Sonntag, 23. Februar 2020

Wie flexibel kann ein Arbeitszeitgesetz sein?

Mittags früher Schluß, Kind aus der Kita holen und abends nochmal an den Rechner

Das scheint ein Lieblingsnarrativ von Arbeitgebervertretern zu sein, wenn es um flexible Arbeitszeiten geht. Dieses Beispiel mit geringen Abwandlungen ist immer wieder von Arbeitgebervertretern zu hören, wenn es um die Reform des deutschen Arbeitszeitrechts geht. Damit wollen sie verdeutlichen, wie überholt beispielsweise die im Gesetz vorgeschriebene elfstündige Ruhezeit zwischen Arbeitsende und Wiederaufnahme der Arbeit ist. Wenn Mutti oder Papa abends um 21 Uhr nochmal ihre Mails checken, können sie diese Ruhezeit nicht einhalten, wenn sie morgens schon wieder zeitig im Büro sein wollen.
Es gibt schon lange den Spruch, dass das Arbeitszeitgesetz das am meisten übertretene Gesetz sei. Und dass Beschäftigte abends nochmal an den Rechner gehen, um Arbeit zu erledigen, dürfte gängige Übung sein ohne dass sich jemand an dem Gesetz stört oder ein derartiges Verhalten von irgendwem kontrolliert würde.
Allerdings ist natürlich das ein Hinweis darauf, dass diese Regelung in der Tat hinfällig sein kann. Wenn auch die Betroffenen, also die, die damit geschützt werden sollen, kein Problem mit der Nichteinhaltung haben, dann kann man sie zumindest kritisch hinterfragen und verändern.
Doch da kommen wir an den Haken der Geschichte. So notwendig die Überarbeitung des Arbeitszeitgesetzes ist, so notwendig ist seine Existenz als Schutzgesetz gerade in der heutigen Zeit. Ein Gesetz muss nicht detailliert Pausen während der Arbeitszeit regeln, aber es muss verbindliche Rahmenbedingungen vorgeben, die bei Nichtbeachtung einklagbar sind. Im Falle der Ruhenszeit könnte das so aussehen, dass ein Zeitrahmen vorgegeben wird, keine starre Stundenzahl, der über einen längeren Zeitraum eingehalten werden muss. Der Zeitrahmen könnte beispielsweise 9 - 11 Stunden betragen und muss in einem Zeitraum von sechs Monaten im Durchschnitt eingehalten werden. Als Ergänzung dazu muss es eine tägliche Höchstarbeitszeit geben, in die auch Home-Office Zeiten eingerechnet werden. Eine derartige Regelung scheint mir notwendig zu sein, da gerade die Arbeitszeit, die Arbeitsbedingung ist, die am meisten strapaziert wird.
Allerdings ist damit noch nicht das Handicap behoben, das schon das existierende Gesetz hat. Wie werden seine Vorschriften wirkungsvoll kontrolliert? Die kommende Ausfzeichnungspflicht kann ein Schritt in die richtige Richtung sein. Sie darf allerdings auch nicht mit überzogener Bürokratie ausgestattet sein. Das läßt sich mit einiger Phantasie durchaus bewerkstelligen.
Bevor die Arbeitgeber mehr Flexibilität fordern, sollten sie sich klar gegen die schwarzen Schafe in ihren Reihen positionieren, die in der Tat versuchen die Ressourcen ihrer Mitarbeiter auszubeuten.

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