Die ZEIT hat in ihrer letzten Ausgabe (Nr. 24, 2.6.) Thomas Sattelberger über zwei Seiten Raum für den Leitartikel des Wirtschaftsteils gegeben, in dem er über die "Macht und Selbstherrlichkeit" mancher deutscher Manager wettert. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit den Zuständen bei VW, aber auch andere deutsche Top-Manager bekommen ihr Fett weg. Und man muss sagen, zu Recht. Das, was er kritisiert und die Schlußfolgerungen, die er daraus zieht kann ich in vollem Umfang unterschreiben. Bis auf den letzten Absatz.
Dort wirbt er für das "demokratische Unternehmen" und für das Experimentieren mit neuen Führungsarten einschließlich Wahl und Abwahl von Führungskräften und beispielsweise der Mitbestimmung der Basis in Fragen der Unternehmensstrategie.
Ich will hier nicht meine Argumente aus der Vergangenheit wiederholen. Siehe dazu meine Posts unter Demokratie.
Einige Anmerkungen seien doch erlaubt. Herr S. schreibt u.a. "Ich war bestimmt kein Vorbild an
offener unautoritärer Führung,....Freiraum und Kreativität...hatten bei mir immer Freiraum." Auch wenn wir ihm das gerne glauben, sei doch die Frage erlaubt, warum hat er nicht in seinen Zeiten als Vorstandsmitglied verschiedener namhafter Unternehmen mit "demokratischen" Strukturen experimentiert? Mangelnde Offenheit für Innovation kann man ihm gewiss nicht unterstellen.
Gerade sein Hauptbeispiel in dem Artikel, VW, dürfte deutlich machen, wie schwierig es ist, eine derartige Großorganisation zu einem "demokratischen Unternehmen" zu machen.
Kann man sich vorstellen, dass der VW-Aufsichtsrat den Vorstand von der Belegschaft oder vielleicht den Leitenden Angestellten wählen läßt? Kann man sich vorstellen, dass Herr Müller seine Leitenden von den ihnen Nachgeordneten wählen läßt? Wohl eher nicht. Ich kann es mir auch bei anderen großen Aktiengesellschaften nicht vorstellen.
Gerade VW ist ein Beispiel für ein Unternehmen, das eine einflußreiche Arbeitnehmervertretung hat. Diese Arbeitsnehmervertretung wird demokratisch gewählt. Trotzdem ist sie, wie auch Herr S. in seinem Artikel beschreibt, sehr gut mit der Unternehmensleitung "vernetzt".
Schließlich noch ein Blick in den politischen Raum. Parteien haben auf allen organisatorischen Ebenen sehr ausgeprägte demokratische Prozeduren, aus denen ihre Führungskräfte hervorgehen. Fördern die, dass dort nur lautere Zeitgenossen ohne persönliche Macht- und Profilierungsinsteressen an die Spitzen kommen? Wir werden immer wieder eines besseren belehrt.
Die Forderung nach Demokratie in Unternehmen zielt in die falsche Richtung. Herr S. schreibt es selbst: Wir brauchen "eine Wertekultur, die nicht kompromittierbar ist und auch dann nicht dem Geschäftserfolg geopfert wird, wenn es hart auf hart kommt."
Das Experimentieren mit neuen Organisations- und Führungsformen ist notwendig und sinnvoll. Es darf aber nicht vergessen werden, worum es im Kern geht.
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