Workplace Analytics - Ist das die Zukunft des Performance Managements?
Führungskräfte, denen die jährlichen Beurteilungsrunden ein Graus sind, können aufatmen. Bald sind die Zeiten vorbei, in denen noch persönlich mit den MitarbeiterInnen über Leistung geredet werden muss. Schon heute gibt es Technologien, mit deren Hilfe man bestimmte Verhaltensaspekte von Beschäftigten erfassen, mit anderen Merkmalen kombinieren und so Aussagen über deren Leistungsverhalten, pardon, deren Performance, generieren kann. Der Chef braucht nicht mehr mühevoll über einem Beurteilungsformular zu grübeln, um einen Punktwert hinzubiegen, der seiner Mitarbeiterin nichts von der Leistungszulage wegnimmt oder alternativ ihr über eine Erhöhung der Leistungszulage eine kleine Entgelterhöhung bringt. Stattdessen schaut er auf sein Performance Dashboard und ruft sich die Leistungsdaten der Mitarbeiterin auf. Auch die Leistungszulage wird gleich mit errechnet. Das erspart die Diskussion mit der Mitarbeiterin. Man braucht nur noch auf das Dashboard zu zeigen und darauf hin zu weisen, dass das System ja objektive Zahlen liefert.
Über Tools wie Workplace Analytics können Daten aus der Nutzung von Programmen wie Outlook, Teams oder Sharepoint gesammelt werden. Damit können die Mailnutzung analysiert werden oder die Dauer von Meetings und Viedokonferenzen. Es läßt sich auch festestellen, wie lange an einem Dokument gearbeitet wurde oder mit wem der Beschäftigte vernetzt ist oder chattet. Aus den Daten können Vorschläge zur Optimierung des Arbeitalltags generiert werden, wobei der Microsoft Graph nach und nach Verbindungen zwischen Personen, Dokumenten und Interaktionen knüpft und dabei lernt. Mit dem Tool MyAnalytics können Daten auf der Ebene einzelner Mitarbeiter ausgewertet werden und so auch Zusammenhänge zwischen Verhaltensweisen und Performance hergestellt werden.
Auch wenn das hierzulande noch nicht verfügbar ist und allein unsere Mitbestimmungsgesetzgebung eine derartige Praxis deutlich erschweren würde, sollte man davon ausgehen, dass eine Technik, die funktioniert, auch praktiziert wird.
Microsoft hat das in einer Studie mit mehreren tausend Vertriebsmitarbeitern schon mal vorexerziert. Über sechs Monate wurde deren Mails und ihr Meeting-Verhalten ausgewertet. Diese Daten wurden mit der Vertragsabschlussrate korreliert.
Die alte Führungskrücke Mitarbeiterbeurteilung kann also getrost ins Managementmuseum wandern. Doch was wird aus der Führung, der persönlichen, individuellen Führung? Die darf nicht noch weiter reduziert oder an Systeme delegiert werden. Es geht nicht darum, die Errungenschaften der Digitalisierung zu verteufeln. Sie können auch im Rahmen von wertschätzender Führung genutzt werden. Persönliche Führung und Begleitung ist eine unabdingbare Voraussetzung für den mitarbeiterorientierten Ensatz von digitalen Instrumenten.
Es ist höchste Zeit, dass sich die Tarifvertragsparteien um dieses Thema kümmern.
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