Warum tun sich manche/viele Manager und auch andere Beschäftigte so schwer, wenn es soweit ist, in den sogenannten Ruhestand zu gehen? In einem Artikel der aktuellen Ausgabe der ZEIT wird das sogenannte "Sterbehaus" der Deutschen Bank beschrieben. Das ist ein kleines Gebäude im Schatten der Deutschen-Bank-Türme in dem ehemalige Vorstandsmitglieder der Bank nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst ihre Zeit verbringen - anders kann man es wohl nicht nennen. Sie bleiben freiwillig dort, obwohl sie keine richtigen Aufgaben mehr haben. "Man hat das Gefühl, dass es noch nicht zu Ende ist. Das man noch gebraucht wird, noch teilnimmt." wird einer von ihnen zitiert.
Ein anderer erzählt, dass er Briefe an die aktuellen Vorstände schreibe und seinen Rat anbietet. Antwort erhält er nie darauf. Das Phänomen nicht loslassen zu können tritt keineswegs nur bei Vorständen oder ehemaligen Topmanagern auf. Auch nachrangige Führungskräfte tun sich oft schwer, die Zügel aus der Hand zu geben. Ich kenne ein Unternehmen, in dem es bei leitenden Angestellten fast schon zum Satussymbol geworden ist, nach dem Erreichen des Rentenalters noch einen Beratervertrag zu ergattern. Weiter unten in der Hierarchie nimmt das Bedürfnis, länger oder sogar so lange wie möglich zu arbeiten, nach meiner Beobachtung ab. Studien weisen darauf hin, dass sich vor allem solche Arbeitnehmer schwer tun aufzuhören, die mit dem Verlauf ihres Arbeitslebens nicht zufrieden sind. Deren Karrierehoffnungen vielleicht nicht erfüllt wurden und die immer noch den Drang spüren, etwas nachzuholen. Das taugt nun bei Topmanagern nicht als Erklärung. Hier spielen Geltungsbedürfnis, Einfluss, Status, Privilegien eine Rolle. Es fällt schwer das alles aufzugeben. Aber warum tun es sich diese Menschen dann an, in ein "Sterbehaus" zu ziehen oder Beraterverträge anzunehmen, deren Beratungsinhalt im Unternehmen kaum gebraucht und manchmal nur genervt zur Kenntnis genommen wird? Merken sie nicht, dass sie dort nicht mehr gebraucht werden, dass ihre Zeit abgelaufen ist?
Wohlgemerkt, das spricht nicht gegen die längere Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern. Es ist für jede Organisation gut Erfahrunngsträger an Bord zu haben und Know How zu sichern. Nur irgendwann muss es weitergegeben werden. Erfahrung ist nicht per se etwas Gutes, sie ist es nur dann, wenn sie sich mit aktuellem Wissen paart und wenn die alten Haasen bereit sind, dazuzulernen und altes Wissen zu vergessen, zu entlernen. Wer geistig und körperlich fit ist, soll ruhig bis 68 oder gar länger arbeiten können, aber er darf nicht zum Besserwisser werden, der die Kollegen mit seinen Ratschlägen nervt.
Beide, Unternehmen und Beschäftigte, müssen sich darüber klar sein, dass irgendwann einmal Schluss ist. Darauf müssen sich beide vorbereiten. Als Unternehmen kann und sollte man flexible Ruhestandsregelungen anbieten aber gleichzeitg auch klare Trennungsstriche ziehen - die für alle gelten. Eine längere Beschäftigung kann kein Privileg für höhere Hierarchiestufen sein.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen