Change - oder neuerdings Transformation - ist in aller Munde. Führungskräfte und Personalleute werden immer wieder damit konfrontiert Change-Kompetenz unter Beweis zu stellen. Gerade von den armen Personalern wird verlangt, sie müssten nun endlich zu Change-Managern werden. Wobei in der Forderung auch immer die überdeutliche Kritik mitschwingt, sie würden dieser Anforderung bei weitem nicht gerecht. Doch was macht eigentlich Change-Kompetenz aus? Sucht man nach fundierten Antworten auf diese Frage, verstummt das sonst so vorlaute Management-Geplappere.
Hilfe bei der Beantwortung leistet das Center for Human Capital, Growth & Innovation der Zeppelin Universität Friedrichshafen. Wer einen solch wuchtigen Namen trägt, muss sich auch mit gewichtigen Fragen beschäftigen. Prof. Ederer und seine Mitarbeiter gehen der Frage nach, wie man bei Beschäftigten Fähigkeiten steigern kann, die sie vorher nicht gelernt haben. Das ist genau das, was Veränderung ausmacht. Die Menschen müssen sich mehr oder minder plötzlich mit Dingen beschäftigen, mit Situationen auseindersetzen, die sie vorher nicht kannten und mit denen sie noch nichts zu tun hatten. In einer groß angelegten Untersuchung mit über 1000 TeilnehmerInnen aus verschiedenen Unternehmen, auch aus unterschiedlichen Ländern fanden sie heraus, dass die Fähigkeit auch mit komplexen Problemen umzugehen, im Erwachsenenleben noch gesteigert werden kann. Damit können auch Innovations- und Veränderungskompetenz verbessert werden. Wichtig dabei ist, man muss diese Fähigkeit kontinuierlich trainieren und sich darin fit halten. Wer das nicht tut, tut sich auch mit Veränderungen schwer. Alter ist im übrigen kein Hindernis dabei. Lösungsstrategien zu entwickeln für Situationen, die man nicht kennt, ist auch für die Älteren kein Problem, die immer wieder in derartigen Situationen waren.
Diese Erkennntis ist durchaus nicht revolutionär. Wer beispielsweise einmal eine organisatorische Veränderung mit Mitarbeitern durchgeführt hat, die seit zwanzig Jahren im selben Büro am selben Schreibtisch denselben Job gemacht haben, der kann das bestätigen. Da wird selbst der Umzug in ein anderes Büro mit einem anderen Weg zum Kühlschrank zum Problem.
Doch wie kann man das verhindern? Man kann die Mitarbeiter nicht regelmäßig umziehen oder vesetzen. Routinen haben ja durchaus ihre Vorteile und Wechsel kosten auch immer Geld. Im kleineren Rahmen gibt es aber immer wieder Gelegenheiten genug Veränderungen zu trainieren, beispielsweise Aufgabengebiete zu verändern, Sonderaufgaben zu verteilen, oder in Vertretung Aufgaben zu übernehmen. Gestöhnt wird natürlich auch darüber immer. Deshalb ist es wichtig, den Mitarbeitern "von klein" an klar zu machen, dass sie sich nicht darauf verlassen können, immer auf dem selben Stuhl zu sitzen.
Aktuell sehe ich hier jedoch eher einen gegenläufigen Trend. Überall wird das hohe Lied der Standardisierung gesungen. Möglichst viele Aktivitäten müssen sich in Prozessen oder Workflows abbilden lassen. Und die, sind sie einmal eingefahren, lassen sich genauso schwer verändern wie menschliches Verhalten. Vielleicht sind sie auch deshalb so beliebt, weil sie Kontinuität suggerieren. Doch Menschen gleichzeitig im Handling von standardisierten Prozessen zu trainieren und für Veränderungen fit zu halten, dürfte noch schwerer sein.
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