Projektionsfläche für alle möglichen Träumereien von der Verbesserung der Arbeitssituation. Mit der Wissengesellschaft wird es anders und vor allem besser. Wissensbasierte Arbeit - was ist nicht-wissensbasierte Arbeit ? - und die Menschen, die sie verrichten, verlangen ganz andere Arbeitsbedingungen als sie die überlieferte Industriearbeit zu bieten hat. Selbstbestimmter, demokratischer, sinnerfüllter, nicht an Orte wie Büros oder Fabriken und an Arbeitszeiten gebunden soll gearbeitet werden. "Die Wissensgesellschaft schafft permanent solche gute Arbeit" frohlockt das Magazin brand eins in seiner aktuellen Ausgabe mit dem Schwerpunkt Arbeit.
Sucht man allerdings nach empirisch belastbaren Begründungen für derartige Aussagen tut man sich sehr schwer. Die Schwierigkeiten beginnen schon bei dem Begriff der Wissensgesellschaft selbst. Nach Wikipedia eine Gesellschaft in der "....individuelles und kollektives Wissen und seine Organisation vermehrt zur Grundlage des sozialen und ökonomischen Zusammenlebens werden." Wissen ist die strategische Ressource in Produktion und Dienstleistung. Die Wissensgesellschaft löst die Industriegesellschaft ab. Das klingt alles wenig präzise. Auch wenn der Anteil des verarbeitenden Gewerbes kontinuierlich gesunken ist, der parallel wachsende Anteil der Dienstleistung ist größtenteils wiederum durch die Industrie bewirkt. Natürlich wissen wir heute sehr viel mehr als die Generationen vor uns. Aber gilt das nicht für jede Generation?
Natürlich steckt in einem Smartphone ungleich mehr Wissen als in einem alten schnurgebundenen Hörertelefon. Aber man muss den Wissensstand einer Gesellschaft doch immer in Relation zu ihrem jeweiligen - z.B. technologischen - Entwicklungsstand betrachten. Aus diesem Blickwinkel war der Betrieb des traditionellen Telefonsystems für die damalige Zeit eine große Wissensleistung. Wissen ist also immer eine entscheidende Basis in Produktion und Dienstleistung. Das zeigt wie wenig präzise und damit aussagefähig der Begriff der Wissensgesellschaft ist.
Kann er dann herhalten für weitreichende Aussagen zur Zukunft der Arbeit? Wenn sich Arbeitsbedingungen verändern, dann durch die technologische Entwicklung. Hier hat es in den letzten Jahrzehnten in der Tat gravierende Entwicklungen gegeben. Und dieser Prozess wird auch immer weiter gehen. Aber wird dadurch im wahrsten Sinne des Wortes automatisch auch alles besser? Gewiss sind viele Arbeiten körperlich weniger belastend - oder sind ganz automatisiert worden. Aber wie wir offenkundig sehen nehmen die psychischen Belastungen durch die Anforderungen eine komplexere Lebens- und Arbeitssituation zu bewältigen zu. Die Arbeit in und mit automatisierten Workflows wird einerseits entlasten andererseits aber auch die Fremdbestimmtheit erhöhen und damit nicht unbedingt mehr sinnerfüllte Arbeit schaffen. Das zunehmende Ineinanderfließen von Arbeits- und privater Zeit steigert auch nicht unbedingt das persönliche Wohlbefinden.
Adam und Eva sind aus dem Paradies vertrieben worden. Die Wissensgesellschaft wird die Menschen nicht dorthin zurückführen. Die Anforderung wertschätzend miteinander umzugehen besteht auf jeder gesellschaftlichen Entwicklungsstufe.
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