Einige langweilen sich - viele schieben Überstunden.
Interessante Erkenntnisse über das Arbeitsleben lieferte uns die Statistik in dieser Woche. Doch vorweg: Sie wissen, was Bore-Out ist? Das Gegenteil von Burn-Out. Die Betroffenen leiden unter einem Job, der sie langweilt und unterfordert. Nach Erkenntnissen der Deutschen Universität für Weiterbildung in Berlin fühlen sich 11% der Erwerbstätigen unterfordert. 53% von diesen mangelt es an anspruchsvollen Aufgaben, 48% an Verantwortung und 37% an Abwechslung (zit. nach Mannheim Morgen, 9.7.)Einige Tage später lesen wir, dass die Zahl der Überstunden gegenüber dem Vorjahr wiederum angestiegen ist. Im vergangenen Jahr wurden sagenhafte 816,2 Millionen bezahlte und 997,1 unbezahlte Überstunden geleistet. Statistisch gesehen arbeitet jeder Beschäftigte 46,8 Stunden mehr als vereinbart. Die Zahlen stammen aus einer Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dem Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit.
Passen beide Befunde zusammen? Ja. Auch auf der Ebene des Einzelbetriebes kann man das Phänomen beobachten, dass es in einem Bereich brummt und die Beschäftigten sich krumm legen, während es in anderen Abteilungen eher ruhiger zugeht. Selbst jemand, der "viel zu tun" hat, kann sich unterfordert fühlen, weil er immer nur stupide Rouinearbeiten machen muss, obwohl er vielleicht das Potenzial hätte, etwas Anspruchsvolleres zu tun.
Auch hier bekommen wir einen Hinweis auf mögliche Führungsdefizite Vielleicht ließe sich die eine oder andere Überstunden durch eine bessere Personaleinsatzplanung verhindern.
Problematischer aber ist der Befund, der wahrscheinlich als ausschlaggebend hinter der Überstundenstatistik steckt. Die Personaldecke ist zu dünn. Es wird bereits in der Planung mit Unterkapazität gearbeitet. Zitat eines Personalleiters: "Wir arbeiten von vornherein mit 5% Unterdeckung". Nicht akzeptabel ist vor allem die hohe Zahl der unbezahlten Überstunden. Selbst wenn darin die der außertariflichen Angestellten enthalten sein sollten. In vielen Arbeitsverträgen auch von Sachbearbeitern steht heute die Klausel, dass eine bestimmte Anzahl von unbezahlten Arbeitsstunden mit dem Gehalt abgegolten ist. Viele Unternehmen mit Gleitzeitregelungen gehen davon aus, dass die Mitarbeiter ein Teil ihres Zeitguthabens verfallen lassen.
Viele Mitarbeiter haben Verständnis für Kostendruck und zählen auch nicht minutengenau ihre Arbeitszeit, aber sie haben einen Anspruch auf fairen Umgang mit iher Abeitszeit. Die Überstundenstatistik macht aber vor allem deutlich, dass es höchste Zeit ist für neue Arbeitszeitkonzepte. Das ist eine Forderung, mit der sich die Tarifvertragsparteien auseinandersetzen müssen. Die Gewerkschaften können sich nicht auf die berechtigte Kritik des Zustandes beschränken sondern müssen auch von ihrer Seite innovative Lösungsvorschläge einbringen. Die Arbeitgeber können nicht nur mit Kosten argumentieren, sondern müsen auch die Bedürfnisse der Beschäftigten sehen. Wenn es gelänge, moderne Arbeitszeittarifverträge zu vereinbaren, dann würden vielleicht auch Tarifvertäge insgesamt wieder mehr Akzeptanz finden.
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