dazu gehört aber auch loslassen und den Fähigkeiten der Mitarbeiter vertrauen, ihre Kompetenz bei der Entscheidungsvorbereitung miteinzubeziehen. Das bedeutet nicht "Laissez faire". Die Regeln müssen eingehalten werden und die Ergebnisse stimmen. Auch von den Mitarbeitern muss verlangt werden, dass sie Verantwortung für das übernehmen, was sie tun.
Das sichere Beherrschen des Slaloms zwischen "loslassen", "anweisen" und "kontrollieren" macht einen Teil der Führungskunst aus.
Was hat das mit "schlank" zu tun? Wer diese Führungskunst beherrscht, der braucht keine Führungskrücken, wie sie unter dem Etikett Performance-Management angeboten werden. Was ist "Führung" anderes wie "Performance-Management". Nur wenn man wertschätzende Führung, wie oben kurz angerissen, beherrscht, oder sich zumindest darum bemüht, dann braucht man keine wuchtigen Instrumente, wie Beurteilungs- oder Zielvereinbarungssysteme. Faires und wirkungsvolles Feed-Back braucht keine Formulare und vorgeschriebenen Prozeduren, seien sie analog oder digital. Sie sind die Krücken, die verabreicht werden, obwohl ordentliche Gespräche reichen würden. Würden die Unternehmen, den Aufwand, den sie in Performance-Management Systeme stecken, in das konsequente Training von Mitarbeitergesprächen investieren, würden sie langfristig gesehen sparen. Ein erster Schritt wäre schon, die Führungskräfte zu fordern, ihnen die Krücken ersatzlos weg zu nehmen, anstatt zu überlegen, wie sie das System optimieren. Lieber wird die Beurteilungsskala auf eine dreifarbige Ampeleinstufung reduziert, als regelmäßige und komsequente Mitarbeitergespräche ohne diese Mätzchen einzufordern. Lieber wird die Krücke noch gepolstert als die Patienten zum selbständigen Gehen zu motivieren. Bei den meisten Beurteilungssystemen geht es nachher darum, dem System gerecht zu werden. Das Formular muss ausgefüllt und termingerecht abgegeben werden. Das Ziel, dem Mitarbeiter differenziertes Feed-Back zu geben, gerät in den Hintergrund. Wer nur noch mit Krücken läuft, hat später schlaffe Muskeln. Wer nur noch Beurteilungsformulare ausfüllt, tut sich mit persönlichem Feed-Back schwer.
Ähnlich verhält es sich mit Zielvereinbarungssystemen. Die Mitarbeiter wissen, was sie zu tun haben. Sie kennen die Aufgaben ihrer Stelle. Diese sind oftmals vielfältiger und differenzierter als dass sie sich in fünf Zielen abbilden ließen. Dieses Aufgabenspektrum zu steuern und zur Erreichung des Unternehmensergebnisses zu konzentrieren, ist eine klassische Führungsaufgabe. Wer das nicht beherrscht, gehört nicht auf eine Führungsposition. Überdies trägt das Zielvereinbarungssystem noch dazu bei, diese Schwächen zu kaschieren. Selbst ein schwacher Chef schafft es noch fünf Ziele zu formulieren und in ein Formular einzutragen. Ob er aber in der Lage ist, mit seinem Verantwortungsbereich einen wirkungsvollen Beitrag zum Unternehmensergebnis zu leisten, ist damit nach lange nicht gesagt.
Man sieht sehr schnell, dass man mit wertschätzender Führung einen wirkungsvolleren Beitrag zum Unternehmensergebnis beitragen kann ohne auf aufwendige Systeme angewiesen zu sein. Leider tun sich aber auch die HR-Kollegen mit dieser Einsicht schwer. Sie sehen in der Konzeption und dem Betrieb dieser Instrumente eine Rechtfertigung ihrer Funktion im Unternehmen. Von daher wird es mit der Schlankheit in diesem Bereich nicht so schnell gehen.
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