Alkohol ist zwar in vieler Munde - geredet wird darüber aber kaum. Insbesondere nicht in Betrieben und jeglichen anderen Organisationen. Alkohol gilt als anerkannteste Droge, was man auch daran erkennt, dass ihr Mißbrauch häufig gedeckt, bemäntelt und heruntergespielt wird. In vielen Unternehmen werden immer noch die Probleme, die manche Mitarbeiter mit Alkohol haben, nicht zur Kenntnis genommen oder verdrängt. Motto: "Bei uns gibt es das nicht." Selbst Betriebsräte, die ja eigentlich die Interessen der Belegschaft vertreten sollen, tun sich zuweilen schwer über eine Betriebsvereinbarung zu verhandeln, die regelt, dass kein Alkohol mehr verkauft werden soll. Ganz besonders in bayrischen Regionen tritt dieses Phänomen ausgeprägt auf. Bier gilt dort als Nahrungsmittel.
Auch wenn es dazu unterschiedliche Zahlenangaben gibt: der Anteil von Alkoholsüchtigen unter Erwachsenen
wird mit 5-10% angegeben. Da ein Industriebetrieb ein Ausschnitt der gesellschaftlichen Realität ist, müssen diese Werte auch für Betriebe, Behörden oder etwa auch Krankenhäuser gelten. Vor allem größere Organisationen tragen dem auch Rechnung, indem sie betriebliche Sozialberatungen etabliert haben, die gerade in der Suchtabhängigenbetreuung einen Schwerpunkt haben. Ich selbst habe erlebt, dass ich von Kollegen mitleidig gefragt wurde, ob wir damit Probleme haben, wenn ich davon berichtete, dass wir mit Alkoholismus offensiv umgehen. Selbst Personalleute stecken bei diesem Thema oft den Kopf in den Sand.
Dabei kann es für Unternehmen - und das gilt für jede einzelne Führungskraft - hier nur eine Verhaltensmöglichkeit geben: Das Problem offen anzugehen und nicht unter den Teppisch zu kehren. Besonders die direkten Vorgesetzten müssen sensibel sein und spüren, ob ein Mitarbeiter Auffälligkeiten zeigt. Aber auch die Kollegen sind hier gefordert. Oft sind auch sie es, die den Kollegen nicht in die Pfanne hauen wollen, wenn sie merken, dass er wieder getrunken hat. Zu beachten ist auch: Alkoholprobeme gibt es auf allen Hierarchiestufen, nicht nur in der Fabrik. Ganz oben wird es natürlich besonders heikel. Wer fragt schon den Hauptabteilungsleiter, ob er ein Alkoholproblem hat.
Es ist natürlich für jeden Chef auch eines der schwierigsten Themen. Die Symptome sind selten eindeutig und auch nicht auf Anhieb zu erkennen. Kann man dann schon einen Mitarbeiter ansprechen und ihm möglicherweise bitter Unrecht tun? In jedem Fall muß man sehr sorgfältig damit umgehen. Aber wenn man Leistungsschwächen, Abwesenheiten, Fehler u.s.w. bemerkt und das in gehäuftem Umfang, dann wird es Zeit zu reagieren. Dann sollte man auch den Mitarbeiter offen ansprechen, auch wenn der zunächst heftig abwehren wird. Aber er wird wissen, dass er auffällt. In jedem Fall muß man reagieren, wenn jemand alkoholisiert am Arbeitsplatz erscheint. Ihn muß man nach Hause bringen lassen und am nächsten Tag ein Personalgespräch mit ihm führen und ggf. ein individuelles Alkoholverbot erteilen.
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