Jetzt reicht's aber! Es ist doch schon schwer genug, keinen Fehler zu machen. Null Fehler ist unrealistisch. Fehler sind eben menschlich. Jetzt wird die Messlatte noch höher gehängt. Besser wie fehlerfrei geht doch gar nicht. Doch - weil Null-Fehler das falsche Ziel ist. Das Stöhnen darüber, dass es unrealistisch ist Fehler gänzlich zu vemeiden, ist ja höchst berechtigt. Und je komplexer unsere Arbeits- und Lebenssituationen werden, desto schwieriger wird es Fehlentscheidungen und Fehler zu vermeiden. Je mehr Handlungsoptionen ich habe, desto größer ist auch das Risiko eine falsche zu wählen.
Den Verantwortlichen in Organisationen - Unternehmen wie auch anderen - fällt dazu oftmals leider nur ein Mittel ein: soviel wie möglich zu regeln. Mit Regeln und Vorschriften schafft man reibungslose Abläufe. Die Leute wissen, woran sie sich zu halten haben und die Fehler werden reduziert. Doch das ist ein Irrglaube. Je mehr Vorschriften es gibt und je detaillierter sie sind, desto schwieriger wird es sie einzuhalten. Fehlerlos würde ja bedeuten, dass alle Vorschriften beachtet und alle Regeln eingehalten werden. Je komplexer das Umfeld jedoch ist je schneller es sich verändert, desto weniger nützen Regeln.
Um es gleich einzuschieben: ich plädiere nicht für ein Leben ohne Regeln. Das geht leider auch nicht. Und wo man einen betrieblichen Ablauf in einem gut strukturierten Prozeß standardisieren kann, sollte man es tun. Aber man muss sich dann zumindest einigermaßen sicher sein, dass dieser Prozess eine Zeit lang Bestand hat und dass nicht regelmäßig Sonderfälle eintreten. Das gilt besonders für elektronische Workflows. Denn diese sind ja besonders starr und nicht kurzfristig änderbar. Zumindest für den Workflow sollte allerdings die Anforderung null Fehler gelten. Wenn ein neues Mitglied von der Krankenkasse ein Schreiben bekommt, es solle doch noch ein Passbild für die Versichertenkarte einreichen, obwohl das längst erledigt ist, und auf Nachfrage bei der Kasse die Antwort erhält."Ach, vergessen sie den Brief, den schickt der Computer automatisch raus", dann scheint schon der Workflow selbst nicht in Ordnung zu sein.
Es muss schon das Ziel sein, fehlerfrei zu arbeiten, bei allem Verständnis, dass dann doch Fehler passieren. Nur reicht es nicht aus, die Regel einzuhalten und Fehler zu vermeiden. Es muss auch möglich sein, die Regel zu hinterfragen. Dazu muss man sie aber verstehen können und wissen, warum es sie gibt. Das ist wiederum eine Voraussetzung dafür, in Situationen, auf die die Regel nicht passt, abweichend zu reagieren. Das ist die hohe Kunst die heute Mitarbeitern vermittelt werden muss. In neuen, ungewohnten Situationen passend zu reagieren. Und das selbständig und eigenverantwortlich. Für die Führungskräfte bedeutet das mehr denn ja, die Mitarbeiter dabei zu begleiten, zu unterstützen und dahin zu entwicklen, dass sie das können. Das ist mehr und etwas anderes, wie an Hand von Kenngrößen den Output zu kontrollieren.
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