Trotz Me Too immer wieder aktuell
Wie würden sie entscheiden? Bei der Weihnachtsfeier philippinischer Pflegerinnen in der Tübinger Uniklinik wird ein Spielchen namens Banana Eating gespielt. Ein Chefarzt klemmt eine Banane zwischen seine Beine. Eine Pflegerin kniet vor ihm und muss diese Banane mit dem Mund schälen.Wie das heute so ist, landet ein Video davon im Netz. Die Aufregung in der und um die Klinik ist groß. Die Klinikleitung distanziert sich davon und verurteilt das Geschehen. Die beteiligten Ärzte entschuldigen sich anschließend. Der Personalrat fordert arbeitsrechtlche Konsequenzen.
Ein anderes, ganz aktuelles Beispiel aus einem renmmierten, großen Unternehmen. In dessen Kantinenbetrieb läßt ein männlicher Mitarbeiter vor den versammelten Mitarbeiterinnen die Hosen runter und präsentiert sich in der Unterhose. Auf das Zitat der begleitenden Sprüche verzichte ich hier. Einige der Zuschauerinnen lachen. Andere fühlen sich dadurch belästigt. Eine der Frauen filmt auch hier. In diesem Betrieb gibt es offensichtlich öfter solche Vorkommnisse. Manche Frauen haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren und halten den Mund. Andere nehmen es wohl lockerer.
Wie sind diese Vorfälle zu bewerten? Klare Antwort für beide Fälle, so etwas geht nicht und die Verantwortlichen müssen das auch klar zum Ausdruck bringen. Arbeitsrechtlich gesehen ist der Tübinger Fall nicht eindeutig. Die ZEIT hat dem Vorfall eine ganze Seite gewidmet und Stellungnahmen fast aller Beteiligten veröffentlicht. Eine betroffene Pflegerin teilt mit, sie habe sich nicht sexuell belästigt gefühlt und auf philippinischen Weihnachtsfeiern sind derartige Spielchen durchaus üblich. Aus den Stellungnahmen der Betroffenen und Beteiligten läßt sich heraushören, dass niemand sich des sexuellen Bezugs bewußt war.
Es hat sich offensichtlich um eine betriebliche Feier gehandelt. Auch wenn einige Beteiligte offensichtlich kein Problem damit oder sogar Spaß dabei hatten, hätte der Professor zum Ausdruck bringen können dass ein derartiges Spiel hierzulande eindeutig sexuellen Bezug hat und er deshalb um Verständnis bittet, sich nicht daran zu beteiligen. Das wäre eine angemessene Reaktion gewesen, die sicher auch Verständnis gefunden hätte. Gerade Führungskräfte müssen das Standing und die Urteilskraft haben sich an solchen Aktivitäten nicht zu beteiligen und sie nicht zu unterstützen.
Damit kann man den Bogen zu den Vorfällen in der Kantine spannen.
Hier wird nämlich deutlich, wohin ein lockerer Umgang mit solchen Vorkommnissen führt. Sexistisch orientiertes Verhalten wird verharmlost und damit gleichzeitig auch gefördert. "Ist doch alles nur ein Spaß".Das zweite Beispiel ist auch arbeitsrechtlich eindeutiger. Ein derartiges Verhalten am Arbeitsplatz ist nicht akzeptabel. Und dass so etwas dort wohl häufiger vorkommt, bestätigt meine obige These. Hier halte ich eine Kündigung für gerechtfertigt und habe das auch selbst schon in vergleichbaren Fällen praktiziert. Die von den Kündigungen Betroffenen kamen auch bei den angerufenen Arbeitsgerichten nicht weit.
Es ist für eine Organisation wichtig klar Position zu beziehen, dass das keine 'Kavaliersdelikte' sind - wobei dieser Begriff in diesem Zusammenhang schon zynisch ist.
Und komme jetzt keiner mit dem Spruch: Bei uns gibt es so etwas nicht.