Unternehmen sind nicht für Sinnstiftung zuständig
Aus der spärlichen, fundiert kritischen Diskussion, die es zu Purpose gibt, ist das berechtigte Argument zu hören, dass es einem Unternehmen nicht zusteht, den Beschäftigten Sinn überzustülpen. Für die Sinnstiftung in der Belegschaft ist der Arbeitgeber nicht zuständig. Das Unternehmen gewinnt den Sinn seiner Existenz aus dem, was es an Produkten oder Dienstleistungen anbietet und aus dem Ergebnis, sprich Gewinn, das es daraus erzielt.
Die MitarbeiterInnen kommen mit unterschiedlichen Sinnvorstellungen zur Arbeit. Die Basismotivation für die meisten dürfte zunächst die Sicherung des Lebensunterhaltes sein. Darüberhinaus wollen sie ihre Kenntnisse und Erfahrungen möglichst adäquat einsetzen, wollen Karriere machen, suchen Anerkennung und Wertschätzung, wollen auch etwas Freude dabei haben oder vielleicht nur einen Job machen, um damit Geld zu verdienen.
Zusätzliche Sinnstiftung ist für beide Seiten nicht notwendig.
Nun argumentieren die Purpose-Jünger gerne mit Umfrageergebnissen, nach denen die Beschäftigten angeben, 'etwas Sinnvolles' arbeiten zu wollen, etwas zur Verbesserung der Gesellschaft beitragen zu wollen und dass ihnen das sogar wichtiger wie Geld sei. Da muss man genau hinschauen, was wirklich gefragt wurde. Wenn sich jemand auf eine Stelle bewirbt, werden höchstwahrscheinlich die vorhin genannten Gründe die zentrale Rolle spielen. Wenn die im Großen und Ganzen erfüllt sind, wird der Beschäftigte auch das Gefühl haben etwas Sinnvolles zu tun.
Dass ein Paketbote möglicherweise gerne eine andere Tätigkeit ausüben würde, kann man leicht nachvollziehen. Der stellt sich aber dann wahrscheinlich einen besser bezahlten, leichteren und weniger stressigeren Job vor. Ob ihm 'Sinnangebote' seines Arbeitgebers helfen, sein Paketbotendasein mit größerer Freude anzunehmen, ist fraglich.
Ob es also wirklich 'sinnvoll' ist, ob es bei den Beschäftigten eine motivierende und leistungssteigernde Wirkung hat, wenn ein Unternehmen über seinen 'normalen' Daseinszweck hinaus den Beschäftigten einen Sinn ihrer Arbeit zu vermitteln versucht, ist fraglich. Kritisch zu sehen ist in jedem Fall, wenn der Arbeitgeber den Beschäftigten Sinn aufoktroyiert. Das beliebte 'Wir sind eine Familie' beispielsweise ist unsinnig und mittlerweile auch abgegriffen.
Die MitarbeiterInnen dürften dann motiviert arbeiten, wenn sie das Gefühl haben, ihre individuellen Sinnvorstellungen in die Arbeit einzubringen und nicht die zwanghaft übernehmen zu müssen, die ihnen der Arbeitgeber vorsäuselt.
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