Freitag, 26. Juni 2015

"Modernes" Personalmarketing

Was hat sich wirklich verändert?

Der Bewerbungsvorgang ist ein gutes Beispiel um die Auswirkungen der Digitalisierung zu diskutieren und nüchtern zu fragen: Was hat es gebracht? Und zwar für beide Seiten, aus Sicht des Bewerbers und des suchenden Unternehmens.
Die Welt ist unübersichtlicher geworden - für beide. Für den Bewerber, der den Überblick behalten will über die Vielfalt der Angebote auf den verschiedensten Kanälen. Für die Unternehmen, die sich aus dieser Vielfalt hervorheben müssen, um überhaupt gesehen zu werden. Das führt dazu, dass die, die es sich leisten können, - auf beiden Seiten - mehr wie früher die arrogante Zurückhaltung üben und geduldig warten, bis sie angesprochen werden.

Das Papier hat zwar schönrednerisch "ausgedient", aber die Formate sind geblieben. Gefragt ist nach wie vor die klassische Bewerbung und gesucht wird mit der herkömmlichen Stellenanzeige, nur in digitaler Form. Wobei ich nicht wissen möchte, wieviele Personaler sich die online übermittelten Bewerbungen anschließend zuminndest teilweise ausdrucken. Anscheinend stehen wir hier vor einem ähnlichen Problem wie die Printmedien, die auch noch experimentiere, wie sie mit ihren Erzeugnissen online umgehen.
Das ist kein Plädoyer gegen die neuen Technologien und kein Beweinen der guten, alten Papierbewerbung. Welche Erleichterung ist es, eine Bewerbung mit einem komfortablen Word-System zu erzeugen und sie anschließend online zu verschicken. das sollte und kann man nicht mehr zurückdrehen.
Gutes Personalmarketing muss in aller Nüchternheit an der oben geschilderten Situation ansetzen und versuchen die Komplexität und Unübersichtlichkeit für den Bewerber zu reduzieren und dabei das Unternehmen zu positionieren. Das gelingt nicht mit immer neuen - und dann oft auch noch krampfhaft originellen - Aktivitäten auf allen möglichen Social-Media-Kanälen. Und wenn die "alten" Formate noch immer ihren Zweck erfüllen, muss man einen Weg finden, das Bewährte mit dem Modernen zu verbinden.
Wenn man weiß, dass sich Realschulabsolventen trotz Unterstützung durch die Eltern schwer tun, mit dem Online-Bewerbungsportal zurechtzukommen, dann muss man schleunigst das Portal überarbeiten und kann trotzdem zulassen, dass die Jugendlichen sich per Papier bewerben.
Unerläßlich ist in diesem Zusammenhang die Öffentlichkeitsarbeit. Damit ist nicht nur die Präsenz in den klassischen Medien gemeint sondern im gesellschaftlichen Umfeld insgesamt. Nicht wenige Unternehmen, auch große, tun sich damit schwer oder verhalten sich bewußt zurückhaltend. Anstatt Ressourcen in schicke Online-Auftritte zu stecken sollte man zumindest ein Teil dieser Energie in die Frage investieren, welche imagebildenden Themen haben wir der Öffentlichkeit zu bieten. Dass ist im übrigen von der Unternehmensgröße weitgehend unanbhängig. Auch phantasievollen Kleinbetrieben gelingt es immer wieder mit für sie positiven Nachrichten in die Presse zu kommen.
Diejenigen, die jetzt mit den Chancen und Risiken der neuen Medien auf dem Arbeitsmarkt nicht richtig umgehen, werden mit Big Data erst recht Probleme haben.


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