Sonntag, 22. November 2020

Ist es eigentlich notwendig, dass die Kanzlerin sich so intensiv um die Pandemiebekämpfung kümmert?

Was können Manager daraus lernen?

Pandemiebekämpfung scheint Chefsache zu sein. Die Kanzlerin an vorderster Front im Kampf gegen die Pandemie. Ob im regelmäßigen, mühevollen Kampf mit der föderalegoistischen und auch profililierungsgetriebenen MinisterpräsidentInnenriege oder in der wöchentlichen Videobotschaft, Merkel ist immer präsent. Das kommt bei der Bevölkerung gut an. Unangefochten führt die Kanzlerin die Umfragehitparade der Politiker an.
Aber muss das auch wirklich so sein? Gewiss hat die Bekämpfung der Corona Pandemie auch für die Politik aktuell höchste Priorität. Da sind aber in erster Linie die zuständigen Minister gefordert, die das bisher auch im Großen und Ganzen gut im Griff haben.
Ist es wirklich notwendig, dass sich die Kanzlerin regelmäßig mit den MinisterpräsidentInnen treffen muss? Würde es nicht reichen, wenn das die GesundheitsministerInnen der Länder mit dem Bundeskollegen behandeln würden? Dann würde vielleicht auch etwas weniger persönlicher Profilierungsehrgeiz mitspielen zugunsten einer sachlicheren Debatte. Wenn es gar nicht weitergeht, könnten die ChefInnen immer noch eingreifen.
Wäre es nicht besser, wenn die Kanzlerin sich stattdessen verstärkt anderen Themen widmen würde?
Europa zum Beispiel. Deutschland hat zur Zeit die EU-Ratspräsidentschaft. Welche nennenswerten Impulse haben wir dazu bisher gehört? Natürlich kommt sofort das Argument 'Corona überschattet alles'. Aber das zählt in der Politik leider nicht. Die Weiterentwicklung der EU ist mindestens so dringend wie die Pandemiebekämpfung.
Aber kommt uns dieses Verhaltensmuster nicht auch aus anderen Organisationen, wie auch aus Unternehmen bekannt vor? Da widmet sich der Vorstand, oder einzelne seiner Mitglieder, intensiv einem bestimmten Problem, obwohl es vielleicht besser wäre "das Große und Ganze" im Blick zu haben. Manchmal sind es womöglich nur Detailfragen, oder solche von "regionaler" Bedeutung, die viel besser von dafür direkt Zuständigen gekärt werden könnten.
So hören wir aktuell aus verschiedenen Unternehmen, dass sich Unternehmenschefs gegen die Arbeit im Homeoffice wehren, obwohl die Beschäftigten damit gut zurecht kommen. Wenn die Führungskräfte und ihre MitarbeiterInnen das gut im Griff haben und die Leistung erbracht wird, sollte die Unternehmensleitung tunlichst ihre Finger da raus lassen und sich um wichtigere Dinge kümmern. Aber auch hier ist es wie in der Politik. Wenn ein Thema "öffentlichkeitswirksam" ist, zieht es der Vorstand gerne an sich, um sich möglichst gut zu verkaufen. Dass das manchmal nicht so gelingt, kann man allerdings an dem Home-Office Thema auch sehen.
Der immer wieder bemühte Lehrsatz, dass Entscheidungen in Organisationen dort gefällt werden sollten, wo die meiste Kompetenz dafür vorhanden ist und nicht möglichst weit oben, wird in der Praxis noch zu wenig beachtet.
Die Entscheidungen der MinisterpräsidentInnenrunde zur Pandemiebekämpfung sind ein augenfälliges Beispiel dafür.

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